Neuer Biomarker verbessert die Hodenkrebs-Diagnostik

Lange wurde nach neuen Markern gesucht, die das Aufspüren von Hodenkrebs erleichtern. Nun ist mit M371 ein solcher gefunden. Das wird die Therapie junger Männer mit Hodentumoren verändern, betonen Urologen. M371 kommt derzeit in die klinische Anwendung. Bei Verdacht auf einen Hodentumor sollen laut derzeitiger Leitlinie die Tumormarker beta-HCG, AFP und LDH bestimmt werden. Das Problem in der Praxis ist, dass weniger als 50 Prozent aller Patienten eine dieser Markererhöhungen aufweisen. Selbst wenn sie kombiniert werden, liegt die Positivrate bei 60 Prozent. Seit vielen Jahren wird daher nach neuen Markern gesucht. Und man ist fündig geworden. Die microRNA-371-a-3p (M371) lässt sich bei 90 Prozent der Patienten mit Hodentumoren im Serum feststellen. Die Spezifität liege bei 94 Prozent, erklärte Professor Klaus-Peter Dieckmann aus Hamburg, der an der Erforschung des Markers beteiligt war, beim DGU-Kongress in Stuttgart. Wermutstropfen Teratom MicroRNAs sind kleine Nukleinsäuremoleküle, die sich an bestimmte Abschnitte der Messenger-RNA (mRNA) begeben und auf diese Weise die Proteinbiosynthese modifizieren. M371 findet sich in Hodentumoren und wird ins Blut abgegeben, wo der Marker per Liquid Biopsy detektiert werden kann. Empfehlung der Redaktion Themenseite Hodentumoren Hodentumoren sind zwar gemessen an allen Krebserkrankungen eine eher seltenere Entität, doch bei Männern im jüngeren Lebensalter zählen sie zu den häufigsten Tumoren. Berichte zu Diagnostik und Therapie von Hodentumoren lesen Sie auf dieser Seite. Die medianen Serumspiegel korrelierten in klinischen Studien mit der Tumormasse und damit dem Erkrankungsstadium. Dieckmann geht davon aus, dass der Biomarker bei der Detektion sehr kleiner Hodentumoren sowie in der Differenzialdiagnose unklarer Hodenbefunde wertvoll sein kann. Die sehr unterschiedlichen histologischen Ausprägungen von Hodentumoren bilden sich in gewisser Weise auch in der Expression von M371 ab, einziger Wermutstropfen: Bei Teratomen ist die Konzentration nicht oder kaum erhöht. Da die Halbwertszeit des Markers sehr kurz ist, wird ein Therapieerfolg rasch angezeigt, etwa nach Orchiektomie sowie bereits nach dem ersten Zyklus einer Chemotherapie. „Das legt die Vermutung nahe, dass wir im Stadium 2 der Erkrankung weniger Chemotherapie brauchen, als wir bisher anwenden“, sagte Dieckmann. Testkit ist bereits erhältlich Dies müsse in Studien geprüft werden. Kommt es zu einem Tumorrezidiv, ist M371 mit über 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls erhöht. Das unterstreicht die Bedeutung des Markers in der Nachsorge, gerade auch mit Blick auf bisher notwendige häufige, teure und strahlenbelastete Bildgebungsverfahren (Computertomografie). Residualtumorzellen nach Chemotherapie werden ebenfalls angezeigt. Nach Diekmanns Angaben steht die Kommerzialisierung des Tests unmittelbar bevor: Ein Testkit sei bereits erhältlich, ein Labor in Deutschland und eines in Tschechien haben den standardisierten PCR-Test bereits implementiert. In Deutschland erkranken pro Jahr 4100 Männer an Hodentumoren, meist zwischen dem 20. und 44. Lebensjahr. Zu 93 Prozent handelt es sich um Keimzelltumoren. Quelle: Beitrag der Ärzte Zeitung zum 73. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 15.–18.9.2021, Stuttgart Empfehlung der Redaktion Der DGU-Kongress 2021 – alle Highlights Die 73. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie macht mit dem Motto "Eurologie" darauf aufmerksam, wie wichtig die Vernetzung in der medizinischen Versorgung, Ausbildung und Wissenschaft mit den europäischen Nachbarn ist. Highlights zum Kongress finden Sie hier im Dossier.

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