Antibiotika sparen in der Praxis

Nach wie vor werden zu viele Antibiotika verordnet. Verbesserte Arzt-Patienten-Kommunikation, POCT und verzögerte Verschreibungen sind die wichtigsten Maßnahmen, die im ambulanten Bereich den Einsatz von Antibiotika senken. Für den stationären Bereich konnte eine aktuelle Cochrane-Analyse [Davey P. et al.: Cochrane Database Syst Rev. 2017; https://spiral.imperial.ac.uk:8443/handle/10044/1/44428] eindrücklich die Effekte eines Antibiotic Stewardship (ABS) aufzeigen: Verschiedene Interventionen wie Edukation und Restriktion in Verbindung mit Feedback erhöhen die Rate adäquater, leitliniengerechter Verordnungen von Antibiotika um 15 Prozent, reduzieren die Therapiedauer um fast zwei Tage und die Verweildauer im Krankenhaus um mehr als einen Tag, ohne dabei die Mortalität zu erhöhen. ABS-Maßnahmen im Krankenhaus gelten heute als wissenschaftlicher Standard, betonte Dr. Peter Walger, Johanniter-Krankenhaus Bonn. Effektiver und nachhaltiger sei der Benefit, wenn entsprechende Strukturen wie ein ABS-Team oder ein Konsiliardienst implementiert werden. Mit Info-Flyern ist es nicht getan Auch zu den Maßnahmen, wie sich in der ambulanten Versorgung Antibiotika-Verordnungen reduzieren lassen, liegen eine Reihe Metaanalysen vor. Die effektivsten Interventionen im niedergelassenen Bereich sind Kommunikationstraining und POCT (point-of-care testing) [Köchling A. et al.: Implement Sci 2018; 13 (1): 47 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5859410/]. Neben einem CRP (C-reaktives Protein)-basierten oder PCT (Procalcitonin)-basierten Management ist vor allen eine vertrauensbildende Kommunikation zwischen Arzt und Patient von Bedeutung, auf deren Basis eine gemeinsame Entscheidung getroffen wird (shared decision making. Die Evidenz für den Einsatz von Informationsmaterial für Arzt oder Patient ist dagegen gering [Tonkin-Crine S.K. et al.: Cochrane Database Syst Rev. 2017; 9 http://cochranelibrary-wiley.com/doi/10.1002/14651858.CD012252.pub2/abstract;jsessionid=9CB31693126734BED7FDC0A4F4174AB9.f02t01]. Wie Befragungen im Rahmen des RAI-Projektes (Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation, www.rai-projekt.de) ergaben, zählt zu den Barrieren, die Hausärzte an einem rationalen Verordnungsverhalten hindern, neben Zeitmangel, unzureichenden Kenntnissen der Leitlinien und Annahmen über Erwartungen des Patienten auch ein gewisses Sicherheitsbedürfnis. Hieraus ergeben sich Ansatzpunkte für künftige Trainings und Interventionen, so Walger. Die Furcht vor ernsten Komplikationen sollte bei Halsentzündungen, Otitis media oder Infektionen der oberen Luftwege nicht dazu führen, Antibiotika zu verordnen: Wie eine Auswertung der Daten von mehr als 3 Millionen Patienten in Großbritannien zeigt, liegt die Anzahl der notwendigen Behandlungen (NNT), um eine Komplikation zu verhindern, bei mehr als 4.000 [Petersen I. et al.: BMJ 2007; 335 (7627): 982 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2072032/]. Das Pneumonie-Risiko bei akuter Bronchitis ist dagegen hoch, insbesondere bei älteren Patienten, und kann durch eine Antibiotika-Gabe reduziert werden. Zusätzlich zu Aufklärung und verbesserter Arzt-Patienten-Kommunikation sowie POCT-Maßnahmen sei die dritte sinnvolle ABS-Intervention in der Praxis die verzögerte Antibiotika-Verschreibung, erläuterte Walger. Dabei wird dem Patienten ein Rezept mitgegeben, die Einnahme aber nur bei Verschlechterung oder zusätzlichen Befunden empfohlen. Diese Strategie werde jedoch in der Hausarztpraxis noch viel zu selten genutzt, so Walger. Quelle: Ärzte Zeitung Weitere Artikel finden Sie in unserem DGIM-Kongressdossier.

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