Wird die Fettleber in der Praxis häufig übersehen?

Nur in jedem vierten Fall wurde eine nichtalkoholische Fettleber (NAFLD) von US-Hausärzten korrekt erkannt. Die Studienautoren fordern eine verbesserte Diagnostik, die sich in erster Linie auf Bildgebung statt auf Laborwerte stützt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Obwohl der Verdacht auf eine Steatose der Leber häufig im Raum stand, wurde die konkrete Diagnose NAFLD nur in jedem vierten Fall bereits in der primärärztlichen Versorgung korrekt gestellt. Das ist das Ergebnis einer retrospektiven Studie aus den USA, die auf den Daten von 625 Patienten mit radiologisch nachgewiesener Fettleber beruht. „Fortgeschrittene Krankheitsbilder“ Für das Forscherteam um Dr. Ellen Nielsen von der Medical University of South Carolina sind die Ergebnisse ein Beleg für das „Ausmaß von Unterdiagnostik“ im Zusammenhang mit der NAFLD. Ärzte der Primärversorgung würden in relevantem Maß „fortgeschrittene Krankheitsbilder übersehen“, so Nielsen und ihre Kollegen. Das liege möglichweise daran, dass die Diagnostik häufig von Laborwerten („erhöhte“ Aminotransferasen) getriggert werde. Für diese würden jedoch teils sehr unterschiedliche Referenzwerte herangezogen, kritisieren die Autoren. Eine NAFLD könne außerdem durchaus schon bei „normalen Werten“ vorliegen. Die Studienteilnehmer waren häufig adipös (mittlerer BMI 32,4 kg/m2), fast die Hälfte hatte Diabetes, knapp 80% litten unter Bluthochdruck und rund zwei Drittel zeigten erhöhte Blutfettwerte. Obwohl in 80% der Fälle der Verdacht auf eine Fettleber in der Krankenakte erwähnt war, war die Diagnose NAFLD nur in 25% der Fälle gestellt worden. Patienten mit hohem Alkoholkonsum hatte man von der Studie ausgeschlossen. Bildgebung nicht nur bei erhöhten Leberwerten! Weder bei den Begleiterkrankungen noch hinsichtlich demografischer Daten gab es nennenswerte Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne NAFLD-Diagnose. Dafür hatten diejenigen mit entsprechendem Befund im Mittel deutlich höhere Werte bei bestimmten Leberenzymen (Aspartat- und Alanin-Aminotransferase). Bei Patienten mit NAFLD-Diagnose hatte man außerdem häufiger aufgrund von erhöhten Leberwerten eine Bildgebung angefordert. Wie riskant es ist, eine Fettlebererkrankung zu übersehen, zeigen die in beiden Gruppen etwa gleich hohen Werte im FIB-4 (Fibrosis-4-Index) und NFS (NAFLD-Fibrosis-Score), die eine fortgeschrittene Lebervernarbung anzeigen. Wie Nielsen et al. betonen, lagen die NFS-Werte bei 17% der nicht diagnostizierten NAFLD-Patienten im Hochrisikobereich. Bei Messung mit dem FIB-4 lag der Anteil mit hohem Risiko immerhin bei 9%. „Unsere Befunde zeigen, wie wichtig es ist, die NAFLD-Diagnostik in der Primärversorgung zu verbessern, insbesondere bei Patienten mit hohem Fibroserisiko“, so die Schlussfolgerung der Forscher. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie viele Patienten mit nachgewiesener hepatischer Steatose haben in der primärärztlichen Versorgung die Diagnose NAFLD erhalten? Antwort: Nur bei jedem vierten Patienten wurde die Diagnose korrekt gestellt. Dabei waren die Fibrose-Scores auch bei den Nichtdiagnostizierten in vielen Fällen hoch. Bedeutung: Die NAFLD wird in Praxen der Primärversorgung offenbar unterdiagnostiziert, zumindest in den USA. Einschränkung: Retrospektive US-Studie; unterschiedliche Scores zur Messung der Fibrose im Einsatz; Ergebnisse nicht ohne Weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragbar.

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