Neuer Komplementhemmer stoppt NMOSD

Mit Ravulizumab dürfte ein weiterer Komplementhemmer die Therapie von Personen mit NMOSD erleichtern: In einer Phase-3-Studie wurden neue Schübe wirksam verhindert. Das Medikament muss statt zweiwöchentlich nur noch alle zwei Monate verabreicht werden. Zur Therapie gegen Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD) sind in den vergangenen Jahren drei monoklonale Antikörper mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zugelassen worden: Eculizumab verhindert die Aktivierung des Komplementsystems, Satralizumab richtet sich gegen Interleukin-6-Rezeptoren, die zur B-Zell-vermittelten Autoimmunreaktion benötigt werden, und Inebilizumab depletiert CD-19-positive B-Zellen. Alle drei Medikamente konnten in den Zulassungsstudien neue Schübe bei NMOSD-Kranken wirksam verhindern, unter Eculizumab gelang in der Phase-3-Studie PREVENT sogar eine Schubreduktion von 94% im Vergleich zu Placebo. Ein Nachteil des Komplementblockers ist jedoch die kurze Halbwertszeit, daher ist eine Infusion alle zwei Wochen nötig – für die Betroffenen eine erhebliche Belastung. Basierend auf Eculizumab wurde inzwischen mit Ravulizumab ein weiterer C5-Hemmer mit einer deutlich längeren Halbwertszeit entwickelt und für Indikationen wie paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) und atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (aHUS) zugelassen. Der Hersteller Alexion hat den Antikörper in einer kleinen Phase-3-Studie nun auch gegen NMOSD geprüft. Das Medikament wird in der Erhaltungstherapie nur noch all acht Wochen infundiert. Ravulizumab bindet an dasselbe Komplement-C5-Epitop wie Eculizumab und blockiert auf diese Weise die Spaltung von C5, damit fehlt das Fragment C5b zur Bildung eines Membranangriffskomplexes (MAC). Auf dem Kongress der europäischen Neurologengesellschaft EAN stellte Professor Friedemann Paul vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin die Resultate der Studie CHAMPION-NMOSD mit Ravulizumab vor. Teilnehmer waren 58 Personen mit NMOSD (90% Frauen), alle zeigten Antikörper gegen Aquaporin 4. Das mittlere Alter lag bei 47 Jahren, im Durchschnitt hatten die Betroffenen vor Therapiebeginn knapp zwei Schübe im Jahr. Keine neuen Schübe im Laufe von 73 Wochen Alle bekamen 2400–3000 mg des Antikörpers am ersten Tag, dann gewichtsabhängig 3000–3600 mg an Tag 15 sowie im Anschluss alle acht Wochen. Verglichen wurde mit der Placebogruppe aus PREVENT, eine direkte Placebovergleichsgruppe sei aus ethischen Gründen nicht vertretbar gewesen, da es schon mehrere zugelassene Therapieoptionen gebe, so Paul. Zudem seien das Studiendesign und die Einschlusskriterien beider Studien sehr ähnlich. Mit Ravulizumab wurden während einer medianen Nachbeobachtungsdauer von rund 74 Wochen keine neuen Schübe beobachtet, dagegen traten solche bei 20 von 47 NMOSD-Kranken in der externen Kontrollgruppe im Laufe von 36 Wochen auf. Paul geht daher für Ravulizumab von einer ähnlich guten Wirksamkeit wie für Eculizumab aus. Vergleichbar war auch das Nebenwirkungsspektrum: Beobachtet wurden primär Kopf-, Rücken- und Gelenkschmerzen (bei 10–25%). Ein Problem unter C5-Blockern sind mitunter Meningokokkeninfekte. Solche traten trotz vorheriger Impfung bei zwei Personen auf. Diese wurden aber unter einem speziellen Beobachtungsprogramm rasch erkannt und mit Antibiotika kontrolliert. Eine Person brach daraufhin die Therapie ab, die andere setzte sie nach der Infektion fort. Lassen sich nun Patientinnen und Patienten problemlos von Eculizumab auf Ravulizumab umstellen? Paul sieht keine Gründe, die dagegensprechen. Viele NMOSD-Kranke würden zudem auf eine solche Option warten. Da sie oft weite Wege in ein Therapiezentrum auf sich nehmen müssten, sei ein längeres Therapieintervall eine erhebliche Erleichterung. Empfehlung der Redaktion Berichte vom Kongress EAN 2022 – das Kongressdossier Im Dossier finden Sie unsere Highlights und Berichte vom 8. Kongress der European Academy of Neurology (EAN). Sie lesen zum Beispiel zu Parkinsonmutationen und der damit verbundenen Lebenserwartung, zum neuen Komplementhemmer bei NMOSD und erfahren, welche Forschungsergebnisse die Entstehung von Migräne mit Aura weiter entschlüsseln. Quelle: 8th Congress of the European Academy of Neurology (EAN). Wien und virtuell, 25-28.6.2022. Late Breaking News 1. Friedemann Paul. A phase 3 study of ravulizumab in adults with anti-aquaporin-4 antibody-positive neuromyelitis optica spectrum disorder.

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