Atemversagen: Unerwartete Ergebnisse zu Oxygenierungszielen

Sollte bei Intensivpatienten mit akutem hypoxämischem Atemversagen besser eine hohe oder niedrige Sauerstoffkonzentration angestrebt werden? Darüber herrscht keine Einigkeit. Eine randomisierte Studie liefert jetzt einen direkten Vergleich. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Bei Patienten mit Atemversagen wurde in früheren Studien versucht, mit hoher Sauerstoffkonzentration zu beatmen, um einen hohen Partialdruck zu erreichen, aber es zeigte sich, dass dies gleichzeitig auch die Sterblichkeit zu erhöhen schien. In einer aktuellen Untersuchung wurde deshalb untersucht, ob ein niedriges Oxygenierungsziel die Überlebenschancen verbessern kann. Die erhofften Ergebnisse blieben aus. An der Studie nahmen knapp 3.000 Patienten mit akutem hypoxämischem Atemversagen teil, die kürzlich auf einer Intensivstation aufgenommen worden waren. Sie erhielten entweder mindestens 10 l Sauerstoff pro Minute in einem offenen System oder hatten eine inspiratorische Sauerstofffraktion von mindestens 50% in einem geschlossenen System. Von Prof. Olav Schjørring von der Universität Aalborg und seinem Team wurden die Teilnehmer 1:1 nach Oxygenierungszielen randomisiert: In einer Gruppe wurde ein Sauerstoffpartialdruck von 60 mmHg, in der anderen von 90 mmHg angestrebt. Anschließend verglichen die Forscher die Mortalitätsraten sowie die Anzahl der unerwünschten Ereignisse innerhalb von 90 Tagen. Mortalitätsrate in beiden Gruppen hoch Während dieser Zeit waren 42,9% der Patienten in der Gruppe mit der niedrigeren und 42,4% in der Gruppe mit der höheren Oxygenierung verstorben. Bei der Anzahl der Tage, die die Teilnehmer ohne lebenserhaltende Maschinen überlebten, oder der Zeit, die sie nach Entlassung aus dem Krankenhaus überlebten, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Auch der Anteil an Personen, die unerwünschte Ereignisse wie neue Schock-Episoden, Myokardischämien, ischämische Schlaganfälle oder Darmischämien hatten, war in beiden Kohorten ähnlich. „Bei Patienten mit akutem hypoxämischem Atemversagen führte ein niedrigeres Oxygenierungsziel nach 90 Tagen nicht zu einer niedrigeren Mortalität als ein höheres Ziel“, fassen Schjørring und Kollegen zusammen. „Unsere Ergebnisse belegen den Nutzen einer konservativen Sauerstofftherapie bei diesen Patienten. Gleichzeitig schließen sie es nicht aus, dass die Strategie mit niedrigerem Sauerstoffgehalt einen klinisch wichtigen Nutzen oder Nachteil haben kann.“ Ergebnisse gelten für Hochrisikopatienten Die 90-Tages-Mortalitätsrate war in der aktuellen Studie deutlich höher als erwartet, etwa doppelt so hoch wie bei zuvor auf dänischen Intensivstationen erhobenen Daten. Das könnte teilweise auf die unterschiedlichen Kohorten zurückzuführen sein, vermuten die Wissenschaftler. In der aktuellen Untersuchung hatten 86% der Patienten akute Erkrankungen verglichen mit 37% in der früheren Studie, 1% vs. 30% waren notfallchirurgische Eingriffe und 13% vs. 33% elektive Operationen. Auch der Grad der Hypoxämie könne zur beobachteten höheren Sterberate beigetragen haben. „Dementsprechend sind die vorliegenden Ergebnisse möglicherweise nicht repräsentativ für eine Population mit geringerem Risiko“, schließen die Forscher um Schjørring. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Oxygenierungsziele sind für Intensivpatienten mit akutem hypoxämischem Atemversagen am geeignetsten? Antwort: Niedrigere Oxygenierungsziele (60 mmHg) führen im Vergleich zu höheren (90 mm Hg) nicht zu niedrigerer Mortalität (42,9% vs. 42,4%). Bedeutung: Es bleibt weiter unklar, ob bei Intensivpatienten mit Atmungsversagen eine hohe oder eine niedrige Sauerstoffkonzentration angestrebt werden sollte. Einschränkung: In der Kohorte waren viele Hochrisikopatienten, möglicherweise sind die Ergebnisse nicht auf Patienten mit niedrigerem Risiko übertragbar.

Springer Medizin

Atemversagen: Unerwartete Ergebnisse zu Oxygenierungszielen

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet AINS

Magen-Darm-Blutungen werden präklinisch oft falsch eingeschätzt

Sepsis-Verdacht: Eine Stunde, fünf essenzielle Maßnahmen

Hinter dieser Appendizitis steckte ein Erreger

Ärztliche Empathie hilft gegen Rückenschmerzen

Update AINS