NRW: Gravierende Engpässe bei neurologischer Früh-Reha

In der Mauritius-Klinik in Meerbusch müssen Patienten abgewiesen werden. Durch COVID-Erkrankte ist die Auslastung nochmals gestiegen. Landesweit sollen bis zu 1000 Betten fehlen. Die Corona-Pandemie hat die ohnehin schon angespannte Lage in der neurologischen Früh-Rehabilitation noch einmal deutlich verschärft. „Wir müssen Patienten abweisen“, berichtet Professor Martin Steinke, Chefarzt an der St. Mauritius Therapieklinik in Meerbusch. Die neurologische Früh-Rehabilitation an der Klinik, die zum Verband Katholischer Kliniken Düsseldorf gehört, verfügt über 30 Betten, darunter sind acht Beatmungsplätze. „Der Hauptteil der Patienten ist im Übergang von der Beatmung zum spontanen Atmen, alle haben noch eine Trachealkanüle“, sagt Steinke im Gespräch mit der Ärzte Zeitung. Die Klinik registriert in diesem Bereich eine hohe Auslastung, 90 bis 95 Prozent der Betten sind regelmäßig belegt. Die Einrichtung versorgt vor allem Patienten nach einem schweren Schlaganfall, einer Hirnblutung, nach einer schweren Hirntumor-Operation oder nach einer Wiederbelebung. Jeder fünfte Patient hat COVID-19 Dazu kommen seit einiger Zeit Patienten, die an COVID-19 erkrankt sind. Nach einer Umfrage der Landesarbeitsgemeinschaft Neuroreha in Nordrhein-Westfalen entfallen auf sie in den dortigen Kliniken im Schnitt 20 Prozent der Betten. Das trifft auch auf die St. Mauritius Therapieklinik zu. „Bei uns sind es 21 Prozent“, sagt Steinke. Aufgenommen werden Patienten, die schwer an Corona erkrankt sind und eine Beatmung benötigen. Ihre Hauptdiagnose muss neurologisch sein. Viele dieser Patienten haben eine Critical-Illness-Polyneuropathie, sie können Arme, Beine und die Atemmuskulatur nicht bewegen. Die Versorgung dieser Patientengruppe verlangt von den Behandlungsteams im Wesentlichen keine besondere Umstellung, betont Steinke. „Es geht darum, die Patienten zu mobilisieren und sie von der Trachealkanüle zu entwöhnen.“ Sorgen wegen knapper Kapazitäten Sorgen machen ihm die zu knappen Kapazitäten. Ein Gutachten des IGES-Instituts, die bereits aus dem Jahr 2012 stammt, hat nach seinen Angaben gezeigt, dass die Unterversorgung in der neurologischen Früh-Rehabilitation in Nordrhein-Westfalen besonders groß ist. Danach fehlten im bevölkerungsreichsten Bundesland rund 1000 Betten in diesem Bereich. „Der Mangel ist erkannt, was noch fehlt, sind die Konsequenzen“, betont der Neurologe. Als positiv bewertet Steinke, dass der Mangel im neuen Krankenhausplan für NRW zumindest zur Kenntnis genommen wird. In seiner Klinik gab es seit Anfang 2018 knapp 3000 Anfragen nach einem Behandlungsplatz in der Früh-Rehabilitation. „Das übersteigt die Kapazität um das Achtfache“, sagt Kleinke. Die Patienten bleiben im Schnitt zwei bis drei Monate. Man müsse berücksichtigen, dass viele Häuser, in denen die Patienten zuerst versorgt wurden, sich an mehrere Anbieter von neurologischer Früh-Rehabilitation gleichzeitig wenden. Die Nachfrage sei deshalb nicht achtmal so groß wie das Angebot, aber deutlich größer. Lange Wartezeiten für Patienten Die Folge: Die Patienten müssen oft lange auf einen Platz warten. Manche kommen gar nicht unter und werden stattdessen in eine geriatrische Klinik oder in ein Pflegeheim verlegt. Kleinke verweist auf ein weiteres Problem: die Suche nach genügend qualifiziertem Fachpersonal. „Es ist schwierig, sein spezialisiertes Team aufzubauen.“ Im therapeutischen Bereich gebe es genügend Mitarbeiter, etwa für die Mobilisierung der Patienten, die Atem- und die Schlucktherapie. „Unser Sorgenkind sind die Pflegekräfte, die wir für die Aktivierung der schwerkranken Menschen benötigen.“ Er appelliert an die Politik, den Versorgungsproblemen in der neurologischen Frührehabilitation gezielt entgegenzuwirken. Sie seien lange genug bekannt. „Aber das Thema hat zu wenig Aufmerksamkeit bekommen.“ Quelle: Ärzte Zeitung

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