Renales Risiko bei Diabetes gezielt reduzieren

Aktuelle Befunde erfordern ein geändertes Risikoverständnis bei der Progredienz der diabetischen Nephropathie. Neue pharmakologische Ansätze relativieren zudem den indikativen Stellenwert der Albuminurie. Fälschlich wird immer noch bei einem gut eingestellten Altersdiabetes mit grenzwertigem Kreatinin ohne Albuminurie von einem geringen renalen Risiko ausgegangen, mahnte Prof. Dr. Harald Rupprecht (Klinikum Bayreuth) auf dem Nephrologiekongress. Vor allem schließt das Fehlen der Albuminurie die Nephropathie nicht aus. Die lässt sich in Studien bei bis zu 45 % der Betroffenen mit grenzwertigen Retensionswerten ohne Albuminurie trotzdem nachweisen. Und bei fast 50 % der Diabetes-mellitus-Patienten stellt sich die Albuminurie auch erst im fortgeschrittenen Stadium ein, so der Experte. Qualitativ und quantitativ sei die Albuminurie deshalb kein valider renaler Prognoseparameter. Stellenwert der BZ-Kontrolle Die Bedeutung der BZ-Einstellung beim Typ 2 Diabetes wurde durch die ADVANCE-Studie relativiert [2]. Während sich für makrovaskuläre Effekte kein Benefit für eine intensivierte BZ-Einstellung nachweisen ließ, sind mikrovaskuläre Komplikationen nur gering (nach 5 Jahren: 10,9 vs. 9,4), aber doch signifikant vom BZ-Kontroll-Regime abhängig. Klar sei nun auch, dass die intensivierte BZ -Kontrolle vor allem jungen Diabetespatienten nutzt, bei denen noch keine makro- und mikrovaskulären Läsionen vorliegen. Ein zentraler Befund der ADVANCE-Studie ist für Rupprecht zudem der geringe Aussagewert der Retinoskopie für nephropathische Prozesse. Selbst bei blandem Gefäßstatus der Retina kann eine progrediente Niereninsuffizienz vorliegen. Das optimale Blutdruckziel? Zwischen systolischem Blutdruck und der Progredienz der Nephropathie besteht ein eindrucksvoller, linearer Zusammenhang, wie die ADVANCE-Daten zeigen. Bei einem ehrgeizigen Blutdruckziel (systolisch stabil um 105 mmHg) realisieren nur 5,6 % der Patienten pro Jahr ein renales Ereignis. Bei systolischen Werten um 170 mmHg dagegen sind es 9 %. Die KDIGO-Leitlinie (2001) [3] reagiert auf diesen Befund und definiert bei Nephropathie einen Zielblutdruck von maximal 120 mmHg als praktikablen Grenzwert. SGLT2-Blocker: deutliches Lebenszeitbenefit SGLT2-Blocker reduzieren die Progredienz der Niereninsuffizienz bei Diabetes mellitus Typ 2 erstaunlich gut, so Rupprecht. Entscheidend für den protektiven Effekt sei die Senkung des glomerulären Drucks. Hier geht es nicht nur um statistische Effekte, sondern um echte Lebensqualität, gab Rupprecht zu bedenken. Für die klassische renale Risikosituation (45-jähriger Patient mit Altersdiabetes und beginnender Nephropathie bei Albuminurie) lässt sich durch die Langzeiteinnahme der SGLT2-Blocker der wahrscheinliche Beginn der Dialyse vom 73. auf das 88. Lebensjahr hinausschieben. Gleichzeitig ist mit einer Lebensverlängerung von fünf Jahren zu rechnen. Selbst im hohen Alter zeigen SGLT2-Blocker einen relevanten Nutzen. So ist bei einem 80-Jährigen mit neu initiierter SGLT2-Therapie statistisch eine Lebensverlängerung um ein Jahr möglich. Die nephropathische GFR-Abnahme, die typischerweise bei ca. 4 ml pro Jahr liegt, reduziert sich unter der Therapie auf 1,5 ml pro Jahr. SGLT2 und Albuminurie Dabei ist die Wirksamkeit dieser Medikamentengruppe unabhängig vom Ausgangs-HbA1c. SGLT2-Blocker seien bereits indiziert, wenn der BZ noch gut kontrolliert ist und nur eine geringe Albuminurie besteht. Ob auch ohne Albuminurie mit prognostisch günstigen Effekten zu rechnen ist, überprüft gerade die EMPA-KIDNEY-Studie (The Study of Heart and Kidney Protection With Empagliflozin). Deren Veröffentlichung ist für die nächsten Wochen geplant. Auch der Einsatz von RAS-Blockern gehört heute zum Standard, meint Rupprecht. Ergänzt werden kann dieses therapeutische Regime durch den Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten Finerenon bei fortgeschrittener CKD, der sich jüngst bei einem kombinierten kardialen/renalen Endpunkt als wirksam erwiesen hat. Lifestyle-Optimierung Entscheidend für die Progression der Niereninsuffizienz bei Diabetes mellitus sind zudem die typischen Lifestyle-Risiken wie Rauchen und Bewegungsmangel, deren Relevanz immer noch viel zu wenig beachtet wird. Doch es gibt auch Lebensstilmerkmale, die der Niere offenbar guttun. So ist der Genuss von einem bis 15 Drinks pro Woche mit einer signifikant reduzierten Progression der Niereninsuffizienz assoziiert [4]. Erst ab 23 Drinks pro Woche wird es kritisch. Ein Befund der allerdings nicht therapeutisch missverstanden werden sollte, betont der Bayreuther Nephrologe Rupprecht. basierend auf: 14. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) / Kongress für Nephrologie, 06.–09.10.22, Berlin. Veranstaltung: Systemerkrankungen, Referat: Prof. Dr. Harald Rupprecht (Klinikum Bayreuth) - Diabetische Nephropathie

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