Wie sinnvoll sind Selbstuntersuchungen der Hoden zur Krebsfrüherkennung?

Die Hoden abzutasten kann dabei helfen, Tumoren früher zu entdecken und besser zu behandeln. Trotzdem ist es kein internationaler Konsens, diese Maßnahme zu fördern. Eine Analyse berichtet über Vor- und Nachteile. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. „Eine regelmäßige Selbstuntersuchung der Hoden sollte insbesondere jungen Männern empfohlen werden, da sie zu einer frühzeitigen Diagnosestellung führen kann“, empfiehlt die deutsche Gesellschaft für Urologie in der Leitlinie zur Diagnostik von Keimzelltumoren des Hodens von 2020. Es gibt aber auch Leitlinien, die davon abraten, mit der Begründung, dass es kaum Belege für die Wirksamkeit gebe. Ein Forscherteam aus Singapur hat die aktuelle Studienlage dazu überprüft. Die Arbeitsgruppe um Dr. Ryan Chong von der National University of Singapore geht zwar ebenfalls davon aus, dass ein früheres Erkennen von Hodentumoren durch Eigenuntersuchungen die Prognose verbessern kann. Allerdings verweist sie auf mehrere internationale Leitlinien, in denen vor allem der Nutzen für Patienten mit einer Vorgeschichte von Hodenkrebs betont werde, während die Untersuchung bei gesunden jungen Männern umstritten sei. Maßnahme schadet nicht und verringert Sterberate Die Analyse bisheriger Studien ergab Vor- und Nachteile der Selbstuntersuchung. Dafür spricht die durch die verbesserte Früherkennung verringerte hodenkrebsbedingte Mortalität. Das Schadenspotenzial der Maßnahme sei minimal, während sie eine bessere Behandlung ermögliche, sodass sie „aus ethischer Sicht empfohlen werden sollte“, so Chong et al. Zudem handele es sich um eine kostengünstige Art der Vorsorge. Weitere Vorteile seien die hohe Sensitivität – 97% der Tumoren waren einer Studie zufolge tastbar – und höhere Heilungsraten durch frühere Erkennung. Empfehlung der Redaktion Themenseite Hodentumoren Hodentumoren sind zwar gemessen an allen Krebserkrankungen eine eher seltenere Entität, doch bei Männern im jüngeren Lebensalter zählen sie zu den häufigsten Tumoren. Berichte zu Diagnostik und Therapie von Hodentumoren lesen Sie auf dieser Seite. Falsch positive Ergebnisse können Ängste schüren Nachteile seien die hohe Prävalenz gutartiger skrotaler Erkrankungen, die dabei entdeckt würden, was zu Ängsten und unnötigen Arztbesuchen führen könne, genauso wie falsch positive Ergebnisse. Die Forschenden führen auch an, dass die Sterberate bei Hodentumoren ohnehin relativ gering sei, sodass ein Screening auch nur wenige Todesfälle verhindern könne. Gleichzeitig sei der durchschnittliche Gewinn von 50 Lebensjahren pro verhindertem Todesfall verglichen mit anderen Krebsarten hoch (Mammakarzinom: 13 Jahre, Zervixkarzinom: 22 Jahre), was wiederum ein starkes Argument für die Selbstuntersuchung sei. Zu den Nachteilen gehöre fehlende Evidenz hinsichtlich der Notwendigkeit und des Nutzens der Maßnahme. Wenig Evidenz trotz Vorteilen für die Prognose Die Leitlinie der European Association of Urology von 2021 weist darauf hin, dass es keine Studien mit hoher Evidenz zur Unterstützung von Screening-Programmen gebe. „Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass das Screening asymptomatischer Patienten einen Nutzen beim Erkennen von Hodenkrebs in einem heilbaren Stadium hat, obwohl gezeigt wurde, dass Stadium und Prognose in direktem Zusammenhang mit der Frühdiagnose stehen“, heißt es dort. Zudem wird darin empfohlen, „Patienten mit Hodenkrebs dazu zu ermutigen, eine Selbstuntersuchung durchzuführen, und männliche Verwandte ersten Grades über die Notwendigkeit dieser Maßnahme zu informieren“. Forscherteam sieht Nutzen bei Hochrisikopatienten Die Studienautoren um Chong kommen zu dem Schluss, dass eine Förderung von Selbstuntersuchungen insgesamt wenig Nutzen bringe, außer bei Hochrisikopatienten, die dadurch eine frühere und angemessenere Behandlung erhielten. „Bevor solide Empfehlungen ausgesprochen werden können, bedarf es mehr Klarheit über den Nutzen für den einzelnen Patienten und für das Gesundheitssystem sowie über die Kosteneffizienz von Selbstuntersuchungen“, lautet ihr Fazit. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie sinnvoll sind Selbstuntersuchungen der Hoden zur Früherkennung von Hodentumoren? Antwort: Die Studienautoren befürworten die Maßnahme bei Hochrisikopatienten und plädieren für mehr Daten, um den Nutzen bei gesunden Männern zu beurteilen. Bedeutung: Trotz wenig Evidenz zum Nutzen bei gesunden Männern steht die Prognose in direktem Zusammenhang mit einer frühen Diagnose. Einschränkung: Es handelt sich um eine nichtsystematische Überprüfung englischsprachiger Studien zur Selbstuntersuchung der Hoden.

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