Erschienen in:
01.08.2019 | Historisches
Das psychiatrische Gutachten Bernhard von Guddens und die Entmachtung König Ludwigs II. von Bayern 1886
Ein Kommentar zum Beitrag von R. Steinberg in Der Nervenarzt 01/2019
verfasst von:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H. Häfner
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 9/2019
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Zusammenfassung
Der bayerische König Ludwig II. ertränkte sich am 13.06.1886 im Starnberger See, nachdem er den Münchner Psychiater Bernhard von Gudden, der ihn zurückhalten wollte, überwältigt und ertränkt hatte. Von Gudden hatte den König im Auftrag dessen Nachfolgers, Prinz Luitpold, begutachtet und wegen fortschreitender Gehirnschwäche und Paranoia (Verrücktheit) für regierungsunfähig erklärt. Aufgrund dieses Gutachtens ist der König widerrechtlich entmündigt, entthront, festgenommen und unter ärztlicher Verantwortung von Guddens im Schloss Berg geschlossen untergebracht worden. Wir haben eine fünfjährige psychiatrisch-historische Studie, die bisher gründlichste zum Thema, durchgeführt. Ergebnisse waren: Die private, amtliche und politische Korrespondenz des Königs bis zum letzten Tag war vernünftig, gut begründet und stilistisch vorbildlich. Seine administrativen Aufgaben hat der König stets pünktlich und gut bis in die letzten Tage erfüllt und sein politisches Amt ebenfalls klug und vernünftig wahrgenommen. Vernachlässigt hat er seine Aufgaben als Herrscher wegen einer sozialen Phobie, unter der er seit seiner Jugend litt. Das Gutachten Guddens enthält schwere Mängel. In einem in Der Nervenarzt 01/2019 veröffentlichten Artikel übernimmt R. Steinberg die psychiatrische Diagnose und das falsche Urteil Guddens. Steinberg meint, die Krankheit des Königs habe sich „mit deutlichen Crescendo“ entwickelt, obwohl nur die mit den homosexuellen Beziehungen assoziierten Verhaltensanomalien des Königs und des Hofes zunahmen, während die geistige Leistungsfähigkeit sich positiv entwickelte. Wegen der historischen Fehlbeurteilung und der zahlreichen Irrtümer, die Steinberg von Gudden übernimmt, hielt ich es für nötig, Steinbergs Artikel einige unserer Ergebnisse gegenüberzustellen.