Menschen mit Diabetes und Migrationshintergrund: Was müssen Sie wissen?

Flüchtlingsfamilien sind eine relevante Patientengruppe. Unter anderem erschweren sprachliche und kulturelle Barrieren die Versorgung. Wissenswertes und Tipps für die Praxis gaben zwei Kolleginnen auf dem Diabetes-Kongress. Seit Kriegsbeginn steigt die Anzahl der Diabetes-Patienten aus der Ukraine. In Dresden wurde daher eine spezielle Sprechstunde für betroffene Kinder und ihre Familien etabliert. Aktuell werden darin 14 Kinder behandelt, berichtete Irena Drozd, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden. „Mittlerweile haben wir vier Patienten von einer ICT-Therapie auf eine Pumpentherapie mit einem AID-System umgestellt“, berichtete Drozd. Das Team führte zudem mehrere ambulante Schulungseinheiten durch, mit Fokus auf Mahlzeiteninsulin-Berechnung und Hypoglykämie. „Die Patienten hatten bisher keine strukturierten Schulungsprogramme so wie wir das in Deutschland kennen.“ Meist kümmern sich die Eltern um die Therapie Die Sprache sei die erste Hürde bei der Versorgung der Betroffenen, unterscheiden müsse man zwischen Ukrainisch und Russisch. „Mehrere Familien weigern sich mittlerweile aus politischen Gründen, russisch zu sprechen“, so Drozd. Kommen die Patienten aus dem Osten der Ukraine, sei russisch zu sprechen allerdings für sie viel einfacher. Drozd machte auf einen weiteren wichtigen Unterschied aufmerksam: In der Ukraine kümmern sich meist die Mütter um die Behandlung ihrer Kinder, während gleichalte Kinder in Deutschland oft viel selbstständiger die Therapie übernehmen. Kulturelle Unterschiede gibt es auch im Hinblick auf die Mahlzeiten: In der Ukraine ist das Abendbrot, mit vielen Kohlenhydraten, die wichtigste Mahlzeit. Das gilt es, bei der Beratung zu beachten. Auch die Frage von Versicherungen muss beantwortet werden. Ist der Flüchtlingsstatus bereits geklärt, bekommen die Betroffenen automatisch eine Versicherung. Ist das nicht der Fall, übernimmt, zumindest in Sachsen, die Landesdirektion die Finanzierung. „Da kann es schon schwierig werden, wenn wir begründen müssen, warum ein Kind zum Beispiel einen Sensor braucht.“ Mehr Zeit für die Beratung einplanen Betroffene Familien haben häufig einen hohen Erklärungsbedarf in Bezug auf die Therapie, ebenso organisatorische Fragen in Bezug auf das Gesundheitssystem. In der Ukraine besteht die Behandlung oftmals aus einer konventionellen Insulintherapie mit festem Ernährungsplan. „Ihnen zu erklären, dass sie alles essen können, wenn sie es richtig berechnen, ist ziemlich schwierig.“ Die Patienten erhalten in ihrem Land nach der Diabetes-Manifestation nur selten strukturierte Schulungsprogramme. „Die Familien informieren sich viel selbst, lesen in Foren und tauschen sich untereinander aus“, erläuterte Drozd. Empfehlung der Redaktion DDG 2025 Diabetes-Kongress 2025 28. - 31. Mai 2025 | Berlin Vielleicht braucht es ein Kältebad, um den Stoffwechsel von Adipösen anzuregen? Darüber wurde beim Diabetes-Kongress berichtet. Thema war auch, welche Optionen Menschen mit diabetischem Fußsyndrom und „No Option“-Atherosklerose noch haben, um einer Amputation zu entgehen. Nicht zuletzt widmete sich ein Vortrag der globalen Leitlinie zur Herzinsuffizienz und der Frage, ob die HFmrEF bald ausgedient hat. Unsere komplette Berichterstattung lesen Sie in diesem Kongress-Dossier. Die guten Therapiestandards seien auch bei den betroffenen Familien umsetzbar, schloss Drozd. Es brauche allerdings mehr Ressourcen: Zeit, Geduld, Interdisziplinarität und innovative Ideen. Elektronische Helfer für die Übersetzung PD Dr. Simone von Sengbusch, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, hob die Bedeutung des sprachlichen Austauschs hervor. Ein insuffizienter Austausch berge das Risiko der Fehlbehandlung, er verängstige und frustriere. Neben professionellen Dolmetschern bieten elektronische Anwendungen Übersetzungshilfen. Beispiele umfassen Google translate, Microsoft Translator, Care-to-translate, DeepL, Pons und ChatGPT. Diese seien zum Teil kostenfrei, zum Teil entstünden aber auch Kosten bei erhöhten Datenschutzanforderungen. Möglich ist auch der Einsatz elektronischer Übersetzungshilfen mit Sprachausgabe, wie Vasco Translator und Simvalley Translator; die Anschaffung kostet. Übersetzungs-Apps seien eine passable Lösung, wenn man in kurzen Sätzen spricht und sich möglicher Übersetzungsfehler bewusst ist, resümierte von Sengbusch. Ganz neu: Smart Glasses mit Künstlicher Intelligenz, die als Übersetzungstool dienen können. Dabei spricht man einen Satz und erhält die Übersetzung schriftlich ins Brillenglas und als Sprachausgabe. Von Sengbusch empfahl, vor der Nutzung von Apps oder Übersetzungsgeräten die IT-Abteilung zu fragen, welche man verwenden darf, um den Datenschutz der Patienten nicht zu gefährden. Zu prüfen sei, ob das Produkt konform ist mit der Datenschutzgrundverordnung und dem Health Insure Portability and Accountability Act. Hilfreiche Materialien und Websites Informationsmaterialien in Fremdsprachen bietet die AG Diabetes und Migration der Deutschen Diabetes Gesellschaft; https://migration.ddg.info/die-ddg/arbeitsgemeinschaften/diabetes-migranten-3/informationsmaterialien-in-fremdsprachen Diabinfo liefert mehrsprachige Informationen; https://www.diabinfo.de/leben/info-ecke/mehrsprachiger-leitfaden.html#:~:text=Das%20Diabetesinformationsportal%20diabinfo.de%20wird,Sprachen%20%C3%BCber%20Diabetes%20zu%20informieren basierend auf: Drozd I: Diabetes-Sprechstunde in Dresden für Kinder aus der Ukraine – Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze. Von Sengbusch S: KI-Übersetzungs-Apps – Besser als nichts oder doch gut genug? 59. Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), Berlin, 28.-31.5.2025

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