Fibromyalgie: Verhaltenstherapie dämpft "Katastrophisieren"

Eine kognitive Verhaltenstherapie kann die Schmerzinterferenz bei Fibromyalgie im Vergleich zur Psychoedukation deutlich reduzieren. Der Schlüssel zur Wirksamkeit ist offenbar ein vermindertes Katastrophisieren. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Therapie von Personen mit Fibromyalgie stellt Ärztinnen und Ärzte noch immer vor große Herausforderungen. Die besten Erfolge gab es in kontrollierten Studien zumeist mit nichtpharmakologischen Verfahren. Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) scheint sehr wirksam zu sein, berichten Forschende um Dr. Jeungchan Lee von der Harvard Medical School in Charlestown, USA. So könne die KVT Metaanalysen zufolge recht gut die Schmerzintensität, die dadurch verursachten Einschränkungen und emotionalen Stress bei Personen mit Fibromyalgie lindern. Wie genau die KVT wirkt, ist jedoch unklar. Ein Team um Lee hat nun anhand einer randomisiert-kontrollierten Studie Hinweise darauf gefunden, dass die KVT vor allem die Schmerzinterferenz und das Schmerzkatastrophisieren dämpft. Für die Studie konnten die Schmerzforschenden um Lee 114 Frauen (Durchschnittsalter 42 Jahre) mit Fibromyalgie gewinnen. Alle hatten seit mindestens sechs Monaten eine Fibromyalgiediagnose, im Mittel bestanden die Schmerzen bereits seit über zehn Jahren. Zwei Drittel der Frauen erhielten eine KVT mit acht Sitzungen über acht Wochen hinweg, wobei jede Sitzung 60–75 Minuten dauerte. Die Betroffenen sollten lernen, negative Gedanken zu identifizieren, zu bewerten und fehlangepasste schmerzbezogene Denkweisen wie Katastrophisieren zu korrigieren. Dazu konnten sie auf Techniken wie Entspannung, visuelle Vorstellung und Ablenkung zurückgreifen. Die Kontrollgruppe erhielt acht ähnlich lange Sitzungen zur Psychoedukation. Sie umfassten Informationen über chronische Schmerzen, zu Eigenschaften und vermuteten Ursachen von Fibromyalgie, aber kein aktives kognitives Training. Alltag weniger stark beeinträchtigt Als primären Endpunkt wählte das Team um Lee Unterschiede auf der maximal zehn Punkte umfassenden Interferenz-Subskala des „Brief Pain Iventory“ (BPI). Damit wird nach Auswirkungen des Schmerzes auf das tägliche Leben und Aktivitäten der Betroffenen gefragt, etwa Bewegungsfreiheit, Schlaf, Sport und Arbeit. Zu Beginn erreichte der Wert 5,9 Punkte in der KVT- sowie 4,9 Punkte in der Kontrollgruppe. Mit der KVT sank er im Studienverlauf im Schnitt um 1,3, mit Psychoedukation nur um 0,2 Punkte, die Differenz erwies sich als statistisch signifikant. An der Schmerzintensität hatte sich dagegen in beiden Gruppen wenig verändert, dagegen deuteten sich mit einem anderen Instrument unter der KVT weniger negative Auswirkungen der Fibromyalgie auf das Leben der Betroffenen an. Auch die „Pain Catastrophizing Scale“ (PCS) ergab in der KVT-Gruppe deutliche Vorteile. Sie dient als Maß für das Schmerzkatastrophisieren und erfasst mit 13 Fragen und maximal 52 Punkten übermäßig negative Gedanken und Befürchtungen bezüglich der Schmerzen in drei Kategorien: verstärktes Grübeln, Übertreibung der Schwere der Schmerzen und ein Gefühl der Hilflosigkeit. Zu Beginn wurden in der KVT-Gruppe rund 25 Punkte, in der Kontrollgruppe 22 Punkte erreicht. Nach acht Wochen Therapie waren die PCS-Werte jeweils um 8,7 und 4,6 Punkte gesunken – auch dies ein statistisch signifikanter Unterschied. Je stärker die PCS-Werte zurückgingen, umso mehr reduzierten sich auch die BPI-Werte sowie die Alltagseinschränkungen. Die allermeisten Teilnehmerinnen unterzogen sich auch einer fMRT-Untersuchung, um die Auswirkungen der beiden Therapien auf neuronale Netzwerke zu untersuchen, die beim Schmerzkatastrophisieren beteiligt sind. Dazu zählen vor allem das Default-Modus-Netzwerk – dieses ist für selbstbezogene kognitive Prozesse bedeutsam, das Salienz-Netzwerk, das den dynamischen Wechsel zwischen interozeptiven und exterozeptiven kognitiven Modi reguliert, sowie das Somatomotorik-Netzwerk, welches physische Reize und motorische Reaktionen verarbeitet. Zu Beginn registrierte das Team um Lee eine erhöhte funktionelle Konnektivität zwischen ventralem hinterem Cingulum, einer Schlüsselstruktur im Default-Modus-Netzwerk, sowie den Salienz- und Somatomotorik-Netzwerken. Diese Konnektivität verringerte sich in der Gruppe mit KVT im Vergleich zu der mit Psychoedukation deutlich. Dies könne den stärkeren Effekt der KVT auf das Katastrophisieren zumindest teilweise erklären, auch deute sich damit eine veränderte Selbstwahrnehmung an, so Lee und Mitarbeitende. Unterm Strich sprächen die Resultate dafür, bei Fibromyalgie vor allem das Schmerzkatastrophisieren in Angriff zu nehmen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was bewirkt eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT) bei Fibromyalgie? Antwort: In einer randomisiert-kontrollierten Studie wurden mit einer KVT die Schmerzinterferenz und die Auswirkungen auf den Alltag im Vergleich zu einer Psychoedukation zurückgedrängt. Dies schien vor allem an einem geringeren Schmerzkatastrophisieren zu liegen. Bedeutung: Bei der Fibromyalgie-Therapie könnte es sich lohnen, den Fokus auf das Katastrophisieren zu legen. Einschränkung: Relativ kleine Kontrollgruppe.

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Fibromyalgie: Verhaltenstherapie dämpft "Katastrophisieren"

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