Empagliflozin
Welchen Einfluss Empagliflozin speziell auf die diabetische Nephropathie und die Inzidenz von renalen Ereignissen als sekundäre Endpunkte hatte, zeigte eine explorative Analyse an rund einem Viertel der Studienteilnehmer mit renaler Funktionseinschränkung. Bei 17,8 % der Studienteilnehmer betrug die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGRF) im Bereich zwischen 45 und 59 ml/min und bei 7,7 % im Bereich zwischen 30 und 44 ml/min. Bei 28,7 % der Studienteilnehmer bestand zu Beginn eine Mikroalbuminurie und bei 11,0 % bereits eine Makroalbuminurie.
Das Risiko für eine Progression zur Makroalbuminurie wurde durch Empagliflozin relativ um 38 % signifikant verringert (Inzidenz: 11,2 % vs. 16,2 %), und das Risiko für eine Verdopplung der Serum-Kreatinin-Konzentration um 44 % (1,5 % vs. 2,6 %). Das Risiko für die Einleitung einer Nierenersatztherapie war nur etwa halb so hoch wie unter Placeboanwendung (0,3 % vs. 0,6 %, Risikoreduktion: 55 %). Anhand serieller eGRF-Messungen konnte gezeigt werden, dass Empagliflozin die Nierenfunktion – nach einem kurzfristigen initialen eGRF-Abfall – über längere Zeit stabilisierte, während unter Placebo eine stetige Abnahme zu verzeichnen war.
Ferner waren Körpergewicht und Blutdruckwerte von Patienten in der Empagliflozingruppe durchschnittlich niedriger als in der Placebogruppe. Die beobachteten Unterschiede sind allerdings zu gering, um die günstigen renalen Effekte von Empagliflozin hinreichend erklären zu können. Es wird derzeit von einem direkten Schutzmechanismus ausgegangen, den das Gliflozin auf die Nierenfunktion ausübt.
Dapagliflozin
Wichtige Studie.
Eine weitere Phase-3-Studie, DECLARE-TIMI 58, untersuchte den kardiovaskulären Benefit von Dapagliflozin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes. Die DECLARE-TIMI-58-Studie wurde weltweit in 33 Ländern durchgeführt. Insgesamt nahmen 17.160 Patienten mit Typ-2-Diabetes teil, bei denen aufgrund manifester Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder lediglich aufgrund multipler Faktoren – und dazu gehörte auch schon das Alter – ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bestand. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von im Median 4,2 Jahren beobachtet. Es erfolgte eine Therapie mit Dapagliflozin oder die Gabe von Placebo; beide wurden als Add-on zum üblichen „standard of care“ verabreicht [
15].
Wie bei den anderen kardiovaskulären Wirksamkeitsstudien wurde der primäre, zusammengesetzte Wirksamkeitsendpunkt aus Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz oder kardiovaskulärem Tod (4,9 % vs. 5,8 %; HR 0,83; 95 %-KI 0,73–0,95, p = 0,005 für Überlegenheit) signifikant erreicht, was einer relativen Risikoreduktion von 17 % entsprach. Dieser Endpunkt wurde v. a. durch eine Reduktion von Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienz von 27 % (HR 0,73; 95 %-KI 0,61–0,88, p < 0,001) getrieben, während die Rate kardiovaskulärer Todesfälle sich nicht signifikant unterschied (HR 0,98; 95 %-KI 0,82–1,17). Im Unterschied zu den anderen beiden großen kardiovaskulären Wirksamkeitsstudien ergab sich in dieser Untersuchung an deutlich weniger kranken Patienten allerdings keine signifikante Senkung atherosklerotischer Ereignisse. Die MACE-Rate betrug in der Dapagliflozingruppe 8,8 % und in der Placebogruppe 9,4 % (HR 0,93; 95 %-KI 0,84–1,03, p = 0,17 für Überlegenheit). Da der Großteil der Patienten, die in die Studie DECLARE-TIMI-58 aufgenommen wurden, allein aufgrund bestehender Risikofaktoren randomisiert wurde, unterscheidet sich diese Studie bezüglich der Charakteristika der eingeschlossenen Patienten von den Studien EMPA-REG-OUTCOME und CANVAS.
Ein klarer Nutzen zeigte sich mit Blick auf die Nierenfunktion. Dapagliflozin reduzierte das Risiko des kombinierten renalen Endpunkts, bestehend aus einem eGRF-Abfall um mindestens 40 % auf weniger als 60 ml/min und 1,73m2KOF, terminaler Niereninsuffizienz und renal oder kardiovaskulär bedingtem Tod, um 24 % (4,3 % vs. 5,6 %; HR 0,76; 95 %-KI 0,67–0,87, p < 0,01). Diese Befunde stehen im Einklang mit denen der anderen beiden kardiovaskulären Endpunktstudien.
Ertugliflozin
Die Kombination aus Ertugliflozin und Sitagliptin stellt die einzige Fixkombination eines SGLT2-Inhibitors mit einem Dipeptidylpeptidase-4(DPP-4)-Hemmer dar und ist bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes mellitus ab 18 Jahren zusätzlich zu Diät und Bewegung zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle indiziert. Das Kombinationspräparat kann sowohl bei Patienten, deren Blutzuckerkonzentration unter Metformin und/oder einem Sulfonylharnstoff und Sitagliptin oder Ertugliflozin nicht ausreichend gesenkt wurde, eingesetzt werden.
Die kardiovaskuläre Sicherheit von Sitagliptin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes wurde in der TECOS-Studie nachgewiesen [
17]. Das Risiko der Hypoglykämie war in der Studie gering; das Gewicht der Patienten blieb konstant.
