Erhöhte Hypo-Gefahr bei entzündlicher Darmerkrankung

Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes erkranken überdurchschnittlich häufig an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Bei dieser Komorbidität ist trotz häufiger Kortisontherapie verstärkt mit schweren Unterzuckerungen zu rechnen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Inzidenz von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) ist bei unter 18-Jährigen zwar sehr niedrig, in Deutschland wie in anderen Ländern aber seit Jahrzehnten steigend. Ein erhöhtes Risiko, dass gastrointestinale Symptome durch eine CED ausgelöst sind, besteht einer deutsch-österreichischen Studie zufolge bei Kindern und Jugendlichen mit einem Typ-1-Diabetes. Daten von mehr als 65.000 unter 18-jährigen Typ-1-Patienten zeigen außerdem, dass die Komorbität Einfluss auf das Auftreten von Stoffwechselkomplikationen nimmt: Schwere Hypoglykämien ereignen sich etwa doppelt so oft wie bei Typ-1-Diabetikern ohne CED. CED-Prävalenz verdreifacht Den Zusammenhang haben Forscher um Hildegard Jasser-Nitsche von der Medizinischen Universität Graz mit Hilfe des prospektiven DPV-Registers analysiert; in das Register speisen über 400 Diabeteszentren aus Deutschland und Österreich regelmäßig Patientendaten ein. Zwischen 1995 und 2015 waren von den über 400.000 erfassten Typ-1-Diabetikern 65.147 höchstens 18 Jahre alt. Bei 63 Kindern war zusätzlich eine CED-Diagnose dokumentiert: 33 litten an Colitis ulcerosa, 26 an Morbus Crohn und 4 an Colitis indeterminata. Das entspricht einer CED-Prävalenz von 0,1%. Verglichen mit der gleichaltrigen Bevölkerung in Sachsen haben Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes damit ein gut dreimal so hohes Risiko, an einer CED zu erkranken. Das Risiko für eine Colitis ulcerosa ist nach diesen Zahlen sogar fast fünfmal so hoch wie im Durchschnitt. Mehr Steroide, aber auch mehr schwere Hypoglykämien Wurden Alter, Geschlecht und Diabetesdauer berücksichtigt, dann hatten Diabetespatienten mit und ohne CED eine vergleichbare Blutzuckerkontrolle (HbA1c 8,16% vs. 8,26%) und einen ähnlichen Insulinbedarf (0,90 vs. 0,86 U/kg KG pro Tag). Die Kinder mit CED hatten jedoch einen signifikant niedrigeren BMI-Standard-Deviation-Score (BMI-SDS 0,15 vs. 0,27). Ein weiterer zu erwartender Unterschied betraf den Anteil der Patienten, die zumindest zeitweise ein Kortikosteroid erhielten; er lag bei 22% in der CED- und 1% in der Vergleichsgruppe. Da Kortikosteroide die Glukoseaufnahme in die Muskulatur reduzieren und auch Glukoneogenese und Lipolyse stimulieren, war ein weiterer Unterschied zwischen den Gruppen eher überraschend: Statistisch gesehen ereigneten sich bei den Patienten mit CED 0,33 schwere Hypoglykämien pro Jahr, bei denen ohne CED waren es nur 0,16. Bei der Häufigkeit von diabetischen Ketoazidosen gab es dagegen keinen Unterschied. "Bei verdächtigen Symptomen auf CED untersuchen!" Jasser-Nitsche und ihre Kollegen vermuten, dass eine mit der chronischen Entzündung der Darmschleimhaut einhergehende Malabsorption und Malnutrition die Ursache für das trotz Steroiden erhöhte Unterzuckerungsrisiko der CED-Patienten ist. Sie raten bei Kindern mit Typ-1-Diabetes zu erhöhter Aufmerksamkeit gegenüber einer CED und zu einem entsprechenden Screening im Fall gastrointestinaler Beschwerden, und zwar mit Hilfe des fäkalen Calprotectins. Das Ziel sei, durch eine frühe Diagnose und konsequente Behandlung unerwünschte Ereignisse wie Entzündung, Malabsorption und schwere Hypoglykämien zu vermeiden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie oft und mit welchen Konsequenzen leiden Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED)? Antwort: Die CED-Prävalenz ist mit 0,1% gut dreimal so hoch wie in der gleichaltrigen Bevölkerung. Obwohl die Patienten mit CED häufiger Steroide erhalten, haben sie mehr schwere Hypoglykämien als Patienten ohne CED. Bedeutung: Bei Kindern mit Typ-1-Diabetes und einschlägigen gastrointestinalen Symptomen sollte auch auf eine CED untersucht werden. Bei einer CED ist von einem erhöhten Risiko für schwere Hypoglykämien auszugehen.

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