Ein Bündel an Maßnahmen gegen diabetische Retinopathie

Alles beginnt mit der neuronalen Degeneration. Um die diabetische Retinopathie zu verlangsamen, steht schon jetzt ein ganzes Maßnahmenbündel zur Verfügung. Aktuell prüfen die Forscher Substanzen, die auf die neurovaskuläre Einheit als Target zielen. Das könnte der Start in eine neue Ära sein. Engmaschige Kontrolle von Blutzuckerspiegel und Blutdruck: Das ist die wichtigste Maßnahme um einer von vielen Patientinnen und Patienten gefürchteten diabetischen Retinopathie vorzubeugen. Schon länger haben klinische Untersuchungen und Beobachtungsstudien gezeigt, dass gerade der Blutdruck ein wichtiger modifizierbarer Risikofaktor ist, und entsprechend streng eingestellt werden sollte. In der UKPDS-Studie war, über ein mittleres Follow-up von 8,4 Jahren, das Risiko für eine diabetische Retinopathie niedriger, wenn der Blutdruck mit Zielwert <150/80 mmHg, streng eingestellt war, nämlich auf 144/82 mmHg gegenüber 154/87 mmHg. Dann war das Progressionsrisiko um 34% reduziert. Zudem gebe es eine, allerdings schwache, klinische Evidenz, dass ACE-Inhibitoren und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten zusätzliche günstige Effekte auf die Progression haben, unabhängig von ihren blutdrucksenkenden Eigenschaften. Entscheidend aber sei die Blutdrucksenkung. Bei allem sollte nicht vergessen werden, dass eine rasche Senkung des HbA1c-Werts ein Risikofaktor für eine rasche Verschlechterung der Retinopathie ist, so Andreea Ciudin, Barclona. Und sie mahnte zur Vorsicht. Was bringen Antidiabetika dem Auge? Schutz bieten der Retina auch Lebensstilinterventionen, darunter der Konsum von Fisch mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren und eine generell mediterrane Diät unter Verwendung von Olivenöl. Auch Vitamine, insbesondere Vitamin D, gehören dazu. Zudem kann regelmäßige körperliche Aktivität das Risiko einer diabetischen Retinopathie reduzieren. Aus Sicht von Ciudin ist eine Leitlinie oder ein Positionspapier der wissenschaftlichen Fachgesellschaften zu diesem Thema notwendig. Ob Antidiabetika, unabhängig von der Blutzuckersenkung, einen günstigen Effekt auf die Entstehung und Progression der diabetischen Retinopathie haben, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Hier fehlen entsprechende Studien. Das könnte sich ändern. Die Forschung hat die diabetische Retinopathie in den Fokus gerückt und das Wissen über die Details der Neurodegeneration als frühes Ereignis in der Pathogenese verbessert. Das erhöht die Chance auf neue Strategien in der frühen Diagnose und Therapie. Aktuell werden in experimentellen Untersuchungen verschiedene Mechanismen für die topische Therapie früher Stadien auf den Prüfstand gestellt, darunter die neuronale Apoptose sowie die vaskuläre Permeabilität. Zu den Kandidaten gehören neben Somatostatin, dem Nerve growth factor, Bosentan auch GLP-1-Agonisten und DPP4-Inhibitoren. Damit könnte eine neue Ära im Management der diabetischen Retinopathie beginnen. Ziel: Eine Intervention schon in sehr frühen Stadien, die als Target auf die neurovaskuläre Einheit (NVU) abzielt. basierend auf: Jahrestagung der EASD 2022, Stockholm 22. September 2022 “New Insights to prevention of microvascular complications” Alle Beiträge vom Kongress finden Sie im EASD 2022-Dossier.

Springer Medizin

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