Empagliflozin – verbesserte Prognose bei chronischer Herzinsuffizienz

Empagliflozin, ein von Boehringer Ingelheim entwickelter, gemeinsam mit Lilly vermarkteter SGLT2-(Natrium-Glucose-Cotransporter-2)-Inhibitor, hat bei Erwachsenen mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz kardioprotektive Effekte. Die Rate kardiovaskulärer Ereignisse und Klinikeinweisungen wird gesenkt. >>Mehr zum Galenus-von-Pergamon-Preis Die Prognose von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz zu verbessern, ist angesichts der hohen Morbidität und Mortalität ein wichtiges Behandlungsziel. In Deutschland ist die Herzinsuffizienz der häufigste Grund für eine Krankenhausbehandlung, und die Mortalität ist höher als bei vielen Tumorerkrankungen. Empagliflozin beeinflusst über die Hemmung von SGLT2 in den Nieren die physiologischen Funktionen verschiedener Organe. Die Folge sind zahlreiche kardioprotektive Effekte. Boehringer Ingelheim × Eine neue Therapieoption in dieser Indikation ist der von Boehringer Ingelheim entwickelte und gemeinsam mit Lilly vermarktete SGLT2-Hemmer Empagliflozin (Jardiance®), der seit August 2014 bereits als Antidiabetikum zur Behandlung des Typ-2-Diabetes mellitus zugelassen ist. Seit Juni 2021 ist Empagliflozin in der Europäischen Union auch für Erwachsene mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion des linken Ventrikels (HFrEF) zugelassen, und im März 2022 wurde die Zulassung für Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) erweitert. Das bedeutet, dass Empagliflozin nun unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) bei Erwachsenen mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz angewendet werden kann. Die empfohlene Dosis beträgt einmal täglich 10 mg Empagliflozin. Mit Blick auf die Nierenfunktion wird empfohlen, den Wirkstoff bis zu einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) von 20 ml/min/1,73 m2 zu verabreichen. EMPEROR-Studienprogramm Die Wirksamkeit von Empagliflozin bei symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz ist in den beiden EMPEROR-Studien belegt worden. Dabei handelte es sich um zwei randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studien mit mehr als 9700 Betroffenen. Verglichen worden war die einmal tägliche Einnahme von 10 mg Empagliflozin oder Placebo, jeweils zusätzlich zur Standardtherapie. In der Studie EMPEROR-Reduced® bei Erwachsenen mit HFrEF (LVEF ≤ 40 Prozent) mit oder ohne Diabetes mellitus sank das relative Risiko für den kombinierten primären Endpunkt – kardiovaskulärer Tod oder Klinikeinweisungen aufgrund von Herzinsuffizienz – um 25 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Rate der Gesamthospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz nahm im Vergleich zu Placebo um 30 Prozent ab. Vergleichbar fielen die Effekte in der Studie EMPEROR-Preserved® bei Menschen mit LVEF > 40 Prozent mit oder ohne Diabetes mellitus aus, für die es bislang nur symptomatische Therapieoptionen gegeben hat: Das relative Risiko für kardiovaskulären Tod oder Klinikeinweisungen wegen Herzinsuffizienz (kombinierter primärer Endpunkt) sank um 21 Prozent und die Gesamthospitalisierungsrate um 27 Prozent. Zudem wurde eine signifikant verlangsamte Abnahme der Nierenfunktion in der Empagliflozin-Gruppe festgestellt (p < 0,0001). Eingeschlossen in diese Studie waren auch Menschen mit leichtgradig reduzierter Ejektionsfraktion (HFmrEF; LVEF: 41–49 Prozent). Damit ist Empagliflozin das erste Medikament, das sich bei Herzinsuffizienz über die gesamte LVEF-Bandbreite als klinisch wirksam erwiesen hat. Die Ergebnisse waren in allen präspezifizierten Subgruppen konsistent. