PDE-5-Hemmer können auch ins Auge gehen

Fallberichte und Ergebnisse kleiner epidemiologischer Studien haben den Verdacht geschürt, dass mit der regelmäßigen Einnahme von Phosphodiesterase-5-Inhibitoren okuläre Nebenwirkungen assoziiert sein könnten. Das Risiko haben nun Forscher aus Kanada quantifiziert. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. In den USA zählen Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE5I), wie Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil und Avanafil, zu den meistverschriebenen Wirkstoffklassen. Im Jahr 2020 wurden pro Monat rund 20 Millionen Rezepte ausgestellt. Mit steigender Popularität der PDE5I werden zunehmend auch seltene Nebenwirkungen offenbar. So wird ein Zusammenhang zwischen PDE5I-Einnahme und seröser Netzhautablösung (SRD), retinalen Gefäßverschlüssen (RVO) und ischämischer Optikusneuropathie (ION) vermutet. Quantifiziert haben das Risiko nun Forscher aus Kanada im Rahmen einer Fall-Kontroll-Studie. Die Patientendaten stammten aus der privaten PharMetrics Plus-Datenbank, einer Datenbank mit gesundheitsbezogenen Informationen von mehr als 150 Millionen US-Amerikanern. Demnach waren zwischen 2006 und 2020 insgesamt 213.000 Männern die Wirkstoffe Sildenafil, Vardenafil, Tadalafil und Avanafil verschrieben worden. Eine der drei Augenerkrankungen war bei 1146 Personen diagnostiziert worden – SRD (n = 278), RVO (n = 628) und ION (n = 240). Jedem Erkrankten wurden vier gleichaltrige Personen gegenübergestellt, die zur selben Zeit in der Datenbank gelistet wurden und zu keiner Zeit PDE5I genutzt hatten. Risiko steigt dosisabhängig Die logistische Regressionsanalyse offenbarte, dass mit der PDE5I-Einnahme ein erhöhtes Risiko assoziiert war, eine der drei Augenerkrankungen zu entwickeln. Die Inzidenzrate lag bei PDE5I-Nutzern 85% über der von Nicht-Anwendern. Dabei waren so wichtige Faktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, kardiovaskuläre Vorerkrankungen, Rauchen sowie Schlafapnoe berücksichtigt worden. Empfehlung der Redaktion Themenseite Erektile Dysfunktion Diese Erkrankung belastet Männer sehr. Wenn sie Rat suchen, sind in der Regel Urologen die ersten Ansprechpartner. Tipps zum richtigen Umgang mit diesem heiklen Thema sowie alles zu Ursachen, Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion finden Sie auf dieser Themenseite. Bei der Einzelbetrachtung der Augenerkrankungen ergab sich für die seröse Netzhautablösung eine 2,5-fach höhere Inzidenzrate in der Gruppe der PDE5I-Nutzer im Vergleich zu den Nicht-Anwendern. Die ischämische Optikusneuropathie war doppelt so häufig diagnostiziert worden. Am geringsten – und ohne statistische Signifikanz – fiel der Unterschied mit 44% bei den RVO-Inzidenzraten aus. Dabei bestätigte sich in der Gesamt- wie auch in der Einzelanalyse ein dosisabhängiger Zusammenhang. Auf mögliche Visusverschlechterung hinweisen Mit der regelmäßigen Einnahme eines Phosphodiesterase-5-Hemmers steigt vor allem bei älteren Männern, das mittlere Alter lag bei 65 Jahren, das Gesamtrisiko für alle drei Augenerkrankungen, so das Resümee der kanadischen Wissenschaftler. Auch in der Einzelanalyse bestätigte sich dieser Zusammenhang, mit Einschränkungen bei der RVO. In Anbetracht der Daten sollte nach Meinung der kanadischen Wissenschaftler jeder Patient, der regelmäßig PED5I einnimmt, über mögliche okuläre Nebenwirkungen aufgeklärt und angewiesen werden, bei Visusverschlechterung augenärztlichen Rat einzuholen. Ähnlich beurteilen der Ophthalmologe Brian VanderBeek von der Universität in Pennsylvania und seine Kollegen die Ergebnisse, wenn auch, wie sie in ihrem Kommentar betonen, ein kausaler Zusammenhang nicht bewiesen ist. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft mögliche nicht berücksichtigte Störfaktoren und das damit verbundene Biasrisiko. Schließlich gebe es eine ganze Reihe von Faktoren, die die erektile Dysfunktion und die Augenerkrankungen gleichermaßen begünstigten. Speziell bei der Interpretation des RVO-Risikos mahnen die Kommentatoren daher zur Vorsicht, zum einen aufgrund der fehlenden statistischen Signifikanz, zum anderen aufgrund der wenig überzeugenden pathophysiologischen Rationale. Das Wichtigste in Kürze Fragen: Steigt bei regelmäßiger Einnahme von Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (PDE5I) das Risiko für Augenerkrankungen wie seröse Netzhautablösung (SRD), retinale Gefäßverschlüsse (RVO) und ischämische Optikusneuropathie (ION)? Antwort: Die Inzidenzrate aller drei Erkrankungen lag bei PDE5I-Anwendern 85% höher als bei Nicht-Anwendern. Um das Zwei- bzw. Zweieinhalbfache höher fiel das SRD- und ION-Risiko aus. Der Zusammenhang war dosisabhängig. Bedeutung: Bei der Verschreibung von PDE5I muss auf mögliche okuläre Nebenwirkungen hingewiesen werden. Einschränkung: Dokumentiert worden waren nur PED5I-Verschreibungen, nicht die tatsächliche Einnahme.

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