Warum sollten Urologen impfen?

Die Krone ärztlichen Handelns besteht unzweifelhaft in der primären Prävention, der Verhinderung behandlungsbedürftiger Erkrankungen – also vor allen anderen der Impfung als der wirksamsten medizinischen Maßnahme überhaupt. Impfungen retten laut WHO das Leben von weltweit mehr als 3 Millionen Menschen jährlich und schützen weitere Millionen vor Krankheit und lebenslanger Behinderung (Schätzung der WHO von 2009). Sie können den Ausbruch von Krankheiten verhindern und sind dabei in der Regel gut verträglich. Ziel einer Impfung ist es, den Empfänger vor einer ansteckenden Krankheit zu schützen. Impfstoffe gibt es mittlerweile gegen 27 Krankheiten. Die Impfung ist damit der bedeutsamste Teil primärer Prävention innerhalb des allgemeinen Infektionsschutzes. Noch im zwanzigsten Jahrhundert kam es bis zur Eradikation der Pocken 1977 zu weltweit geschätzten 375 Millionen Todesfällen, weitere inzwischen durch Impfung kaum noch auftretende Infektionskrankheiten forderten in den USA im zwanzigsten Jahrhundert noch 39 Millionen Menschenleben. Es wird geschätzt, dass weiterhin jährlich 1,5 Millionen Kinder (drei pro Minute) an durch Impfung verhinderbaren Infektionen sterben. Durch die demographische Verteilung urologischer Patienten vom Baby bis zum Senior besteht gleichsam die Chance, die in Deutschland exorbitant niedrige Impfquote für alle Infektionen signifikant zu steigern, neben der Jungsimpfung gegen HPV auch z. B. für Herpes zoster, Pneumokokken und Influenza bei Patienten jenseits des 50. Lebensjahres. Dazu bedarf es einer fachübergreifenden Kooperation – impfen sollte für Urologen genauso selbstverständlich werden wie sonographieren und cystoskopieren. Die sexuell übertragbaren Humanen Papillom Viren verursachen in Deutschland jährlich 2000 Todesfälle an Gebärmutterhalskrebs, Analkrebs und Mund-/Rachenkarzinomen sowie bei 160 000 Menschen Genitalwarzen. Seit Januar 2019 ist die HPV-Impfung auch für Jungen Leistung der GKV. Durch eine konsequente Jungenimpfung besteht die Chance, die Impfquote auf 80% zu steigern und damit die HPV-assoziierten Erkrankungen zu eliminieren. Ein Argument für die alleinige Impfung der Mädchen war bisher immer, auf diese Weise die HPV-Last bei sexuell aktiven jungen Frauen so stark abzusenken, dass sich junge Männer als Sexualpartner der geimpften Frauen ebenfalls nicht mehr anstecken können. Dieser Gemeinschaftsschutz funktioniert allerdings nur, wenn über die HPV-Impfung mehr als 85 % der jungen Mädchen erfasst würden – aktuell sind die Mädchen nur zu 40% geimpft. Da der Penis Haupt-Transmitter für HPV ist, ist der Verzicht auf die Jungenimpfung fahrlässig. Die HPV-Impfung ist sicher: Die Nebenwirkungen bei inzwischen über 360 Millionen Impfungen weltweit liegen im Bereich aller anderen Impfungen – und damit besteht eindeutig eine positive Nutzen-Risiko-Relation. Mit der Jungensprechstunde haben die Urologen eine Struktur geschaffen, um – in Ergänzung zu den Kinder-, Allgemeinärzten und Gynäkologen – den Jungs analog der Mädchensprechstunde die Chance zu bieten, sich effektiv und nachhaltig vor den HPV-assoziierten Erkrankungen zu schützen und gleichzeitig die Übertragung auf Frauen und Männer zu verhindern. Alle Jungs und Mädchen sollten primär zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr mit einer 2-fach-Dosis oder bis zum 18. Lebensjahr mit einer 3-fach-Dosis geimpft werden. Fazit Mit der HPV-Impfung ersparen wir 100 000 Frauen pro Jahr eine Konisation und retten 1500 Frauen das Leben! Verzichten wir nicht auf den Schutz einer Hälfte der Betroffenen! Schützen wir unabhängig von sexueller Orientierung! Sorgen wir durch aktive Aufklärung für ein flächen- und altersdeckendes Impf-Angebot für Jungs zwischen 9 und 18 Jahren, damit sie und ihre Partnerinnen und Partner vor HPV-assoziierten gut- und bösartigen Erkrankungen geschützt sind! Nutzen Sie das Angebot von Impfkursen, um neben dem Wissens- Update auch die GKV-Abrechnungsvoraussetzungen zu gewährleisten! aus: Kongresszeitung zum 71. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 18.–21.9.2019, Hamburg Empfehlung der Redaktion Der DGU-Kongress 2019 – alle Highlights Als Kongressmotto der 71. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie standen die vier Worte „Mensch, Maschine, Medizin“ und „Wirtschaft“. Alle Highlights zum Kongress finden Sie hier im Dossier.

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