Erschienen in:
22.04.2021 | Editorial
Alle elf Minuten macht Jens Spahn einen Deal
verfasst von:
Prof. Dr. med. Gerhard Grevers
Erschienen in:
HNO Nachrichten
|
Ausgabe 2/2021
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Auszug
Corona hätte dem umtriebigen Bundesgesundheitsminister in den letzten 15 Monaten reichlich Gelegenheit gegeben, der vollmundigen Rhetorik und hektischen Betriebsamkeit seiner bisherigen Amtszeit stringentes Handeln folgen zu lassen. Das sind genau die Zeiten, in denen sich "Macher" profilieren und dadurch von "Sprüchemachern" unterscheiden lassen. Spätestens seit der Impfstoff zur Verfügung stand, war Spahns Stunde: Die Diskussionen um Lockdown ja oder nein, Kommunikationsprobleme und Zwistigkeiten zwischen den einzelnen Ländern und dem Bund verloren in der öffentlichen Wahrnehmung an Bedeutung und ließen sich ja auch in der Vergangenheit schon bequem in den Verantwortungsbereich der Kabinettskollegen verlagern. Alles konzentrierte sich jetzt auf die Impfkampagne. Nicht unerwartet nach dem Präludium der letzten Jahre hat Spahn, der oberste Impfstratege der Nation, wieder nicht geliefert: "Ja es ruckelt", wird er zum Impfstart zitiert. "Kein Ruckeln, das ist ein Beben", heißt es vier Wochen später in "heute online", und weiter "kein Tag ohne schlechte Nachrichten, die Hiobsbotschaften stapeln sich im Bundesministerium für Gesundheit und mittendrin: Jens Spahn." Und was macht der alte Fuchs? Nebelkerzen zünden und die Verantwortung auf andere abwälzen - bewährte Taktik unter Polit- und Funktionärsprofis. Weiter nach Brüssel, wo seine Parteifreundin Dr. von der Leyen sitzt, die Ende letzten Jahres zum Impfstart noch großspurig twitterte: "Das ist Europas Moment." Wäre gewesen, kann man jetzt wohl nur noch sagen. Madame, mittlerweile stiller geworden, wird das "Irrlichtern im Impfstoffstreit" (ntv, 31.01.21) aber vermutlich genauso aussitzen wie andere Krisen in ihrer Karriere. …