Prävention des Typ-2-Diabetes: One size fits not all!

Um bei Prädiabetikern die Manifestation eines Typ-2-Diabetes zu verhindern, wird eine Lifestyle-Modifikation empfohlen. Doch nach den Ergebnissen der jetzt veröffentlichten PLIS-Studie profitieren davon nur Hoch-Risiko-Patienten. Fazit: Die Präventionsmaßnahmen sollten individualisiert, d.h. risikoadaptiert erfolgen. Eine konventionelle Lebensstilintervention kann die Manifestation eines Typ-2-Diabetes verhindern. „Fakt aber ist, dass die Hälfte der Prädiabetiker ungenügend auf solche Maßnahmen ansprechen, also Non-responder sind“, so Professor Andreas Fritsche von der Medizinischen Universitätsklinik in Tübingen. Aus früheren Studien kenne man die Prädiktoren bzw. Risikofaktoren für die Non-Response. Dies seien eine verminderte Insulinsekretion und eine insulinresistente Fettleber. PLIS-Studie: Randomisierung in Niedrig- und Hoch-Risiko-Gruppe Im Rahmen der PLIS-Studie, die vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) durchgeführt wurde, ging man folgenden Fragen nach: Zeigen Hoch-Risiko Personen mit Prädiabetes tatsächlich eine weniger gute Antwort auf eine Lebensstilintervention? Kann die Response bei Hoch-Risiko Prädiabetikern durch eine intensivierte Lebensstilintervention verbessert werden? Ist bei Niedrig-Risiko-Personen überhaupt eine Lebensstilintervention nutzbringend? Dabei handelt es sich um eine risikostratifizierte, randomisierte, multizentrische Lebensstil-Interventionsstudie, in die 1.160 Prädiabetiker mit einer gestörten Nüchternglukose oder einem pathologischen oGTT aufgenommen wurden. Bei allen Patienten wurden die Insulinsekretion und die Insulinsensitivität bestimmt, außerdem erhielten sie ein MRT plus Spektroskopie für die quantitative Beurteilung des viszeralen und hepatischen Fetts. Entsprechend dem Ergebnis dieser Risikostratifizierung erfolgte dann die Zuordnung zu einer Niedrig-Risiko-Gruppe (normale Insulinsekretion, keine Insulinresistenz, keine Fettleber) oder Hoch-Risiko-Gruppe (gestörte Insulinsekretion oder Insulinresistenz, Fettleber). Konventionelle vs. intensive Lifestyleintervention Die Niedrig-Risiko-Gruppe erhielt dann randomisiert entweder keine oder eine konventionelle Lebensstilintervention. Bei den Hoch-Risiko-Patienten wurde entweder eine konventionelle oder eine intensive Lebensstilintervention durchgeführt. Die konventionelle Behandlung umfasste eine Diät mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion von mindestens 5% des Ausganggewichts. Sie enthielt einen Fettanteil von weniger als 30% und einen Anteil an gesättigten Fettsäuren von weniger als 10% der Gesamtkalorienaufnahme. Dazu kamen mehr als 15 g Ballaststoffe pro 1000 kcal. Das Bewegungsprogramm umfasste 3 Stunden pro Woche und zwar mit einer Wegstrecke von 5 km/Tag. Patienten mit intensiver Lifestyleintervention erhielten dieselbe Diät, waren aber stärker nämlich mehr als 6 Stunden pro Woche mit einer Wegstrecke von 10 km/Tag sportlich aktiv. Die konventionelle Gruppe hatte 8 Arztkontakte pro Jahr, die intensiv-behandelte 16 Visiten. Primärer Endpunkt der Studie war die Veränderung der postprandialen Glukosewerte im oGTT, sekundäre Endpunkte der mittels MRT gemessene Leberfettgehalt, das kardiovaskuläre Risiko, der BMI, die Insulinsensitivität und die Insulinsekretion. Bringt mehr auch mehr? Insgesamt erreichten 45% der Low-risk-Teilnehmer mit konventioneller Lebensstilintervention die Ziele, aber nur 38% der Hoch-Risiko-Gruppe. „Die mit dem höchsten Risiko waren signifikant am schlechtesten“, so Fritsche. Und die Ergebnisse, was das Erreichen der Ziele betrifft, waren bei den High-risk-Teilnehmern unabhängig davon, ob eine konventionelle oder intensive Lebensstilintervention erfolgte. Bzgl. des primären Endpunkts zeigte sich folgendes: Bei Hoch-Risiko-Patienten verbesserte die intensivierte Lebensstilintervention den postprandialen Blutzuckerspiegel stärker als die konventionelle. Doch bei Niedrig-Risiko-Patienten brachte die konventionelle Intervention im Verglich zur Kontrollgruppe keine Verbesserung. Auch reduzierte in der Hoch-Risiko-Gruppe die intensive Lebensstilintervention das Körpergewicht stärker als die konventionelle. Doch beim Körpergewicht profitierte auch die Low-risk-Gruppe im Vergleich mit der Kontrolle von der konventionellen Intervention. Die Response auf die Lebensstilintervention, definiert als Verbesserung der Glukoseregulation, war bei den Hoch-Risiko-Patienten reduziert, konnte aber durch eine intensivierte Lebensstilintervention verbessert werden. Doch bei Niedrig-Risiko-Patienten verbesserte eine Lebensstilintervention die Response-Rate nicht signifikant. Auch bei den sekundären Endpunkten Insulinsensitivität, kardiovaskuläres Risiko und Fettgehalt der Leber fand sich das gleiche Ergebnis: Bei all diesen Parametern profitierten Niedrig-Risiko-Patienten nicht von einer Lebensstilintervention, doch bei Hoch-Risiko-Patienten war die intensive Intervention effektiver als die konventionelle. In keiner Gruppe konnte allerdings eine Verbesserung der Insulinsekretion nachgewiesen werden. „Das Fazit dieser Studie lautet: Bei Prädiabetikern mit einem Niedrig-Risiko-Phänotyp ist eine Lebensstilintervention nicht essentiell, doch bei Hoch-Risiko-Patienten bringt mehr auch mehr“, so Fritsche. Deshalb sei es sinnvoll, die Prävention individualisiert und nach einer Risikophänotyp-Stratifizierung risikoadaptiert durchzuführen. Auch für die Diabetes-Prävention gelte: On size fits not all. Weitere Artikel finden Sie in unserem DDG-Jahrestagungsdossier.

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