Pitfalls bei der Hyposensibilisierung gegen Bienen- und Wespengift

Die allergenspezifische Immuntherapie (ASIT) ist nicht immer leicht in der Durchführung. Prof. Dr. Ulf Darsow, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, München, gab auf dem Deutschen Allergiekongress Tipps zu dem Thema. „Keine andere lebensbedrohliche Erkrankung kann so erfolgreich behandelt werden wie eine Bienen- oder Wespengiftallergie, die zu Anaphylaxie führt“, freute sich Prof. Dr. Ulf Darsow, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, München. Deshalb solle man seine Patienten zur ASIT und zur dazugehörigen Stichprovokation motivieren. Eine besondere Risikogruppe scheinen Menschen zu sein, die sehr viel in der Natur unterwegs sind wie Fischer, Jäger und Forstarbeiter. Davon geben 18,7% Anaphylaxiesymptome an, aber nur 7% sind diagnostiziert [1]. „Da gibt es also noch eine große Lücke“, folgerte Darsow. Diagnostik erst bei systemischen Reaktionen In der Diagnostik der Insektenallergie gibt es ein paar Fallen, auf die Darsow hinwies. Zunächst sei es häufig schwer, die auslösenden Insekten anamnestisch sauber auseinanderzuhalten. Generell sei die Anamnese sehr wichtig, um Verwirrungen zu umgehen: Denn eine Diagnostik sei nur indiziert, wenn tatsächlich eine systemische Reaktion in der Anamnese vorliegt. „Wenn man die Sensibilisierungsmuster alleine untersuchen würde, findet man bei einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung IgE“, erinnerte Darsow. Wichtig zu wissen sei auch, dass der Sensibilisierungsgrad nicht relevant mit der Schwere der Indexreaktion oder späterer Reaktionen während der ASIT assoziiert sei. Zusätzlich müsse man bedenken, dass in allen Testsystemen falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse auftreten und dass Änderungen des Sensibilisierungsgrades im Zeitverlauf der ASIT auftreten. Indikation für ASIT sorgfältig stellen Die ASIT ist die einzige kausale Therapie der Insektengiftallergie und ist laut Darsow indiziert bei systemischen anaphylaktischen Reaktionen wie z.B. Urtikaria, Atemnot oder Kreislaufstörung mit nachgewiesener IgE-Vermittlung. „Es gibt einen Großteil von verstärkten Lokalreaktionen, die nicht hyposensibilisiert werden müssen und nur 2–3% systemische anaphylaktische Reaktionen in der Bevölkerung – um die geht es uns bei der richtigen Indikationsstellung“, erläuterte er. Selten könne eine ASIT aber doch nötig sein, wenn die Lebensqualität eingeschränkt sei, ergänzte Darsow. „Wenn bei Kindern rein kutane Reaktionen vorliegen, dann ist die Prognose auch ohne ASIT sehr gut“, sagte er. Wichtig sei es bei der Indikation, individuelle Risikofaktoren zu berücksichtigen, zu denen neben der schweren Stichreaktion in der Anamnese u.a. kardiovaskuläre Erkrankungen, ein erhöhter Wert für die basale Serumtryptase (>11,4 μg/l) und auch eine Mastozytose gehören. Ein neuer Risikofaktor scheine nach Darstellung Darsows die Mutation im Gen TPSAB1 zu sein, das für die Alpha-Tryptase kodiert [2]. Diese Mutation führt zu einer hereditären Alpha-Tryptasämie. „Es ist noch zu diskutieren, ob man diesen Risikofaktor separat messen oder erfassen sollte“, sagte er. Ausreichend lange hyposensibilisieren Patienten ohne Risikofaktoren sollen die Erhaltungstherapie der Insektengift-ASIT für mindestens drei bis fünf Jahre erhalten. Die Therapie solle erst beendet werden, wenn es keine systemischen anaphylaktischen Nebenwirkungen mehr gibt unter der ASIT und keine systemischen Reaktionen bei einer Stichprovokation oder einem akzidentellen Stich (Feldstich), sonst müsse man die ASIT weiterführen, mahnte Darsow. Bei besonderer Exposition, z.B. bei einer Bäckereifachverkäuferin, werde länger hyposensibilisiert bis zum Expositionsende (länger als sechs Monate nach letztem Stich). Darüber hinaus sollte die Stichprovokation nach sechs bis 18 Monaten und nicht am Ende der ASIT stattfinden. Außerdem empfahl Darsow, das Notfallset möglichst großzügig zu verordnen, um die Restrisiken einer nicht ausreichend gewirkten ASIT abzupuffern. Kontraindikationen im Wandel In der neuen Leitlinie der Europäischen Akademie für Allergologie und Klinische Immunologie (EAACI) würden die pharmakologischen Kontraindikationen zu Beta-Blockern und ACE-Hemmern differenziert gesehen: „Beta-Blocker z.B. sind keine richtige Kontraindikation mehr“, erklärte Darsow. „Wir tendieren dazu, dass im Einzelfall der Beta-Blocker weitergeführt wird bei kardiovaskulären Vorerkrankungen, weil das Absetzen nachweislich einen erhöhten Schaden gegenüber den theoretischen Risiken bei der ASIT bedeuten würde“, führte er aus. Auch „ACE-Hemmer können fast immer umgesetzt werden“, ergänzte er. Man könne also in vielen Fällen durchaus die Begleitmedikation weiterführen – aber der Patient sollte über das Risiko informiert werden. Was macht man, wenn bezüglich einer Kontraindikation die Herstellerinformation nicht mit dem Stand der Leitlinie übereinstimmt? „Wir empfehlen ihnen ganz klar, im Label zu bleiben von dem Produkt oder ein anderes Produkt zu nehmen“, so Darsow [4]. Darsow wies abschließend darauf hin, dass ein Update der deutschen Leitlinie bereits in Bearbeitung ist. » zum Kongressdossier basierend auf: Darsow U. AllergoBasics Insektengiftallergie 2020: Worauf muss ich bei der ASIT besonders achten? / 15. Deutscher Allergiekongress, 24. bis 26. 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