Basis für die Zulassung des Kombinationspräparates aus Ertugliflozin und Sitagliptin waren die Ergebnisse des klinischen Entwicklungsprogramms E
valuation of
Ertugliflozin eff
icacy and
safety (VERTIS), das 9 Phase-III-Studien mit rund 12.600 an Typ-2-Diabetes erkrankten Erwachsenen beinhaltete. Dabei wurde das Konzept der oralen Dreifachkombination in der VERTIS-SITA2-Studie untersucht [
18]. In VERTIS SITA2, einer 52-wöchigen, doppelblinden, prospektiven Studie wurde Ertugliflozin im Vergleich zu Placebo Patienten mit Typ-2-Diabetes, deren Blutzuckerspiegel unter Anwendung von Metformin (≥ 1500 mg/Tag) und Sitagliptin (100 mg/Tag) bei einem HbA
1c-Ausgangswert von 7,0–10,5 % nicht ausreichend kontrolliert werden konnte, verabreicht. Zusätzlich zu Metformin und Sitagliptin erhielten insgesamt 621 in die Studie eingeschlossenen Patienten in randomisierter Weise entweder 5 mg Ertugliflozin/Tag oder 15 mg Ertugliflozin/Tag oder Placebo. Nach 26 Wochen hatte die zusätzliche Gabe von 5 mg Ertugliflozin/Tag zu einer signifikanten Senkung des HbA
1c-Werts von 0,8 % bzw. die Gabe von 15 mg Ertugliflozin/Tag zu einer signifikanten HbA
1c-Wert-Senkung von 0,9 % geführt, im Vergleich zu 0,1 % unter Placebo (jeweils
p < 0,001 vs. Placebo).
Die Gabe von 5 mg bzw. 15 mg Ertugliflozin/Tag führte zu einer Reduktion des Körpergewichtes um 3,3 kg bzw. 3 kg im Vergleich zu 1,3 kg unter Placebo. Der systolische Blutdruckwert wurde im Vergleich zu Placebo ebenfalls signifikant um 3,8 mm Hg unter der Gabe von 5 mg Ertugliflozin/Tag und um 4,8 mm Hg unter der Gabe von 15 mg Ertugliflozin/Tag vs. 0,9 mm Hg unter Placeboanwendung gesenkt.
Die orale Dreifachtherapie mit Metformin plus DPP-4-Inhibitor plus Ertugliflozin erwies sich als wirksam und sicher.
Sotagliflozin
Sotagliflozin hemmt im Unterschied zu anderen Gliflozinen auch den natriumabhängigen Glucosekotransporter SGLT1, der an der Glucoseaufnahme im Gastrointestinaltrakt beteiligt ist. Der duale Wirkmechanismus von Sotagliflozin bietet wichtige Behandlungsvorteile für Erwachsene mit Typ-1-Diabetes. Im Jahr 2017 wurde Sotagliflozin im Rahmen der klinischen Studie InTandem‑3 erstmals bei 3000 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 auf Sicherheit und Wirksamkeit in Kombination mit einer Insulintherapie untersucht [
19]. Bei guter Verträglichkeit zeigten sich positive Wirkungen auf den HbA
1c-Wert sowie auch auf das Körpergewicht und den systolischen Blutdruck.
In der randomisierten doppelblinden SOLOIST-WHF-Studie fand bei 1222 Diabetespatienten, die wegen dekompensierter Herzinsuffizienz stationär mithilfe einer i.v.-Diuretika-Therapie rekompensiert wurden, eine Behandlung mit Sotagliflozin (400 mg/Tag,
n = 608) oder Placebo (
n = 614) statt. Es wiesen 80 % aller Teilnehmer eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 50 % auf. Die Nachbeobachtungszeit war mit 9 Monaten aufgrund der Coronapandemie kürzer als geplant. Sotagliflozin reduzierte die Inzidenz des kardiovaskulären Todes oder der Klinikeinweisungen aufgrund von Herzinsuffizienz im Vergleich zur Placebogruppe auch bei diesen erst kürzlich dekompensierten Patienten um 33 % (relative Risikoreduktion [HR] 0,67; 95 %-KI 0,52–0,85,
p < 0,001). Ferner war diese Wirkung unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion auch bei den ca. 20 % der in die Studie eingeschlossenen Patienten mit einem „heart failure with preserved ejection fraction“ (HFpEF) nachweisbar [
20].
Die multizentrische doppelblinde Studie SCORE untersuchte, ob Sotagliflozin eine Prävention kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit Diabetes (HbA
1c ≥ 7 %) und chronischer Niereninsuffizienz (mit und ohne Albuminurie, geschätzte GFR 25–60 ml/min und 1,73 m
2KOF) bewirkt [
21]. Die Patienten (
n = 10.584) wurden entweder mit Sotagliflozin oder Placebo behandelt und im Mittel 16 Monate nachbeobachtet. Sotagliflozin reduzierte die Ereignisrate aus kardiovaskulär bedingtem Tod oder Hospitalisierungen sowie Notfallbehandlungen wegen Herzinsuffizienz auf 5,6/100 Patientenjahre vs. 7,5/100 Patientenjahre in der Placebogruppe (HR 0,74, 95 %-KI 0,63–0,88,
p < 0,001). Für den ursprünglichen koprimären Endpunkt, das Auftreten eines kardiovaskulären Todes, eines nichttödlichen MI sowie eines nichttödlichen Schlaganfalls, ergab sich eine HR von 0,84 (95 %-KI 0,72–0,99). Allerdings wurden unter der Sotagliflozinbehandlung auch mehr Nebenwirkungen berichtet, besonders Diarrhöen und genitale Pilzinfektionen. Aufgrund der Einstellung der Finanzierung wurde die Studie SCORE vorzeitig beendet. Sotagliflozin ist derzeit nicht auf dem deutschen Markt verfügbar.