Das empfiehlt die S2k-Leitlinie zu Enuresis bei Kindern

Erst letztes Jahr wurde die S2k-Leitlinie zu Enuresis bei Kindern aktualisiert. Neu dabei: Die Bladder and Bowel-Dysfunction (BBD). Im Jahre 2021 wurde die S2k-Leitlinie „Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen“ überarbeitet und auf den neuesten Stand der Wissenschaft gebracht. Die konsequente Bearbeitung dieser Leitlinie in den letzten Jahren zeigt einerseits die große Relevanz im Alltag, andererseits den fortschreitenden Erkenntnisgewinn über die Komplexität der Störungen einer funktionellen Kindlichen Harninkontinenz am Tag und der Enuresis in der Nacht. Nach Definition der ICCS sprechen wir bei einer intermittierenden Harninkontinenz (also ohne organische Ursache) bei Kindern im Alter von mindestens 5,0 Jahren: am Tag von funktioneller kindlicher Harninkontinenz, in der Nacht von Enuresis oder Enuresis nocturna. Dabei ist zu beachten, dass erst ab einer Frequenz von 1 x Einnässen pro Monat über mindesten 3 Monate von einer Störung gesprochen werden soll. War das Kind nie länger als 6 Monate am Stück trocken, dann liegt ein primäres Einnässen vor. Bei der Enuresis unterscheidet die Leitlinie dann noch in eine monosymptomatische Enuresis oder eine non-monosymptomatische Enuresis, d.h. es liegen Zeichen einer zusätzlichen funktionellen Blasendysfunktion vor. Beispiele hierfür sind die OAB, der Miktionsaufschub, die dyskoordinierte Miktion (DSD) oder die unteraktive Blase. Auf komorbide Störungen achten! Zudem ist in der Diagnostik und Therapie das Erkennen komorbider Störungen, z.B. einer Obstipationsneigung oder eines ADHS wichtig. In der aktualisierten Fassung der Leitlinie wird auf die Bedeutung der Assoziation von Blase- und Darmentleerungsstörungen hingewiesen. Diese soll dann als Bladder and Bowel-Dysfunction (BBD) bezeichnet werden. Die Prävalenz der Enuresis im Alter von 7 Jahren beträgt ca. 10%, wobei Jungen doppelt so häufig betroffen sind. Nach Angaben der Leitlinie liegt beim überwiegenden Teil der Kinder eine monosymptomatische Enuresis vor. Die Spontanheilungsrate liegt bei 15% im Jahr. In der Basisdiagnostik spielen neben der Anamnese, der Urin- und der eingehenden körperlichen Untersuchung vor allem auch Fragebögen und Protokolle eine wegweisende Rolle. „Pipiprotokolle“ über mindestens 48 Stunden und Tagebücher über 14 Tage (inklusive z.B. Bristol-Stuhl-Skala) sind hier vorrangig zu nennen. Eine Ultraschalluntersuchung der Nieren und ableitenden Harnwege auf Anomalien, die Bestimmung des Blasenvolumens und der Blasenwanddicke und der Rektumweite (quer im suprapubischen Querschnitt) ist ebenso erforderlich. Ab einer Rektumweite von 3–3,5cm kann vor einer Stuhlretention gesprochen werden. Normwerttabellen der wichtigsten Parameter helfen bei der Interpretation der Befunde. Zur erweiterten Basisuntersuchung zählen dann die Restharnsonographie und der Uro-Flow-EMG. Spezielle diagnostische Maßnahmen, wie z.B. das MCU, die KM-Sonographie oder die Zystometrie sind vor allem zum Nachweis organischer Störungen wichtig. In der Therapie sollen zunächst komorbide Störungen behandelt werden. Im Anschluss ist auf die weitere Reihenfolge der Therapie zu achten: zunächst Therapie der Tagesproblematik, dann der Enuresis. Als Basis der Therapie aller Inkontinenz- und Enuresisformen dient die Standard-Urotherapie mit Entmystifizerung. Welche Therapieoptionen es gibt Bei der Enuresis ist die apparative Verhaltenstherapie das Mittel der ersten Wahl. Alternativ kann eine medikamentöse Therapie mit Desmopressin angeboten werden. Bei der Therapie der überaktiven Blase werden Anticholinergika nach Versagen der Urotherapie eingesetzt. Hier ist nach der neuen Leitlinie Propiverin das Mittel der ersten Wahl. Als neue Alternative gewinnt die elektrische Nervenstimulation zunehmend an Bedeutung. Diese wird transkutan (TENS) appliziert. Bei nachgewiesener Dyskoordination ist das Biofeedbacktraining bei guter Motivationslage der Familie erfolgversprechend. Eine stationäre Kontinenztherapie, Gruppentherapie, Botulinustoxininjektionen etc. sind bei Therapieversagen möglich. Insgesamt sind die enge Betreuung der Familien in der Sprechstunde, die richtige Einordnung der Beschwerden und der einfühlsame Umgang mit dem Kind die wichtigsten Schlüssel zum Erfolg. Quelle: Kongressausgabe der Ärzte Zeitung zum 74. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU), 21.–24.9.2022, Hamburg Empfehlung der Redaktion Der DGU-Kongress 2022 – alle Highlights Die 74. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie fand unter dem Motto "Gemeinsam Zukunft Gestalten" als Präsenzkongress in Hamburg statt. Diskutiert wurde zum Beispiel, wie es sich mit Dauerkatheter lebt, warum eine asymptomatische Bakteriospermie einen Kinderwunsch vereiteln kann oder welche Entwicklungen in der rekonstruktiven Urologie vielversprechend sind.

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