Auch Kaffeetanten dürfen ans Endoskop

48% der deutschen Chirurgen trinken am Tag mindestens drei Tassen Kaffee. Studien weisen darauf hin, dass Kaffee bei kognitiven und motorischen Aufgaben unterstützt. Es gibt aber auch Hinweise, dass Kaffee Tremor verursachen kann. Deshalb prüfte eine prospektive, randomisierte und verblindete Studie im Cross-over-Design den Effekt von koffeinhaltigen Getränken auf die Motorik und Aufmerksamkeit beim Endoskopieren. Wie Dr. Felix von Bechtolsheim von der AG Minimalinvasive Chirurgie der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Universität Dresden berichtete, wurde dazu ein Endoskopie-Trainingsaufbau mit Bildschirm verwendet und das Führen der Instrumentengriffe mit einer 3D-Motion-Tracking-Kamera verfolgt. Die 31 Probandinnen und 19 Probanden waren Studierende der Medizin, die an einem standardisierten Training für minimalinvasive Basisfertigkeiten teilgenommen und ein vergleichbares Leistungsniveau erreicht hatten. Vor Studienbeginn füllten sie einen Fragebogen zum individuellen Kaffeekonsum aus. 68% gaben an, täglich Kaffee zu trinken, 50% nahmen täglich auch andere koffeinhaltige Getränke zu sich. Die häufigsten Gründe für den Koffeinkonsum waren, mehr Energie und Konzentration zu erreichen (64%) oder zu entspannen (44%). Koffeinkonsum auch bei Studierenden verbreitet Randomisiert erhielten die Teilnehmenden 200 mg Koffein oder Placebo jeweils in entkoffeiniertem Kaffee als Grundgetränk zur Verblindung und nach mindestens 24 Stunden das jeweils andere Getränk. Vorher und 30 Minuten nach dem jeweiligen Getränk – nach mutmaßlichem Eintritt des Effekts – wurden Herzfrequenz und Blutdruck erfasst. 30 Minuten nach dem Getränk füllten die Teilnehmenden außerdem einen tagesspezifischen Fragebogen aus und führten dann den Test am Endoskopietrainer durch. Die Aufgaben waren ein PEG-Transfer, Ausschneiden eines Kreises, Gallenblasenresektion und laparoskopische Naht. Koffein wirkt Vor dem Trinken waren die Blutdrücke in beiden Gruppen vergleichbar, 30 Minuten nach Koffeinkonsum war der systolische Blutdruck gegenüber der Kontrollbedingung dagegen signifikant erhöht. Ein Drittel fühlte sich nach dem Verum unwohl. Zwei Drittel der Probandinnen und Proganden erkannten korrekt, ob sie ein koffeinhaltiges oder ein placebohaltiges Getränk erhalten hatten, die Verblindung war bei ihnen also nicht erfolgreich. Die endoskopischen Aufgaben wurden mit Koffein nicht schneller, aber auch nicht langsamer durchgeführt als mit Placebo. Insgesamt war bei Koffeinkonsum auch die Aufgabenbewältigung nicht besser oder schlechter, sagte von Bechtolsheim. Ein Einfluss auf Bewegungen fand er nicht. Die Präzision war bei beiden Studienbedingungen vergleichbar, es war kein laparoskopisch relevantes Zittern festzustellen und die Aufmerksamkeit, gemessen daran, wie häufig und wie lange Instrumente außer Sicht waren, war auch nicht unterschiedlich. Einzig bei der Aufgabe, einen Kreis auszuschneiden, gab es einen grenzwertig signifikanten Unterschied: Mit Koffein rissen mehr Probanden das Material aus der Halterung. Unklar ist, ob es sich dabei um einen Zufallsbefund handelte. Insgesamt hält von Bechtolsheim den Konsum von Kaffee vor minimalinvasiven Operationen für bedenkenlos. Ob Koffein das Gewebehandling doch beeinflussen könnte, muss in weiteren Studien geklärt werden. Basierend auf: Symposium: Freie Vorträge: Ergebnisqualität in der Chirurgie. 139. Deutscher Chirurgenkongress, Leipzig und online, 7. April 2022 DCK 2022 13.04.2022 | DCK 2022 | Nachrichten Schwangere mit Blinddarmentzündung: Keine Angst vor der Op.! 21.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten Vorbereitet auf den Katastrophenfall: Berliner Notfallsiebe 12.04.2022 | DCK 2022 | Nachrichten Wie Operateure sich vor Röntgenstrahlen schützen können 18.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten Auch Kaffeetanten dürfen ans Endoskop 19.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten ERAS-Implementierung: Noch Luft nach oben! 22.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten Karotisstenose: Warnzeichen Visusminderung 15.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten Adipositas-Chirurgie: Nach dem Speck müssen auch die Falten weg 20.04.2022 | DCK 2022 | Kongressbericht | Nachrichten Deutlich weniger Notfallprozeduren während der Covid-19-Pandemie

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