Was tun bei Hypertriglyzeridämie?

Bei einer Hypertriglyzeridämie sollte man zunächst an eine sekundäre Ursache denken, denn die primären genetischen Formen sind sehr selten. Doch letztere können eine schwere lebensbedrohliche Pankreatitis auslösen, weshalb unabhängig von der Frage des kardiovaskulären Risikos eine effektive Therapie – diätetisch und medikamentös – erforderlich ist. Bei der Hypertriglyzeridämie unterscheidet man zwischen den primären. d.h. genetisch bedingten und den sekundären Formen. „Primäre Hypertriglyzeridämien sind sehr selten, so dass man zunächst immer an eine sekundäre Ursache denken sollte“, so Dr. Ulrike Schatz, Dresden, auf dem Diabetes Kongress in Hamburg. Bei der hereditären Hypertriglyzeridämie sind die Triglyzeride (TG) erhöht und das HDL-Cholesterin erniedrigt, das LDL-Cholesterin aber normal. Beim Chylomikronämie-Syndrom sind die TG exzessiv erhöht und HDL- und LDL-Cholesterin erniedrigt und bei einer kombinierten Hyperlipoproteinämie sind TG und LDL erhöht und das HDL erniedrigt. Nüchtern oder nicht? Die meisten Patienten müssen für die Bestimmung der Triglyzeride nicht-nüchtern sein. Dies gilt für die erstmalige Bestimmung, für Kinder, beim akuten Koronarsyndrom, bei alten Patienten und bei einer stabilen medikamentösen Therapie. Eine Nüchtern-Bestimmung ist allerdings sinnvoll bei Triglyzerid-Werten > 440 mg/dl, einer bekannten Hypertriglyzeridämie, bei Diabetikern und vor Beginn einer Medikation, die eine starke Hypertriglyzeridämie induzieren kann. Sinnvoll ist auch die Bestimmung des Non-HDL. Dies ergibt sich, wenn man das HDL vom Gesamtcholesterin abzieht. Das Non-HDL umfasst neben LDL, Lipoprotein (a) und den triglyzeridhaltigen VLDL auch die Remnants. Diese Restpartikel von Chylomikronen sind hochatherogen. Beträgt die Differenz zwischen dem LDL und dem Non-HDL > 30 mg/dl, sollte die Therapie intensiviert werden. „Auch wenn in der Leitlinie kein Zielwert für die Triglyzeride angegeben wird, so sollten Werte über 150 mg/dl immer Anlass sein, nach anderen Risikofaktoren zu suchen“, so Schatz. Nur ein schwacher Risikofaktor Während ein erhöhtes LDL und ein erniedrigtes HDL als eigenständige starke kardiovaskuläre Risikofaktoren gelten, wird der Hypertriglyzeridämie nur eine zusätzliche Bedeutung als Risikofaktor zuerkannt. „In einer großen Metaanalyse konnten die Triglyzeride nach Adjustierung für Alter und Geschlecht zwar als kardiovaskulärer Risikofaktor identifiziert werden, aber nach einer weiteren Adjustierung für HDL und Non-HDL war die Assoziation mit dem KHK-Risiko nicht mehr statistisch signifikant“, so Prof. Dr. Ulrich Julius, Dresden. Doch sei in einer Langzeitstudie die 22-Jahres-Mortalität bei Patienten mit einer schweren Hypertriglyzeridämie um 68% höher gewesen als bei Patienten mit normalen Werten. Und in der PROVE-IT TIMI 22-Studie zeigte sich ein erhöhtes Rezidivrisiko für ein kardiovaskuläres Ereignis, wenn die TG > 150 mg/dl betrugen. Lebensbedrohliche Komplikationen Die häufigsten genetischen Störungen sind der Lipoproteinlipase-Mangel, der familiäre ApoC-II- und der ApoA-V-Mangel. Typischerweise sind bei diesen Erkrankungen auch die Chylomikronen und das VLDL erhöht. Das Plasma ist lipämisch und erscheint milchig-weiß und die Triglyzeride sind in der Regel stark erhöht (> 850 mg/dl). Klinisch finden sich bei betroffenen Patienten eruptive Xanthome, eine Hepatosplenomegalie und schwere rezidivierende Pankreatitiden, die nicht selten septisch verlaufen und zu einem Multiorganversagen führen. Spätkomplikationen sind die exkretorische Pankreasinsuffizienz, der Diabetes und das Pankreaskarzinom. „Extrem hohe Triglyzeridwerte findet man beim familiären Chylomikronämie-Syndrom, das immer als lebensbedrohliche Erkrankung angesehen werden sollte, zumal für diese Erkrankung bisher kaum eine effektive Therapie zur Verfügung steht“, so Schatz. Bei solchen Patienten sei eine Apherese nicht sinnvoll, nur der Plasmaaustausch sei eine Option. Das Spektrum der sekundären Ursachen ist breit. Dazu gehören der Alkoholabusus, die Hypothyreose, das metabolische Syndrom, der Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen, Schwangerschaft und Medikamente, nämlich Glukokortikoide, Cyclosporin, Östrogene, Tamoxifen, Betablocker, Thiazide, Spironolacton, HIV-Medikamente und Retinoide. Diät und Sport Die unverzichtbare Basis der Therapie sind Lebensstiländerungen. „Vorrangig ist die absolute Alkoholkarenz, denn schon 100 ml Bier führen zu einem Anstieg der Triglyzeride um 160 mg/dl“, sagte Schatz. Die Kalorienaufnahme sollte sich am Normalgewicht orientieren und vor allem sollte die Zufuhr von gesättigten Fettsäuren eingeschränkt werden. Die Diät sollte 30 g Ballaststoffe pro Tag. Dazu kommt eine vermehrte körperliche Aktivität. „Diät plus Bewegung senken die Werte um ca. 50%“, betonte Schatz. Medikamente können notwendig sein Während bei den sekundären Formen durch eine Beseitigung der Ursache bzw. bei Veränderungen des Lebensstils die TG oft in den Normbereich sinken, erfordern die primären Formen meist eine zusätzliche medikamentöse Therapie mit einem Fibrat. Mit einer solchen Substanz können die Triglyzeridwerte um 30 bis 50% gesenkt werden. „In einer Sekundärpräventionsstudie wurde mit Bezafibrat der primäre Endpunkt aus tödlichem und nicht-tödlichem Myokardinfarkt plus plötzlicher Herztod um 9,4% gesenkt, was aber statistisch nicht signifikant war“, berichtete Julius. Bei den Studienpatienten mit einer Hypertriglyzeridämie habe man in dieser Studie aber die Gesamtmortalität um 25% senken können. Eine ähnliche Wirkung auf die Triglyzeridwerte entfalten auch Omega-3-Fettsäuren. Statine und Ezetimib haben dagegen nur einen geringen Einfluss auf die TG. Sie werden in der Leitlinie nur für kardiovaskuläre Hochrisikopatienten empfohlen, also vorrangig für Patienten mit einer genetisch bedingten kombinierten Hyperlipoproteinämie. Bei solchen Patienten kann, ja sollte sogar Fenofibrat mit einem Statin kombiniert werden. Schatz: „Eine solche Kombination ist nicht kontraindiziert, sie erfordert jedoch am Anfang wöchentliche Kontrollen von Leber- und Nierenwerten und der CK.“ In der Schwangerschaft sollten allerdings keine lipidsenkenden Medikamente verordnet werden. basierend auf: Symposium "Hypertriglyzeridäme - was tun?", Diabetes Kongress 2017, 26.05.2017, Hamburg

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