Leberzirrhose macht akute Pankreatitis lebensgefährlich

Bei akuter Pankreatitis (AP) muss eine Leberzirrhose die Alarmglocken schrillen lassen. Die Betroffenen haben ein hohes Risiko für Organversagen und Tod – selbst wenn gängige AP-Scores etwas anderes besagen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Eine akute Pankreatitis (AP) ist in der Mehrzahl der Fälle selbstlimitierend und nach ein bis zwei Wochen überstanden. Die Herausforderung besteht darin, Patienten und Patientinnen mit drohendem schwerem Verlauf so früh wie möglich zu erkennen und zu stabilisieren. Ein deutlicher Hinweis darauf ist nach einer Studie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf das Vorliegen einer Leberzirrhose. Bei Leberzirrhose (LZ) und AP besteht „ein hohes Risiko für Multiorganversagen und Tod“, schreibt die Studiengruppe um Michael Vogel im European Journal of Internal Medicine. Auf gängige Scores zur Abschätzung des AP-Schweregrades dürfe man sich in dieser Situation nicht verlassen. Die Arbeitsgruppe hat retrospektiv den Krankheitsverlauf von allen Erwachsenen, die zwischen 2011 und 2020 mit LZ und AP in die Klinik aufgenommen worden waren, mit jeweils zwei AP-Patienten ohne LZ verglichen, die in Alter, Geschlecht, AP-Genese, BMI und extrahepatischer Komorbidität übereinstimmten. Bei Aufnahme schnitten die 52 AP-Patienten mit LZ (73% Männer) weder im Glasgow-Imrie-Score noch im Ranson-Score schlechter ab als die 104 Vergleichspersonen ohne LZ; auch im Hinblick auf Entzündungsmarker fanden sich keine verwertbaren Unterschiede. Der Anteil derer, die eine nekrotisierende AP entwickelten, war ebenfalls vergleichbar (25% vs. 21%). Organversagen bei jedem Zweiten Trotz dieser Übereinstimmungen kam es in der Gruppe mit LZ signifikant häufiger zu AP-Komplikationen: Bei 48% trat im Verlauf ein Organversagen auf, bei 40% sogar ein Multiorganversagen, am häufigsten (44% aller Patienten) handelte es sich dabei um ein akutes-auf-chronisches Leberversagen (ACLF). In der Vergleichsgruppe erlitten dagegen nur 13% ein Organversagen, ein multiples Organversagen betraf weniger als 5%. Der Verdacht auf – intra- oder extraabdominale – Infektionen bestand bei mehr als 50% der Patienten und Patientinnen mit LZ, aber nur bei 13% derer ohne LZ. Eine Sepsis wurde bei fast 30% gegenüber weniger als 5% diagnostiziert. Endoskopische Interventionen wurden während des Klinikaufenthalts häufiger in der LZ-Gruppe veranlasst. Dort bestand auch ein etwa 2,5-mal so hohes Risiko wie in der Gruppe ohne LZ, nachfolgend klinisch relevante Komplikationen zu entwickeln (z. B. Blutung, Infektion, Perforation). Mortalität mehr als verzehnfacht Sechs Monate nach der AP-Diagnose waren 25% der Patienten mit LZ und 2% ohne LZ verstorben. In der LZ-Gruppe war sowohl die Pankreatitis-bezogene als auch die Gesamtmortalität massiv erhöht (auf das 11- bzw. 14-Fache). Die Mehrzahl der Todesfälle war, wie auch bei AP ohne LZ, auf Sepsis zurückzuführen. Das höchste Risiko hatten LZ-Patienten mit einer portalen Hypertension, die sich durch Splenomegalie, Ösophagusvarizen und/oder Aszites distal bemerkbar machte. „Diese Befunde können daher helfen, dass individuelle Risiko für eine AP-Verschlechterung abzuschätzen“, schreiben Vogel et al. Generell raten sie, zur frühen Identifikation von Patienten und Patientinnen mit hohem Risiko für schwere Verläufe die Ergebnisse gängiger AP-Scores kritisch zu betrachten und stattdessen Scores zu Rate zu ziehen, die Organversagen berücksichtigen. Denn während Ranson- und Glasgow-Imrie-Score bei Aufnahme als Prädiktoren für die AP-Mortalität wenig geeignet waren, ließ sie sich mit dem SOFA-Score und insbesondere mit dem MELD-Score relativ zuverlässig vorhersagen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welchen Einfluss hat eine Leberzirrhose (LZ) auf den Verlauf einer akuten Pankreatitis (AP)? Antwort: AP-Patienten mit LZ haben ein erhöhtes Risiko für Infektionen, periprozedurale Komplikationen, Multiorganversagen und Tod. Bedeutung: Das höhere Risiko von LZ-Patienten wird mit gängigen AP-Scores nicht erfasst, besser geeignet sind SOFA- und MELD-Score. Einschränkung: Retrospektive Auswertung von Patienten eines Zentrums.

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