Probiotische Zubereitungen nach einer Behandlung mit Antibiotika sind wahrscheinlich nicht nur nutzlos, sie können offenbar die Wiederherstellung des intestinalen Mikrobioms sogar blockieren. Hinweise dafür hat der Gastroenterologe Prof. Peter Layer in einer im Fachjournal „Cell“ publizierten Studie gefunden.
Die Frage, ob man nach einer antibiotischen Behandlung etwas zum „Aufbau der Darmflora“ bekommen könne, wird von Patientinnen und Patienten häufig gestellt. Tatsächlich gehört die Verordnung von Probiotika in vielen Praxen zum Routine-Repertoire – der Nutzen hierfür ist jedoch keineswegs belegt. Dass Probiotika nach Antibiotikatherapie nicht nur nichts bringen, sondern die Restitution des intestinalen Mikrobioms sogar blockieren können, stellte der Hamburger Gastroenterologe Prof. Peter Layer auf dem Internisten-Update klar.
Stuhltransfer, Probiotika oder Spontanverlauf
Layer bezog sich auf Daten, die in der renommierten Fachzeitschrift „Cell“ publiziert wurden. In der randomisierten Studie hatten 21 freiwillige Probanden ohne Anlass eine einwöchige Antibiotikatherapie (Ciprofloxacin plus Metronidazol in Standarddosierung) über sich ergehen lassen. Im Anschluss daran wurden sie nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen aufgeteilt:
- Die erste Gruppe erhielt über vier Wochen zweimal täglich einen probiotischen Cocktail mit elf verschiedenen Bakterienstämmen.
- Die zweite Gruppe bekam einen einmaligen fäkalen Mikrobiomtransfer (FMT) auf der Grundlage einer autologen Stuhlprobe.
- In der dritten Gruppe wurde auf jegliche Intervention verzichtet (Spontanverlauf).
Alle Teilnehmenden wurden nun, so Layer, „über sechs Monate einem extrem aufwendigen High-Tech-Protokoll“ unterzogen, mit Endoskopien, histologischen, mikrobiologischen, molekularbiologischen und molekulargenetischen Untersuchungen.
Mikrobiom erholt sich nach Probiotikagabe am schlechtesten
Nach der antibiotischen Therapie hatte das fäkale Mikrobiom in allen drei Gruppen wie zu erwarten deutlich an Masse und Diversität verloren. Ein signifikanter Unterschied zeigte sich allerdings nach 180 Tagen: Sowohl in der Gruppe mit Stuhltransfer als auch bei den Teilnehmern mit Spontanverlauf war die Bakterienmasse relevant gestiegen, nicht aber in der Probiotikagruppe.
Bei der Diversität hatte die FMT-Gruppe am schnellsten profitiert, hier war bereits am ersten Tag nach dem Transfer der Normalzustand erreicht. Auf diesen Status kam die unbehandelte Kontrollgruppe nach immerhin 60 Tagen. Die Überraschung war der Verlauf in der Probiotikagruppe: Hier habe man, so Layer, „selbst nach einem halben Jahr noch nicht das erreicht, was man erreicht hätte, wenn man nichts geschluckt hätte.“ Die Probiotika hätten offenbar die Wiederherstellung der ursprünglichen Darmflora signifikant gehemmt, so die Interpretation des Gastroenterologen. Layers Schlussfolgerung: „Nach der Studie muss man davon abraten, routinemäßig nach Antibiotikatherapie Probiotika zu verabreichen.“
Basierend auf: Vortrag von P. Layer, 17. DGIM-Internisten-Update-Seminar, 11./12. November 2022, München/Livestream