Auch Krankheitsaktivität bestimmt LDL-Ziel bei Rheuma

Menschen mit Rheumatoider Arthritis (RA) haben ein hohes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Das erfordert bei ihnen auch ein entsprechend striktes Management klassischer Risikofaktoren – zum Beispiel erhöhter Blutfette. Eine gute Krankheitskontrolle ist bei RA wesentlich, um das mit der Erkrankung assoziierte, gegenüber Normalbevölkerung um etwa 50% erhöhte kardiovaskuläre Risiko zu senken. Trotzdem ist es unerlässlich, auch andere Risikofaktoren, wie die Blutfette optimal einzustellen. Die Zielwerte für LDL-Cholesterin sind bei aktiver RA strenger als bei Menschen mit gut kontrolliertem Rheuma. Die übliche Korrelation von Blutfetten und kardiovaskulärem Risiko – viel LDL-Cholesterin gleich hohes Risiko – ist bei RA scheinbar außer Kraft gesetzt. RA-Patienten haben ein hohes kardiovaskuläres Risiko und zugleich oft deutlich niedrigere Cholesterinwerte als Gesunde. Doch gerade bei sehr niedrigen LDL-Cholesterinwerten steigt bei RA das kardiovaskuläre Risiko sogar an. Das Cholesterin-Paradox Was es mit diesem Cholesterin-Paradox auf sich hat, erklärte Dr. Tim Hollstein, Institut für Diabetologie und klinische Stoffwechselforschung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, beim Deutschen Rheumatologiekongress 2023. Tatsächlich hängen die niedrigen LDL-Spiegel mit der RA selbst zusammen. „Sie sorgt dafür, dass das Cholesterin sinkt, weil es für Entzündung benötigt wird,“ sagte der Endokrinologe. „Wenn wir die Patienten aber behandeln, dann sorgen wir dafür, dass die Inflammation zurückgeht. Und dann steigt das Cholesterin wieder an.“ Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum ein Cholesterinanstieg bei vielen Rheumamedikamenten als potenzielle Nebenwirkung aufgeführt ist. Hollstein: „Es steigt im Prinzip nicht direkt an, sondern es geht auf den Ausgangswert zurück. Trennung in Niedrig- und Hoch-Risiko-RA Nichtsdestotrotz bleiben erhöhte LDL-Werte ein Risikofaktor und müssen gesenkt werden. Die Zielwerte ergeben sich aus dem individuellen kardiovaskulären Gesamtrisiko. Hollstein verwies hier auf Internetrechner wie unter www.u-prevent.com und auf die Empfehlungen der europäischen kardiologischen Gesellschaft [1]. Das Problem: Die RA ist hier nicht als Risikofaktor berücksichtigt. Dafür gibt es aber ein ergänzendes Positionspapier [2]. Es unterscheidet eine Gruppe mit Niedrig-Risiko- und eine mit Hoch-Risiko-RA. Kennzeichen einer Niedrig-Risiko-RA sind: seronegativ nicht-erosiv keine extraartikulären Manifestationen Remission ≥1 Jahr, entsprechend einem Clinical Disease Activity Index (CDAI) ≤2,8, einem Simple Disease Activity Index (SDAI) ≤3,3 oder einem 28-Gelenke Disease Activity Index (DAS-28) ≤2,6 keine aktive Arthritis keine persistierende BSG-/CRP-Erhöhung erhaltene körperliche Funktionen mit einem HAQ-DI (Health Assessment Questionnaire-Disability Index) ≤0,5 keine hohe kumulative Krankheitsaktivität keine aktuelle Einnahme von Glucokortikoiden (GC) und keine hohe GC-Kumulativdosis. RA-Patientinnen und -Patienten, bei denen diese Kriterien nicht zutreffen, werden in der allgemeinen Risikostratifizierung eine Kategorie höher eingestuft. Patienten mit Niedrig-Risiko-RA sind also wie die Normalbevölkerung zu behandeln, mit einem LDL-Ziel von mindestens <115 mg/dl, während für Menschen mit Hoch-Risiko-RA allein wegen der RA ein Wert <100 mg/dl anzustreben ist. basierend auf: Hollstein T: Gute Fette, schlechte Fette – Fettstoffwechsel und Management bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Session „Interdisziplinäre Rheumatologie meets Endokrinologie. Deutscher Rheumatologiekongress 2023, Leipzig, 2.9.2023. Alle Beiträge vom DGRh-Kongress 2023 finden Sie hier im Dossier zur Veranstaltung.

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