Erschienen in:
03.08.2021 | Insomnie | Übersichten
Persönlichkeit und Insomnien
Zur Bedeutung von Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Perfektionismus und zu möglichen Implikationen für die Praxis
verfasst von:
Anna Küskens, Reinhard Pietrowsky, Annika Gieselmann
Erschienen in:
Somnologie
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Ausgabe 3/2021
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Zusammenfassung
Zu der Entwicklung von Insomnien tragen Persönlichkeitseigenschaften als Vulnerabilitätsfaktor bei. In diesem Zusammenhang scheinen insbesondere die Variablen Neurotizismus, geringe Gewissenhaftigkeit und Perfektionismus einen besonderen Stellenwert einzunehmen. Es wird angenommen, dass diese Persönlichkeitseigenschaften über zugrundeliegende Mechanismen und Bewältigungsstrategien das Risiko für Ein- und Durchschlafstörungen erhöhen. Zu diesen Mechanismen zählen Grübeln, Sich-Sorgen und dysfunktionale Überzeugungen zum Schlaf auf kognitiver Ebene sowie Schwierigkeiten in der Emotionsregulation auf emotionaler Ebene. Empirische Befunde deuten darauf hin, dass diese Faktoren Betroffene anfälliger für eine Übererregung vor dem Schlafengehen machen. Jedoch bleibt ungeklärt, inwieweit interindividuelle Unterschiede in der Persönlichkeit einen Einfluss auf die Effektivität der Behandlung mithilfe der kognitiven Verhaltenstherapie für Insomnien (KVT-I) haben. Basierend auf Erkenntnissen in diesem Bereich könnte die KVT‑I zukünftig jedoch stärker individualisiert werden. Bei hohem Neurotizismus könnte der Schwerpunkt auf einer Reduktion von Grübeln und Sich-Sorgen sowie einer Verbesserung der Emotionsregulation liegen. Bei geringer Gewissenhaftigkeit könnte der Schwerpunkt stärker auf Empfehlungen zur Schlafhygiene, wie das Einhalten regelmäßiger Schlafzeiten, liegen. Perfektionistische Patient*innen könnten dazu angeregt werden, einen Leistungsanspruch in Bezug auf das Schlafen zu hinterfragen. Weitere Forschung ist notwendig, um diese Hypothesen empirisch zu validieren.