Bei BPS-Patienten Therapieerfolg kritisch kontrollieren!

Bei der Behandlung des benignen Prostatasyndroms sollte frühzeitig kritisch überprüft werden, ob das eingesetzte Medikament wirkt oder nicht. Nach Prof. Andreas Gross, Barmbek, können bestimmte Kombinationen das Ergebnis im Einzelfall verbessern. Bei vielen Männern mit benignem Prostatasyndrom (BPS) stehen Phytopharmaka hoch im Kurs. Nach Prof. Andreas Gross, Urologe an der Asklepios-Klinik Barmbek, lohnt sich jedoch der Blick auf die Therapietreue: In einer Studie mit 1835 Patienten hatte die eine Gruppe ursprünglich keine Therapie erhalten, die zweite hatte bis zum Studienbeginn pflanzliche Medikamente eingenommen. Von den Therapienaiven entschieden sich 92 (16%), ein Phytopharmakon zu nehmen. Aus der zweiten Gruppe waren nur 5% bereit, die Therapie fortzusetzen. Der Anteil, der nach zwei Jahren noch therapietreu war, betrug in der ersten Gruppe 71%, in der zweiten waren es mit 51% deutlich weniger. In beiden Gruppen war die Erkrankung letztlich bei jeweils 20% fortgeschritten. „Nur hatten die, welche das Phytopharmakon schon vorher angewendet hatten, mehr Zeit zu überlegen und zu merken, dass sie in den Progress gehen“ mutmaßte Gross. Insgesamt sei die Wirksamkeit „schlechter als bei anderen Medikamenten“, weshalb der Experte rät, alle BPS-Patienten unter Phytopharmaka nach einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten erneut zu evaluieren und die Therapie ggf. neu auszurichten. Aber auch bei den oft über viele Jahre eingenommenen Alphablockern sollte man „mal eine Pause machen“, am besten bereits nach drei bis sechs Monaten, und den Therapieerfolg überprüfen. In einer Studie mit 12.191 BPS-Patienten hatten 60% aller Teilnehmer die Therapie beendet, und zwar im Mittel bereits nach 150 Tagen, wenn der Facharzt die Behandlung durchführte. Bei primärärztlicher Versorgung wurde bis zum Abbruch median 210 Tage gewartet. „Nicht, weil die Patienten beim Allgemeinarzt therapietreuer waren, sondern weil der Urologe kritischer kontrolliert, ob das Medikament wirkt oder nicht“, bemerkte Gross. „Fangen Sie mit der N1-Schachtel an!“ Dem Experten zufolge brechen jüngere Patienten die Therapie mit Alphablockern schneller ab als ältere – nach Gross eine Folge des Einflusses auf sexuelle Funktionen. Dazu gehören Probleme mit der Erektion, eine verkürzte Orgasmusfähigkeit, aber unter Umständen auch die als sehr unangenehm empfundene retrograde Ejakulation. Empfehlung der Redaktion Themenseite Benigne Prostatahyperplasie Das benigne Prostatasyndrom ist in den westlichen Industrieländern eine Volkskrankheit der männlichen Bevölkerung. Auf der Themenseite lesen Sie aktuelle Nachrichten, Übersichtsarbeiten und Kasuistiken zu Diagnostik und Therapie dieser häufigen Erkrankung. „Ich persönlich fange immer mit einer N1-Schachtel an“, riet der Urologe. In den nächsten zehn Tagen könne man dann schauen, ob der Patient den Alphablocker überhaupt verträgt. Unbegründet sei jedenfalls die Angst vor einem angeblich erhöhten Demenzrisiko unter dem Alphablocker Tamsulosin. Eine US-Studie, die darauf hingedeutet hatte, sei mittlerweile durch eine Gegenstudie mit „sehr robuster Evidenz“ widerlegt. „Die Aussage, Tamsulosin macht dement, stimmt nicht!“, betonte Gross. Wenn Patienten unter einem Alphablocker weiterhin Speicherprobleme haben, kann laut Gross die Hinzunahme eines Phosphodiesterase-5-Inhibitors sinnvoll sein. Die eigentlich als Potenzmittel eingeführten Substanzen wirkten „in der Tat auch gut beim BPS“. Im Vergleich zweier Alphablocker-Kombinationen – einmal mit einem Spasmolytikum und einmal mit einem PDE-5-Hemmer – konnten beide sowohl den Wert im IPSS als auch den Harnstrahl verbessern. Die Kombination mit dem PDE-5-Inhibitor war jedoch mit deutlich weniger Therapieabbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen verbunden (18% gegenüber 32%). Für Gross ein weiterer Vorteil der Substanzgruppe: Die Wirkung von Antihypertensiva werde dadurch nicht verstärkt. Darüber hinaus schien sich das oft störende Problem des Nachträufelns zu bessern. Diesbezüglich gaben fast 70% der Patienten unter Tadalafil eine deutliche Besserung nach zwölf Wochen an. Allerdings berichtete dies auch ein Drittel der Placebogruppe. Kombinationen mit einem Beta-3-Agonist kommen nach Gross infrage, wenn der sensorische Harndrang im Vordergrund steht. Wurde ein Alphablocker damit ergänzt, hatten die Patienten im Mittel pro Tag zwei Miktionen weniger. „Das ist für jemanden, der eine Pollakisurie hat, eine Menge“, so der Urologe. Einen Therapieversuch wert sei ggf. auch die Kombination PDE-5-Hemmer plus Beta-3-Agonist. So habe in einer Studie mit 176 Patienten die Hinzunahme von Mirabegron selbst nach achtwöchiger Therapie mit Tadalafil noch einmal zu einer deutlichen Linderung des Harndrangs geführt. Differenziert bewertet der Experte die Kombination Alphablocker plus 5-Alpha-Reduktasehemmer. Dafür spreche, dass sich der IPSS, der Harnstrahl und der Restharn gebessert hätten. Der Nachteil: Es berichteten mehr Patienten über retrograde Ejakulationen, eine Abnahme der Libido oder ein Fortschreiten der BPS-Symptome. Patient soll Befinden schriftlich festhalten „Es gibt beim BPS viele medikamentöse Therapieoptionen“, resümierte Gross. Wichtig sei es, Therapieversuche gegebenenfalls zu limitieren. Der Urologe empfiehlt seinen Patienten, bei Beginn einer neuen Therapie zu Hause aufzuschreiben, wie es aktuell um die Beschwerden steht. Nach sechs Wochen sollte man das wiederholen, ohne die erste Notiz zu beachten. Beim Vergleich der beiden Notizen in der Praxis könne man dann sehen, ob sich eine Veränderung eingestellt habe. „Dann können Sie sagen: Wir sind auf einem guten Weg. Oder: Wir machen was Anderes.“ Quelle: Gross A: Urologie. Praxis-Update, 23./24. April 2021

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Bei BPS-Patienten Therapieerfolg kritisch kontrollieren!

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

Pollstimol®: Leitliniengerechte Prostatitis-Therapie