Reizdarmsyndrom oder nicht? Symptome früh richtig abklären!

Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist durch viele unspezifische Symptome charakterisiert, die auch von anderen Erkrankungen herrühren können. Wichtig ist, gleich zu Beginn wesentliche Differenzialdiagnosen auszuschließen. Es wird geschätzt, dass die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen mit RDS etwa 11 Millionen beträgt, berichtete Prof. Dr. Ahmed Madisch vom Centrum Gastroenterologie des Agaplesion Krankenhauses Bethanien in Frankfurt. Die Reizdarm-Symptome sind sehr unterschiedlich, schränken die Lebensqualität der Betroffenen häufig stark ein und die Erwartungshaltung der Patientinnen und Patienten an den Arzt ist hoch. Ärzte empfinden Diagnostik und Therapie des RDS oft als schwierig und frustran, ist die Erfahrung von Madisch. Die Angst, eine schwerwiegende, somatische Krankheit zu übersehen, führt oft zu umfangreicher und wiederholter Ausschlussdiagnostik. Die beste Strategie ist, einmal am Anfang eine umfassende Diagnostik durchzuführen, zitierte Madisch anlässlich des Internistenkongresses 2022 in Wiesbaden die Empfehlung der aktuellen S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom[1]. So können unnötige Wiederholungsuntersuchungen und invasive Eingriffe vermieden werden. Erst bei Änderung der Symptomatik sollte danach eine erneute Diagnostik erfolgen. Diagnosekriterien RDS Drei Kriterien müssen gemäß Leitlinie bei Vorliegen eines RDS erfüllt sein: Chronische Beschwerden (> 3 Monate), die von Patient und Arzt auf den Darm bezogen werden und in der Regel mit Stuhlgangsveränderungen einhergehen. Der Patient sucht wegen der Beschwerden Hilfe und wird durch die Beschwerden in seiner Lebensqualität relevant beeinträchtigt. Es liegt keine andere Krankheit als Ursache der Beschwerden vor. Um Punkt 3 sicherzustellen, sollten insbesondere ernste Erkrankungen wie kolorektales Karzinom (bei Symptomdauer seit < 1 Jahr), Ovarialkarzinom (bei Symptomdauer < 2 Jahre), chronisch entzündliche Darmerkrankungen (insbesondere Morbus Crohn), mikroskopische Colitis (bei Leitsymptom Diarrhö) und Zöliakie (auch ohne Diarrhö) ausgeschlossen werden. Sie können sich zumindest initial ähnlich wie eine RDS präsentieren. Keine RDS-Diagnose ohne Koloskopie Die Leitlinie empfiehlt eine ausführliche Anamnese zu Beschwerden und Beschwerdedauer, eine körperliche Untersuchung inklusive rektaler Untersuchung, ein Basislabor, ein Ultraschall des Abdomens, bei Frauen die gynäkologische Untersuchung und ein psychosoziales Screening. Immer sollte eine Koloskopie durchgeführt werden, betonte Madisch. Die erweiterte Labordiagnostik umfasst Serumelektrolyte, Nierenretentionswerte, Leber- und Pankreasenzyme, TSH basal und Blutzucker/HbA1c. Dazu kann v. a. bei vorherrschender Diarrhö die Stuhl-Mikrobiologie zum Nachweis von Erregern wie Lamblien und Würmern herangezogen werden. Außerdem nennt die Leitlinie die Bestimmung von Zöliakie-Antikörpern (Transglutaminase-Antikörper) im peripheren Blut und Calprotectin im Stuhl. Bei vorherrschender Diarrhö empfiehlt die Leitlinie auch die Entnahme von Stufenbiopsien in der Koloskopie. Zudem sollte ein Laktose-, Fruktose-, und Sorbit-H2-Atemtest durchgeführt werden, um Nahrungsmittelintoleranzen auszuschließen. Stuhlökogramme sind nicht sinnvoll, erklärte Madisch. Es gibt keine etablierten Biomarker dazu und das Ergebnis hat keinerlei therapeutische Konsequenzen. Auch eine nahrungsspezifische IgG-Diagnostik sollte laut Leitlinie nicht erfolgen. basierend auf: 128. Kongress der DGIM vom 30. April – 03. Mai 2022 in Wiesbaden, Symposium: „Funktionelle Darmbeschwerden und Reizdarm - oder doch mehr?“ am 30. April 2022 Alle Beiträge vom DGIM-Kongress finden Sie im DGIM-Kongressdossier 2022.

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