Kinderwunsch bei Frauenpaaren: Der (lange) Weg zur Gleichberechtigung

Bis vor Kurzem war es in Deutschland nur heterosexuellen Paaren erlaubt, die Möglichkeiten der assistierten Reproduktionsmedizin zu nutzen. Inzwischen können auch gleichgeschlechtliche Frauenpaare von den Fortschritten der Reproduktionsmedizin profitieren. Ein Blick auf die aktuelle Situation. Während bei einer Heiminsemination Frauenpaare mit einem Kinderwunsch die Befruchtung selbst durchführen können, erfolgt diese bei der assistierten Reproduktion mit ärztlicher Hilfe. Im Gegensatz zur privaten Samenspende wird der Spender einer Samenbank auf Krankheiten untersucht und ein Spermiogramm durchgeführt. Im Rahmen einer Exklusivspende kann auch über eine Samenbank ein Spender aus dem Bekanntenkreis gewählt werden. „Dies ist jedoch mit deutlich höheren Kosten verbunden als bei einer privaten Samenspende“, so Dr. med. Susanne Theis von der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit in Mainz. Die rechtlichen Aspekte bei der Nutzung einer Samenbank werden im Samenspenderregistergesetz geregelt, welches den Spender unter anderem vor finanziellen Risiken schützt und eine Stiefkindadoption ohne Mitwirkung des Spenders ermöglicht. Umsetzung an der Uniklinik Mainz Theis schilderte auf dem diesjährigen FOKO, wie die Behandlung gleichgeschlechtlicher Frauenpaare in den letzten Jahren an der Universitätsmedizin Mainz etabliert wurde und welche rechtlichen Rahmenbedingungen sich dafür ändern mussten. Als das Samenspenderregistergesetz am 1.7.2018 in Kraft trat, galt noch die (Muster-)Richtlinie der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten Reproduktion von 2006. „Diese hat eindeutig gesagt, dass die assistierte Reproduktion nur bei Ehepaaren, und zwar bei Mann und Frau, durchgeführt werden darf“, erläuterte Theis die damalige Situation. In Ausnahmefällen war eine assistierte Reproduktion auch bei nicht verheirateten Paaren möglich, wenn sich der Arzt oder die Ärztin sicher waren, dass eine feste Partnerschaft besteht. Da sich die Berufsordnung in Rheinland-Pfalz zu jenem Zeitpunkt auf diese (Muster-)Richtlinie bezog, konnte in Mainz noch keine medizinisch assistierte Befruchtung für Frauenpaare angeboten werden. Im März 2021 ist Rheinland-Pfalz der Initiative zur „Hilfe und Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit“ des Bundesfamilienministeriums beigetreten. Das bedeutete, dass ein Anteil der Kosten von Bund und Land für die assistierte Reproduktion übernommen werden soll. Als erstes Bundesland habe Rheinland-Pfalz betont, dass dieses in Rheinland-Pfalz auch für gleichgeschlechtliche Frauenpaare gelte, so Theis. Schließlich änderte sich im Februar 2022 die Berufsordnung in Rheinland-Pfalz, die sich seither auf die aktuelle Fassung der (Muster-)Richtlinie der Bundesärztekammer bezieht. In dieser ist der limitierende Passus einer Behandlung von Mann und Frau nicht mehr enthalten, wodurch die Behandlung gleichgeschlechtlicher Frauenpaare in Mainz möglich wurde. „Bindend für den Arzt ist immer das Recht der jeweiligen Landesärztekammer“, erinnerte Theis. Einzelne Ärztekammern, wie zum Beispiel Hamburg, erlauben sogar ausdrücklich die assistierte Reproduktion bei Lebenspartnerinnen. Künftig weitere Vereinfachungen Die Umsetzung des Aktionsplans „Queer leben“, der im November 2022 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, soll die Akzeptanz und den Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt weiter fördern. Seine Umsetzung soll unter anderem die Elternschaftsanerkennung erleichtern oder die Förderfähigkeit der künstlichen Befruchtung verbessern. So soll die künstliche Befruchtung diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand, Geschlecht und sexueller Identität förderfähig sein. Empfehlung der Redaktion FOKO 2023 Fortbildungskongress des Berufsverbandes der Frauenärzte 2023 9.-11. März 2023 | Düsseldorf Wie muss Krebsnachsorge in Zeiten neuer Therapieansätze aussehen? Und wie können Frauenpaare bei der Realisierung des Kinderwunschs unterstützt werden? Diese unter andere aktuelle Fragen wurden auf dem Fortbildungskongress (FOKO) des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. 2023 diskutiert. Im Kongressdossier finden Sie die Highlights. Basierend auf: Vortrag „Kinderwunsch bei gleichgeschlechtlichen Paaren“ Dr. med. Susanne Theis, 11.3.2023, FOKO Fortbildungskongress des Berufsverbands der Frauenärzte 2023, Düsseldorf, 08.-11. März 2023

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