Eine rechtzeitige und optimale Versorgung des AKI reduziert signifikant den Progress und verbessert dadurch die Morbidität und Mortalität nach einem AKI [
1,
2]. Welchen Nutzen dafür AKI-Alertsysteme haben, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. In einem systematischen Review haben Haase et al. 2017 ein erstes Fazit dazu gezogen. Es wurden Daten aus 16 Studien mit insgesamt 32.842 Patienten ausgewertet. Dabei zeigte sich eine Verbesserung von Prozessindikatoren, wie Verbesserung der Hämodynamik, Medikationsintervention oder Umsetzung eines „care bundle“, in 7 von 8 kontrollierten, nichtrandomisierten Studien. Eine Verbesserung von Behandlungsprozessen oder Behandlungsergebnissen konnte in den untersuchten randomisierten Studien nicht gezeigt werden. Eine Vergleichbarkeit der Studien ist jedoch aufgrund der Vielzahl an verwendeten Endpunkten begrenzt [
3]. Auch eine aktuelle Metaanalyse zum Effekt von AKI-Alertsystemen kommt zu dem Ergebnis, dass zwar tendenziell das Fortschreiten eines AKI beeinflusst werden kann, allerdings nicht signifikant [
4]. Als Gründe dafür werden mangelnde Akzeptanz und Vertrauen, eine unpräzise Anleitung und ein verspäteter Therapiebeginn genannt. Auch ein „overalerting“ (d. h. zu viel falsch-positive Alarme) kann gerade bei kleinen Schwankungen des Kreatinins initial zur Zunahme der Arbeitsbelastung und später dann zur Alarmmüdigkeit führen, sodass die Warnungen nicht mehr adäquat gewürdigt werden. Hingegen führen zu späte Warnungen (d. h., wenn das AKI schon manifest ist) zu einer schlechteren Beeinflussbarkeit und geringeren Outcome-Effekten. Gerade der zeitliche Zusammenhang zwischen Auftreten eines AKI, Benachrichtigung des behandelnden Arztes und Einleitung von Maßnahmen scheint der Schlüssel zur Verbesserung des Outcomes bei AKI zu sein, wie eine Interventionsstudie, durchgeführt am Universitätsklinikum Magdeburg, zeigen konnte [
5]. Die Autoren legten dar, wie Konsile, gestützt durch ein AKI-Alertsystem, einen patientenbezogenen Nutzen bewirken können. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch eine randomisierte, kontrollierte Studie, die 6030 Patienten an 6 US-Krankenhäusern untersuchte [
6]. Der primäre Endpunkt innerhalb von 14 Tagen nach Randomisierung war kombiniert aus AKI-Progression, Beginn eines Nierenersatzverfahrens und Tod. In der Interventionsgruppe gab es zwar mehr AKI-spezifische Therapiemaßnahmen, es konnte aber keine Risikoreduktion für den primären Endpunkt durch Nutzung eines AKI-Alertsystems gezeigt werden (21,3 % vs. 20,9 %). Zudem gab es Hinweise auf vermehrte Kosten durch das AKI-Alertsystem. Die Nutzung eines AKI-Alertsystems kann aber auch mit einer Kostenersparnis verbunden sein. Conell et al. konnten im Streams-AKI Trial zeigen, dass bei frühzeitiger und vollständiger Umsetzung des „care bundle“ durch weniger radiologische und pathologische Untersuchungen und eine kürzere mediane Verweildauer die Ausgaben um £ 2123 pro Patient gesenkt werden konnten [
7].
Einen Schritt weiter in der Datennutzung gehen sog. Clinical Decision Support Systems (CDSS). Diese automatisierten Meldesysteme sollen die Entscheidungsfindung im Klinikalltag unterstützen [
8]. Ein Beispiel für ein solches CDSS zur Verbesserung des Outcomes bei AKI ist der AMPEL-AKI-Algorithmus der Universitätsmedizin Leipzig [
9]. Dieser nutzt nicht nur die zuletzt bestimmten Laborwerte, sondern auch Befunde aus anderen stationären Aufenthalten oder Anforderungen durch andere Fachabteilungen und liefert den Behandelnden so einen vollständigeren Blick auf die aktuelle Krankheitsprogression des Patienten. Dabei konnte das Modell der Universitätsmedizin Leipzig dazu beitragen, die Zahl der AKIN(Aute Kidney Injury Network)-3-Diagnosen zu verringern, und wurde mittlerweile auch auf Störungen des Elektrolythaushalts ausgeweitet [
10].