Zusammenfassung
Die sogenannte „Bauchlagekatastrophe“ zeigt Merkmale einer abklingenden Pandemie, deren Beginn sich mit dem Jahr 1931 verbinden lässt. Harold Abramson aus New York machte bereits 1944 darauf aufmerksam, dass die Bauchlage als Schlafposition von Säuglingen einen wesentlichen Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod darstellt. Da diese Ergebnisse unbeachtet blieben, wurde in Deutschland und in Österreich zwischen 1969 und 1997 aktiv für die Bauchlage geworben. In der ehemaligen DDR lösten 1971 7 mit der Bauchlage assoziierte SIDS-Fälle eine interdisziplinäre Debatte aus, in deren Ergebnis bereits 1972 eine ministerielle Richtlinie erlassen wurde, in der die Präventionsempfehlungen von Abramson weitgehend enthalten sind. Epidemiologische Effekte dieses frühzeitigen Programms für den sicheren Babyschlaf sind nachweisbar. In erkenntnistheoretischer und ethischer Hinsicht wird mit diesen historischen Daten in eindringlicher Weise illustriert, dass der Nutzen und potenzielle Risiken von Interventionen vorab sowie prospektiv mehrdimensional eingeschätzt werden sollten.