Flügelschlag-Tremor bei Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung

Der Flügelschlag-Tremor ist eigentlich ein Zeichen für einen Morbus Wilson. Ärzte haben das Phänomen nun erstmals bei einem Patienten mit Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung dokumentiert. Ein Tremor bei gebeugten Händen und Armen mit steigender Amplitude erinnerte etwas an den Flügelschlag eines Vogels. Gut beschrieben ist dieser „Wing-beating-Tremor“ für die seltene Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson, letztlich können natürlich auch andere neurodegenerative Erkrankungen zu diesem Phänomen führen, wenn entsprechende Hirnzentren betroffen sind. Der Neurologe Dr. Gary Álvarez Bravo von der Universitätsklinik in Girona, Spanien, berichtet nun erstmals über einen auffälligen Flügelschlag-Tremor bei einem 67-jährigen Patienten, dem er schließlich eine Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJK) attestieren musste. Der Mann hatte sich in der Notaufnahme der Klinik vorgestellt, nachdem er in seinen linken Extremitäten ein Taubheitsgefühl wahrnahm und Koordinationsprobleme entwickelte, die zu einem unsicheren Gang führten. Die Probleme traten seinen Angaben zufolge sechs Stunden vor dem Weg in die Klinik auf. Die erste neurologische Untersuchung bestätigte eine leichte linksseitige Ataxie, Gangschwierigkeiten, eine Hypästhesie sowie eine Agraphästhesie. Die Ärzte schauten nach Zeichen eine Schlaganfalls, wurden jedoch nicht fündig. In der Diffusionsbildgebung sahen sie lediglich eine punktförmige Hyperintensität im linken parietalen Kortex. Die Symptome bildeten sich innerhalb von sechs Tagen fast vollständig zurück und der Mann wurde aus der Klinik entlassen. Verlust der Sensomotorischen Inhibition? Zu Hause bemerkte er aber bald wieder eine zunehmende Ataxie und stellte sich nach vier Wochen erneut in der Klinik vor. Dort erkannten die Neurologen eine moderate Ataxie der linken Extremitäten, eine Dysarthrie, einen negativen Myoklonus im linken Arm sowie einen ausgeprägten Flügelschlag-Tremor: Dieser trat auf, wenn die Ärzte den Mann aufforderten, seinen gebeugten linken Arm zu heben oder mit dem linken Zeigefinger seinen Nase zu berühren. Dabei fingen zunächst die linke Hand und schließlich der gesamte linke Arm mit steigender Amplitude an zu schwingen. Er stoppte den Tremor, indem er die linke Hand mit der rechten festhielt. Gut zu sehen ist der Tremor in einem Video in der Online-Publikation. Die spanischen Neurologen veranlassten nun eine umfangreiche Untersuchung. Das diffusionsgewichtete MRT zeigte Hyperintensitäten im rechten frontoparietalen Kortex und im rechten Nucleus caudatus, die Liquoranalyse ergab 560 g/l Protein sowie erhöhte Werte für die Neurodegenerationsmarker 14-3-3 und Tau. Im EEG erkannten sie periodische synchrone Entladungen, Leber-, Schilddrüsen- und Nierenfunktion waren unauffällig, ebenso die Kupfer- und Vitaminwerte. Antineurale Antikörper ließen sich ebenfalls nicht nachweisen. Aufgrund dieser Befunde veranlassten die Neurologen eine Analyse des Prion-Gens und fanden eine Mutation im Codon 200, die einen Austausch von Lysin durch Glutamin verursachte. Daraufhin stellten sie die CJK-Diagnose. Die Pathophysiologie des Flügelschlag-Tremors sei noch weitgehend unverstanden, so Álvarez Bravo. Typisch seien das Auftreten bei gebeugten Extremitäten (Flügelposition), eine hohe Amplitude und relativ niedrige Frequenz. Der Experte vermutet, dass ein Verlust inhibitorischer Signale aus dem rechten sensomotorischen Kortex den Tremor bei dem Mann ausgelöst haben könnte. Dadurch sei es zu einer Störung von Regelkreisen zwischen Kleinhirn und Basalganglien gekommen, die zu den oszillierenden Bewegungen führten. Der Zustand des Patienten verschlechterte sich nach der zweiten Klinikaufnahme rapide. Er fiel bald ins Koma und starb einen Monat später an einer Atemwegsinfektion. Im Gegensatz zu Morbus Wilson sind Patienten mit familiärer CJK beim Erkrankungsbeginn deutlich älter. Neurologischen Auffälligkeiten wie ein Flügelschlag-Tremor entwickeln Patienten mit der Kupferspeichererkrankung oft schon in der Jugend oder als junge Erwachsene. Typisch für Morbus Wilson sind ein Kayser-Fleischer-Kornealring, erhöhte Urinkupferwerte, erhöhte Werte für freies Serumkupfer, erniedrigte Werte für Gesamt-Serumkupfer und Coeruloplasmin. Im MRT weisen Wilson-Patienten häufig Hyperintensitäten im Mittelhirn auf („Panda-Zeichen“).

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Flügelschlag-Tremor bei Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung

Weiterführende Themen

Neu in den Fachgebieten Neurologie und Psychiatrie

Antihypertensiva schützen auch alte Menschen noch vor Demenz

Fünf Dinge, die im Kindernotfall besser zu unterlassen sind

Delir kann Demenz begünstigen

Manche Gestagene können das Risiko für Meningeome erhöhen