Stressresistente Mütter – längere Telomere beim Kind

Können Frauen in der Schwangerschaft mit Stress gut umgehen, verbessert dies offenbar die biologischen Startbedingungen des Nachwuchs: Die Telomere sind dann besonders lang. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Telomere sind bekanntlich für die Stabilität der Chromosomen sehr wichtig, sie werden zudem mit zellulären Alterungs- und Krankheitsprozessen in Verbindung gebracht. Deutlich verkürzte Telomere sind dabei nicht nur ein Biomarker für ein erhöhtes Krankheits- und Sterberisiko, sie scheinen pathologische Prozesse auch direkt zu beeinflussen. Die Telomerlänge wird ihrerseits durch psychischen Stress und Lebensstilfaktoren beeinflusst, bei Neugeborenen hängt sie auch von der körperlichen und psychischen Gesundheit der Mutter ab, berichten Forscher um Glenn Verner vom Institut für Medizinische Psychologie an der Charité in Berlin. Die Telomerlänge bei der Geburt ist Studien zufolge wiederum ein entscheidender Faktor für ein gesundes und langes Leben. Wenn nun maternaler Stress in der Schwangerschaft zu verkürzten Telomeren beim Nachwuchs führt, sollte eine ausgeprägte Stressresilienz dies eigentlich verhindern. Über Daten einer großen finnischen Kohortenstudie konnte das Team um Verner tatsächlich einen deutlichen Effekt der Resilienz auf die Telomerlänge feststellen: Je besser Schwangere mit Stress umgehen konnten, umso länger waren die Telomere ihrer Neugeborenen. An der Studie „Prediction and Prevention of Preeclampsia and Intrauterine Growth Restriction“ (PREDO) nahmen knapp 4800 Mutter-Kind-Paare teil, von 655 lagen sowohl ein ausführliches psychologisches Assessment der Mütter als auch Nabelschnurblut der Neugeborenen zur Bestimmung der Telomerlänge vor. Telomerverlängerung von 12% Um die Stressbelastung der Mütter während der Schwangerschaft festzustellen, mussten diese etwa alle zwei Wochen diverse Fragebögen ausfüllen, darunter eine Analogskala für Stress, das State-Trait-Angstinventar zur Erfassung aktueller und habitueller Angst, eine Analogskala für die soziale Unterstützung sowie die „Pregnancy Experiences Scale“, die schwangerschaftsbezogenen Stress und Auftrieb erfasst. Daraus destillierten die Forscher Stressereignisse und positive Erlebnisse, aber auch den Umgang damit, etwa über die Frage: „Wie stark hat Sie das aufgebaut/ niedergeschmettert?“ Schließlich setzten sie die Positivität der Befragten in Relation zum Stress, um damit in einem mathematischen Modell die Resilienz zu ermitteln. Diese wiederum verglichen sie mit der Telomerlänge der Neugeborenen, wobei sie bekannte Begleitfaktoren wie das Alter der Mutter, ihre Bildung, ihren Tabakkonsum, BMI, Blutdruck und Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie oder Diabetes berücksichtigten, ebenso die Schwangerschaftsdauer, Geschlecht und Geburtsgewicht der Kinder. Wie erwartet, hatten Mädchen bei der Geburt etwas längere Telomere als Jungen, ebenso Kinder von älteren Müttern. Auch zeigte sich der bekannte Zusammenhang zwischen maternalem Stress und verkürzten Telomeren. Für jede Standardabweichung beim maternalen Stress-Score waren die Telomere des Nachwuchses um 4% verkürzt, auf der anderen Seite ging jede Standardabweichung der maternalen Positivität mit einer Verlängerung der Telomere um 13% einher. Schauten die Forscher nun nach der Resilienz, definiert als Positivität unter Berücksichtigung des Stresses, so ging jede Standardabweichung mit einer signifikanten Telomerverlängerung von 12% einher. Mütter im Quartil mit der höchsten Resilienz brachten Kinder mit einer Telomerlänge zur Welt, die rund 0,15 Standardabweichungen über dem Durchschnitt lag (Z-Score), Mütter im Quartil mit der niedrigsten Resilienz gebaren Kinder mit einer Telomerlänge von rund 0,12 Standardabweichungen unter dem Schnitt. Der Effekt der Resilienz war besonders bei Müttern mit viel Stress ausgeprägt – deren Kinder hatten also deutlich längere Telomere als Kinder von gestressten Müttern mit geringer Resilienz. Eine positive Einstellung und eine fröhliche Natur gewähren also vor allem in Stresssituationen Vorteile und scheinen die Telomerverkürzung durch Stress weitgehend zu verhindern. Die Forscher um Verner vermuten, dass eine positive Einstellung die Stressachse besänftigt und das Immunsystem stärkt. Sowohl für eine überaktive Hypothalamus-Hypophysen-Adrenalin-Achse als auch eine Immunschwächung seien negative Effekte auf die Telomerlänge beobachtet worden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Auswirkungen hat maternale Stressresilienz auf die Telomerlänge des Nachwuchses? Antwort: Je resilienter die Mütter, umso länger die Telomere. Bedeutung: Kinder von resilienten Müttern haben offenbar bessere biologische Startbedingungen. Einschränkung: Die Ergebnisse hängen von der Definition der Resilienz und den verwendeten mathematischen Modellen ab.

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