SARS-CoV-2-Durchbruchsinfekte bei Krebskranken problematisch

Die Coronaimpfung schützt zwar auch die meisten Krebskranken vor COVID-19, erkranken sie aber trotz Impfung, treten schwere Verläufe offenbar ähnlich häufig auf wie bei ungeimpften Krebskranken. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Krebspatienten mit einer immunsupprimierenden Behandlung und solche mit hämatologischen Tumoren haben in Studien immer wieder eine schwache Immunresponse auf eine COVID-19-Impfung gezeigt, bislang ist aber unklar, welche Auswirkungen dies für die Patienten hat, da Antikörpertiter alleine nicht sehr aussagekräftig sind. Eine Registeruntersuchung aus den USA kommt nun aber zu dem Schluss, dass Ärzte Durchbruchsinfekte bei Krebskranken sehr ernst nehmen sollten: Die Prognose ist ähnlich ungünstig wie bei ungeimpften Tumorpatienten. Für ihre Analyse haben Onkologen um Dr. Andrew Schmidt vom Dana-Farber Cancer Institute in Boston Angaben zu knapp 1800 erwachsenen Krebskranken mit bestätigten SARS-CoV-2-Infekten aus dem Register „COVID-19 Cancer Consortium“ (CCC19) überprüft. Alle wurden zwischen November 2020 und Mai 2021 in das Register aufgenommen, die allermeisten (97%) waren zum Zeitpunkt der Infektion ungeimpft, 77 hatten bereits eine Impfdosis erhalten, 54 waren mit zwei Dosen mRNA- oder Vektorimpfstoff immunisiert worden, das Gros der Impfungen entfiel auf die BioNTech-Vakzine. Die vollständig geimpften Patienten mit Durchbruchsinfekten unterschieden sich deutlich von den übrigen Krebskranken: Darunter befanden sich häufiger Frauen (65% versus 55%), sie hatten mehr Begleiterkrankungen und vor allem häufiger einen hämatologischen Tumor (35% versus 20%) sowie eine Lymphozytenzahl unter 1000/Mikroliter (46% versus 28%), auch hatten sie in den vergangenen drei Monaten öfter eine systemische Therapie erhalten (56% versus 43%). Auffallend war zudem eine Prednisontherapie bei der Registeraufnahme (mehr als 10 mg/d bei 17% versus 7%), auch hatten sie häufiger Tumorrezidive und waren in einem schlechteren Allgemeinzustand als ungeimpfte Krebskranke. Schwere Verläufe bei Lymphopenie und aktivem Tumor Insgesamt manifestierten sich bei den ungeimpften Krebspatienten gravierendere Verläufe als bei den geimpften: Dies betraf sowohl die Hospitalisierungsrate (65% versus 50%), die Intensivpflicht (19% versus 13%) als auch die Sterberate (13% versus 10%). Wurden Patienten mit Durchbruchsinfekten mit ähnlichen, aber ungeimpften Patienten verglichen – die Onkologen berücksichtigten hier Tumortyp, Krebstherapien, Begleiterkrankungen, Alter, Geschlecht und andere bekannte Faktoren –, dann war das Risiko für einen schweren Verlauf bei Ungeimpften mit COVID-19 und vollständig Geimpften mit Durchbruchsinfektionen ähnlich hoch, auch bei der Sterberate gab es keine signifikanten Unterschiede. Als prognostisch relevant bei COVID-19 erwiesen sich dagegen die bekannten Risikofaktoren wie Alter, Begleiterkrankungen, eine Lymphopenie und vor allem eine aktive Krebserkrankung: Mit einer solchen war das Sterberisiko im Vergleich zu einer inaktiven Erkrankung sechsfach erhöht. Aus der Untersuchung lassen sich letztlich zwei wesentliche Schlüsse ziehen: Ersten scheinen Patienten mit einer schlechten Immunresponse auf die COVID-Impfung tatsächlich auch häufiger Durchbruchsinfekte zu bekommen, und das sind dann oft zugleich die Patienten, die ein besonderes Risiko für einen schweren Verlauf aufweisen. Zweitens ist eine COVID-19-Erkrankung bei Krebspatienten mit Impfung ähnlich zu bewerten wie bei solchen ohne – die Impfung scheint also, wenn jemand erkrankt, nicht vor schweren Verläufen zu schützen. Nichtsdestotrotz ist die Impfung bei krebskranken COVID-19-Risikopatienten nicht wirkungslos: Erkrankungen, und damit auch schwere Erkrankungen, treten insgesamt deutlich seltener auf als unter Ungeimpften. Empfehlung der Redaktion Gesammelte Beiträge COVID-19 und onkologische Erkrankungen Was ist bekannt über die Wechselwirkungen von COVID-19 und Krebs und was gilt es in der Onkologie zu beachten? Welche Patientinnen und Patienten sind besonders gefährdet? Wie gut wirken die Impfstoffe bei Krebserkrankten und welche Therapieimplikationen ergeben sich aus dem aktuellen Wissensstand? Als Konsequenz sollten auch in der Umgebung von geimpften Krebspatienten Hygienemaßnahmen wie Maskentragen und die Impfung von Kontaktpersonen eingehalten werden, um besonders vulnerable Patienten zu schützen, so die Onkologen um Schmidt. Vor allem bei Patienten mit Lymphopenie und aktiver Erkrankung scheine ein erhöhtes Risiko für Durchbruchsinfekte zu bestehen. Da aber nur wenige vollständig geimpfte Krebskranke in die Auswertung einflossen, müssen die Resultate durch weitere Analysen bestätigt werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche COVID-19-Verläufe sind bei geimpften Krebskranken mit Durchbruchsinfekten zu erwarten? Antwort: Eine US-Analyse deutet auf ähnlich schwere Verläufe wie bei ungeimpften Krebskranken. Bedeutung: Vor allem Patienten mit Risikofaktoren für eine schlechte Immunresponse erleiden Durchbruchsinfekte. Solche Patienten sollten durch Hygienemaßnahmen und geimpfte Kontaktpersonen besonders geschützt werden. Einschränkung: Nur eine geringe Zahl von Durchbruchsinfekten registriert. Möglicherweise wurden leichte Verläufe seltener erkannt und erfasst, dies könnte die Resultate verzerrt haben.

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