Tumoren mit mRNA-Technologie angreifen

Bekannt wurden auf mRNA-basierende Impfungen durch die Pandemie. Aber auch für andere Einsatzgebiete ist die Technologie denkbar – so auch zur Behandlung von Krebserkrankungen. Erste klinische Erfolge sind bereits bei Patientinnen und Patienten mit Melanom zu verzeichnen. mRNA-Technologien kommen nicht nur für Impfungen gegen COVID-19 zum Einsatz, sondern werden unter anderem auch für onkologische Therapien erforscht. Die mRNA-Impfstoffe bringen dabei nicht nur die Antigeninformation zu den Zellen, sondern sie verfügen auch über einen Adjuvanz-Effekt, der auf Interferon-alpha basiert, berichtete Prof. Dr. Ugur Sahin, Universitätsmedizin Mainz. Das Interferon-alpha-Signal ist ein sehr starkes Stimulationssignal für dendritische Zellen und T-Zellen, wodurch es möglich ist, starke Immunantworten zu induzieren. Diese Erkenntnisse wurden klinisch translatiert und an Melanom-Erkrankten, die u.a. auf Anti-PD1-Therapien nicht mehr angesprochen hatten, getestet. Es kam durch den Impfstoff zu sehr starken Immunantworten gegen bekannte Tumorantigene, die über die Zeit zunahmen, so Sahin. Ein signifikanter Anteil der Patientinnen und Patienten erreichte ein objektives Ansprechen. „Die Responses und stabilen Erkrankungen sind über längere Zeit erstaunlich stabil“, betonte der Referent. Einige Patienten würden schon fünf Jahre lang nachbeobachtet. Die Technologie werde in anderen Indikationen, unter anderem Lungenkrebs, geprüft. Vakzine in der Adjuvanz einsetzen Der Impfstoff sei jedoch nicht personalisiert, sondern tumorindikationsspezifisch, betonte Sahin. So enthalte er z.B. Antigene, die spezifisch für Melanome sind. „Aber jeder Melanompatient hat andere Antigene“, so Sahin. Es gibt mittlerweile eine zweite Plattform für individualisierte Tumorvakzinen. Hier werden zur Entwicklung einer mRNA-Vakzine immunogene Krebsmutationen genutzt. Die Forschenden prüften den Ansatz bereits in verschiedenen Krebsarten, unter anderem beim fortgeschrittenen Melanom. Die Immunzellen können dabei in den Tumor einwandern und diesen immunologisch „reshapen“, erläuterte der Referent. D.h. ein „kalter“ könne sich in einen „hot“ Tumor umwandeln. In einer einarmigen Studie reduzierten sich Rezidive durch die Vakzine deutlich. Da es rund 6-8 Wochen braucht, um eine starke Immunantwort zu induzieren, sei diese Strategie vor allem für Personen interessant, die eine minimale Resterkrankung aufweisen. Besonders sinnvoll sei sie für eine adjuvante Therapie, wenn die Betroffenen ein hohes Rezidivrisiko aufweisen – zum Beispiel Erkrankte mit Pankreaskrebs, triple-negativem Brustkrebs (TNBC) oder kolorektalem Karzinom. Die Ergebnisse aus der Studie mit Melanom-Erkrankten wurden bereits u.a. beim TNBC bestätigt. Ko-Applikation von Zytokinen und Antikörpern Unter anderem bei Pankreaskarzinomen gelte es, die Vakzine immunogener zu machen oder die Immunantworten zu erweitern. In einer Studie mit resezierten Pankreaskrebspatienten hatten nur etwa 50 % eine Immunantwort auf die personalisierte Vakzine entwickelt. Eine Möglichkeit zur Erhöhung der Wirksamkeit sei der Einsatz von Zytokinen wie IL-2, so Sahin, die ebenfalls als mRNA appliziert werden können. Eine weitere Option ist die Ko-Applikation von Antikörpern. Eine erste klinische Studie, in der ein IgG-Antikörper als RNA kodiert gegeben wird, laufe zurzeit. Geprüft werde auch die Applikation von bispezifischen Antikörpern, ebenfalls als mRNA kodiert; die dementsprechend produzierten Proteine haben eine längere Halbwertszeit als die „herkömmlichen“ bispezifischen Antikörper, schloss Sahin. Empfehlung der Redaktion Neues aus der Dermatologie DDG 2023 – Kongressdossier Wie weit ist die Entwicklung der mRNA-Impfstoffe gegen Hautkrebs? Wie sieht die zukünftige Behandlung der Psoriasis aus? Und warum ist die Berufsdermatologie ein so wichtiges Feld für praktizierende Dermatologen und Dermatologinnen? Diese und andere aktuelle Themen wurden auf der 52. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) 2023 diskutiert. Basierend auf: „mRNA-Vakzinierung in der Tumortherapie“, Prof. Dr. Ugur Sahin, 27.04.23, 52. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) 2023, Berlin, 26.-29. April.

Springer Medizin

Tumoren mit mRNA-Technologie angreifen

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

Tebentafusp – die erste spezifische Therapieoption bei uvealem Melanom

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Passend zum Thema

Tebentafusp – die erste spezifische Therapieoption bei uvealem Melanom