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05.02.2019 | Akutes Koronarsyndrom | Nachrichten

Mögliche Mechanismen erforscht

Wie Infekte Infarkte begünstigen

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Infektionen stehen unter Verdacht, die Gefahr für einen Herzinfarkt zu erhöhen. Welche Mechanismen dahinter stecken könnten, haben Forscher nun analysiert.

Während und kurz nach akuter Infektion ist das Risiko für einen Herzinfarkt erhöht. Als einen möglichen Mechanismus diskutieren Forscher die Destabilisierung von Plaques durch entzündliche Prozesse, ausgelöst von Entzündungszellen innerhalb der Plaques (N Engl J Med 2019; 380: 171–176). Es gibt Hinweise, dass Impfen zur Reduktion der Infarktrate beitragen kann.
Bereits Anfang der 1930er-Jahre vermuteten Forscher einen Zusammenhang zwischen Infektionen etwa durch Influenzaviren und einem Myokardinfarkt.
In einer prospektiven Studie stellten dann 2007 Dr. Daniel M. Musher vom Baylor College of Medicine in Houston und seine Kollegen fest, dass die Herzinfarktrate bei stationär behandelten Patienten mit einer Pneumokokkenpneumonie zwischen sieben und acht Prozent liegt.
Der Zusammenhang zwischen Pneumonie und Myokardinfarkt wurde in den folgenden Jahren auch bei Patienten nachgewiesen, die mit Haemophilus influenzae oder mit anderen Pneumonieerregern infiziert waren.
Dabei ist offenbar das Risiko zu Beginn der Infektion am höchsten und abhängig davon, wie ausgeprägt die Infektionskrankheit ist.
In einer Studie wurde beobachtet, dass das Herzinfarktrisiko in den ersten zwei Wochen nach Beginn einer stationären Behandlung wegen einer bakteriellen Pneumonie bis zu 48-fach höher ist als im gleichen Zeitraum ein Jahr vor beziehungsweise nach der Klinikeinweisung, wie Musher und seine Kollegen berichten.


Zwei Formen von Infarkten

Die Ärzte unterscheiden beim Mechanismus der Infarktauslösung im Wesentlichen zwischen zwei Myokardinfarktarten. Zum einen handelt es sich um die durch atherosklerotische Plaques ausgelösten Formen. Die Plaques enthalten Entzündungszellen, aktiviert durch Zytokine wie Interleukin 1, 6 und 8, die nach einer Infektion vermehrt ausgeschüttet werden.
Dazu gehört auch Tumornekrosefaktor alpha. Ergebnisse aus Tierversuchen und Autopsieuntersuchungen hätten bestätigt, dass die Entzündungsaktivität in den Plaques nach einer Infektion mit einem Krankheitserreger steigt, so die Ärzte.
Die Plaques würden dann durch vermehrte Synthese etwa von Matrix-Metalloproteinasen und Peptidasen destabilisiert, auch durch den sogenannten „oxidative burst“ mit Bildung freier Radikale.
Darüber hinaus trägt ein prothrombotischer Zustand nach einer Infektion zur Erhöhung des Risikos für Herzgefäßthromben in der Plaqueregion bei.


Bildung von Thromben wird gefördert

Unter anderem eine eingeschränkte Fibrinolyse und vermehrte Produktion prokoagulatorischer Substanzen, etwa des Gewebefaktors, sowie die insgesamt geschwächte gerinnungshemmende Funktion des Endothels fördern die Thrombenbildung in den Koronargefäßen.
Patienten mit einer Pneumonie und zusätzlich einem Herzinfarkt weisen den Ärzten zufolge einen höheren Aktivierungsgrad der Thrombozyten sowie eine stärkere Thromboxansynthese auf als Patienten mit alleiniger Infektion.
Dabei hielten die systemische Entzündung und entsprechende Vorgänge in den Plaques, Hyperkoagulabilität, Dysfunktion von Blutplättchen und Endothelzellen auch nach dem Ende der Infektion noch an.


Influenza schädigt Myozyten direkt

Eine andere Erklärung für den Zusammenhang zwischen Infektion und Herzinfarkt ist, dass durch die Erreger der metabolische Bedarf peripheren Gewebes und der Organe steigt. Durch die Verkürzung der Ventrikelfüllungszeit während der Diastole aufgrund der höheren Herzrate werde die Koronarperfusion gestört, so Musher und seine Kollegen.
Im Falle einer Pneumonie sinke letztlich der Sauerstoffgehalt im Blut, wodurch auch das Myokard weniger mit Sauerstoff versorgt werde. Dieser Ablauf sei jedoch eher selten.
Schließlich gebe es Hinweise aus Tierversuchen sowie von Patienten, dass Infektionserreger die Myozyten des Herzmuskels direkt schädigen. Belege dafür gebe es für Pneumonieerreger und Influenzaviren.
Eine Impfung gegen Pneumokokken könnte das Risiko für Herzinfarkte senken. Allerdings ist die Zahl der Studien dazu überschaubar.
Die Ärzte weisen auf die Ergebnisse einer Metaanalyse der Daten von acht Beobachtungsstudien hin, der zufolge gegen Pneumokokken Geimpfte über 65 ein um 17 Prozent geringeres Infarktrisiko hatten als Ungeimpfte.
Dass die Pneumokokkenpneumonie in den vergangenen Jahren seltener geworden sei, spiegele sich möglicherweise in einem fehlenden deutlicheren Effekt der Impfung auf das Herzinfarktrisiko wider, so Musher und seine Kollegen.

Quelle: Ärzte Zeitung

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