Zusammenfassung
Der Gesamtprozess der Glaubhaftigkeitsbegutachtung besteht in der systematischen Prüfung von Gegenhypothesen zur Wahrannahme. In der Regel geht es um die Abklärung von zwei zentralen Gegenhypothesen: a) absichtliche Falschdarstellung (Lügenhypothese); b) eine subjektiv für wahr gehaltene, auf einer vermeintlichen »Erinnerung” basierenden Darstellung, deren Inhalt aber tatsächlich keine Entsprechung in einer vorausgegangenen Realität hat; derartige Pseudoerinnerungen entwickeln sich in der Regel auf der Basis fremd- und/oder autosuggestiver Prozesse (Suggestionshypothese). Für die Abklärung der Falschbezichtigungshypothese stehen die qualitätsimmanente und die qualitätsübergreifende Aussageanalyse im Zentrum. Das Vorliegen suggestiver Bedingungen wird über eine systematische Rekonstruktion der Aussageentstehung und -entwicklung geprüft. Liegen gravierende suggestive Bedingungen vor, kann der Erlebnisbezug einer Aussage mit aussagepsychologischen Methoden nicht mehr substantiiert werden.