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil in den EMPEROR-Studien stimmte mit den Resultaten vorangegangener Studien überein, insbesondere gab es keine relevante Zunahme von symptomatischen Hypotonien, Hypovolämien und Hypoglykämien. Nutzen bei chronischer Herzinsuffizienz Im Februar 2022 sind die Ergebnisse der doppelblinden, placebokontrollierten Studie EMPULSE bei 530 wegen chronischer Herzinsuffizienz hospitalisierten Menschen veröffentlicht worden. Es handelte sich entweder um De-novo-Ereignisse oder um Dekompensationen bei chronischer Herzinsuffizienz. Die Betroffenen waren, zusätzlich zur Standardtherapie, nach Stabilisierung randomisiert für bis zu 90 Tage mit Empagliflozin oder Placebo behandelt worden. Primärer Studienendpunkt war ein kombinierter Parameter aus Tod, Zahl der Herzinsuffizienz-Ereignisse und der Zeit bis zum ersten Herzinsuffizienz-Ereignis oder eine Veränderung der Lebensqualität, ermittelt durch eine Differenz um ≥ 5 Punkte KCCQ-TSS (Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire Total Symptom Score). Dabei schnitten die mit Empagliflozin Behandelten signifikant besser ab als die Kontrollgruppe (p < 0,0054). So starben im Placebo-Arm 8,3 Prozent, im Empagliflozin-Arm 4,2 Prozent. 14,7 Prozent der Patientinnen und Patienten im Placebo-Arm hatten mindestens ein klinisches Herzinsuffizienz-Ereignis, unter Empagliflozin waren es 10,6 Prozent. Der klinische Nutzen von Empagliflozin erwies sich als unabhängig davon, ob es sich um De-novo-Ereignisse oder Dekompensationen einer chronischen Herzinsuffizienz gehandelt hatte und ob ein Diabetes mellitus vorlag oder nicht. (ner) Empagliflozin löst kardioprotektive Wirkungen aus Empagliflozin hemmt reversibel und mit hoher Selektivität den Natrium-Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2), der in den Nieren stark exprimiert wird. Damit wird die Rückresorption von Glukose aus dem glomerulären Filtrat zurück in den Blutkreislauf reduziert, abhängig von der Blutglukose-Konzentration und der glomerulären Filtrationsrate. Empagliflozin hemmt nicht andere Glukosetransporter, die für den Glukosetransport in periphere Gewebe wichtig sind, und ist 5000-mal selektiver für SGLT2 als für SGLT1. Folge ist eine verstärkte Glukoseausscheidung im Urin. Die damit verbundene verstärkte Natriumausscheidung führt zur osmotischen Diurese und vermindert das intravaskuläre Volumen. Dies kann sich positiv auf verschiedene physiologische Funktionen auswirken. Es kommt unter anderem zur Senkung der Vor- und Nachlast des Herzens, zu einer reduzierten Sympathikusaktivität und verminderten linksventrikulären Wandspannung. Dies lässt sich mit erniedrigten NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide)-Werten, positiven Effekten auf das kardiale Remodeling, den Füllungsdruck und die diastolische Funktion belegen. Innovationen aus Familienhand Branche: Boehringer Ingelheim ist unter den 20 weltweit größten Arzneimittelherstellern (2021 Rang 17 nach Pharmaumsatz) der einzige nicht börsennotierte. Seit 1885 hält die Gründerfamilie das Steuer in der Hand. Neben verschreibungspflichtigen Originalen für die Humanmedizin werden Veterinärprodukte vermarktet sowie biotechnologische Auftragsfertigung für Industriekunden erbracht. Indikationsschwerpunkte im Pharmageschäft sind Krebs und Diabetes, Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und ZNS-Krankheiten sowie Autoimmunerkrankungen. An den beiden inländischen Standorten, Ingelheim und Biberach, sind rund 30 Prozent der globalen Belegschaft (52.000 Mitarbeiter) tätig. Umsatz und Gewinn: 2021 summierten sich die Konzerneinnahmen auf 20,6 Milliarden Euro, davon entfielen 15,3 Milliarden auf Humanpharmaka. In Deutschland wurden 1,9 Milliarden Euro erlöst. Nach Steuern werden 3,4 Milliarden Euro Gewinn ausgewiesen. F&E-Ausgaben: Mit 4,1 Milliarden Euro – oder fast 27 Prozent des Arzneimittelumsatzes – leistet sich Boehringer eine der höchsten F&E-Quoten unter den Großen der Branche. Pipeline: Stand Ende März 2022 berichtet das Unternehmen von 46 klinischen Entwicklungsprojekten sowie einem anhängigen Zulassungsantrag (bei der EMA) für den IL-36-Inhibitor Spesolimab mit Erstindikation Generalisierte Pustulöse Psoriasis (GPP). Weitere Indikationen für diesen Antikörper werden bereits in Phase II geprüft. In Phase III wird aktuell an zusätzlichen Anwendungen des SGLT2-Hemmers Empagliflozin gearbeitet sowie an dem Thrombosehemmer Alteplase für an COVID-19 Erkrankte mit akutem Lungenversagen. Ebenfalls in der fortgeschrittenen Phase III befindet sich „BI425809“, ein Inhibitor des Glycintransporters 1 (Gly-T1), der die kognitive und funktionale Kapazität bei Schizophrenie zu verbessern verspricht. (cw) Quelle: ÄrzteZeitung

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