Komorbiditäten bei Rheuma – eine Aufgabe des Rheumatologen

Kardiovaskuläre und Lungenerkrankungen sind häufige Komorbiditäten von Rheuma-Patienten. Zudem ist die rheumatoide Arthritis ein wichtiger unabhängiger Risikofaktor für diese – gute Gründe, sich als Rheumatologe um Komorbiditäten zu kümmern. Dafür plädierten alle Experten in der Sitzung zu „Rheuma und Komorbiditäten“. Bindeglied zwischen rheumatoider Arthritis (RA) und Komorbiditäten ist die hohe inflammatorische Aktivität. Das erhöhte kardiovaskuläre (CV) Risiko müsse beachtet und adäquat therapiert werden, forderte PD Dr. Anja Strangfeld, Leiterin Pharmakoepidemiologie am Deutschen Rheuma Forschungszentrum (DRFZ), Berlin. Durch frühzeitige und adäquate Therapie der RA gemäß Treat-to-Target könne das Risiko gesenkt und dem Niveau der Allgemeinbevölkerung angeglichen werden. Mit Blick auf das Herz sind zudem Rauchen und unzureichende Therapie von kardiovaskulären (CV)-Erkrankungen und CV-Risikofaktoren wichtige Risikofaktoren. Letztere zu behandeln sei wichtig, betonte Strangfeld. Denn bei Patienten, deren CV-Komorbiditäten – sei es Hypertonie, koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz oder Hyperlipoproteinämie – nicht behandelt waren, traten in einer Auswertung des RABBIT-Register zu ca. 11.000 RA-Patienten Herzinfarkte signifikant häufiger auf als in der Kontrollgruppe. Herzinfarkte waren mit einem erhöhten CRP (OR 1.47) und einer Therapie mit ≥ 10 mg/d Prednison verbunden (OR1,93). Unter Tumornekrosefaktor-Inhibitoren (TNFi) und anderen bDMARDs war es im Vergleich zu konventionellen DMARDs dagegen nicht erhöht (OR 0,91 bzw. 0,85). Letzteres wurde in einer aktuellen Langzeitauswertung der FORWARD-Kohorte bestätigt. Darin war der CV-Nutzen unter Tofacitinib (HR 0,23), Abatacept (HR 0,50) und Anakinra (HR 0,63) am ausgeprägtesten, gefolgt von TNFi (HR 0,81), Rituximab (HR 0,84) und Tocilizumab (HR 0,92) Das in ORAL-Surveillance gefundene erhöhte CV-Risiko konnte in diesen Real-Life-Daten nicht abgebildet werden, so Strangfeld. Die Patienten seien sich in etwa drei Viertel der Fälle ihres erhöhten kardiovaskulären Risikos nicht bewusst, sagte Strangfeld. Dies gelte insbesondere für Patienten mit traditionellen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und starkem Übergewicht. Hier sei Aufklärung wichtig. Auch eine aktuelle internationale Untersuchung (Semb AG et al. RMD Open 2021;7:e001724) bestätigt erneut, dass die Primär- und Sekundärprävention von kardiovaskulären Risiken bei RA-Patienten unzureichend ist. Immerhin war sie besser, wenn ein komorbider Diabetes mellitus vorlag. Dann wurde ein Hypertonus bzw. eine Hyperlipidämie häufiger diagnostiziert, fand eine Therapie mit Antihypertensiva bzw. Lipidsenkern eher statt und wurden die Lipidzielwerte eher erreicht. Dennoch gibt es auch Hinweise auf einen positiven Trend für RA-Patienten: Sowohl in Norwegen als auch in der Olmstedt County Kohorte nähert sich die CV-Mortalität von RA-Patienten immer mehr der in der Allgemeinbevölkerung an. Die Lunge leidet früh Auch die interstitielle Lungenerkrankung (ILD) ist bekanntlich eine häufige Komorbidität der RA. Etwa jeder Fünfte ist betroffen, berichtete Prof. Dr. Andreas Krause, Immanuel Krankenhaus Berlin, Klinik für Innere Medizin, Abteilung Rheumatologie, Klinische Immunologie und Osteologie, Berlin. Die ILD gehöre zu den Frühmanifestationen von rheumatischen Erkrankungen; bei RA trete sie bei ca. 30% im Jahr vor oder nach der Diagnose auf. Sie verlaufe häufig progredient-fibrosierend. Die Mortalität ist bei ILD 3-4-fach erhöht, zumal bei UIP (usual interestitial penumonia) Schädigungsmuster. Daher sei eine initiale und regelmäßige Verlaufskontrolle wichtig, denn der Verlauf der ILD ist weder sicher vorhersehbar, noch immer gleich. Die radiologische Aufmerksamkeit sei wichtig, weil plötzliche Exazerbationen wie bei der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) gefürchtet und mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden seien. Dies gilt insbesondere für männliche Patienten, Raucher, bei seropositiver RA und Vorliegen einer MUC5B-Mutation – den Risikofaktoren für den UIP-Typ. Wie behandelt werden sollte, ist schwer zu sagen, da es kaum Studiendaten zur RA-ILD gibt. Inzwischen liegt aber eine Zulassung für Nitedanib als antifibrotische Therapie der RA/PF-ILD vor. Das Fortschreiten der Erkrankung konnte verzögert, der Verlust der forcierten Vitalkapazität deutlich verlangsamt werden. Krause gab den Rheumatologen die folgenden Hinweise für die Erfassung und Verlaufskontrolle einer ILD mit auf den Weg: Immer nach Husten und Dyspnoe fragen. Bei der körperlichen Untersuchung auf Rasselgeräusche achten (Sklerophonie); in 80% der Fälle sei die ILD klinisch identifizierbar. Lungenfunktionstest mittels Blutgasanalyse und DLCO (Diffusion capacity of the Lungs for Carbon Monoxide) initial durchführen und ggf. im Verlauf wiederholen. Hilfreich ist auch der 6-Minuten-Gehtest. Bei Hinweisen auf eine RA-ILD sollte der Nachweis einer ILD mittels HRCT ohne Kontrastmittel erfolgen, dem derzeitigen Goldstandard. Eine Bronchoskopie, bronchoalveoläre Lavage (BAL) oder Biopsie sei nur in Ausnahmefälle Aufgabe des Rheumatologen. Alle Beiträge vom Rheumatologiekongress finden Sie im DGRh-Kongressdossier 2021. basierend auf: Sitzung: RA und Komorbiditäten, 16.09.21, Deutscher Rheumatologie-Kongress 2021, virtuell, 15.-18.09.2021.

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