Jede zweite Verdachtsdiagnose vom Facharzt nicht bestätigt

Verdachtsdiagnosen, mit denen Kinder mit anstrengungsinduzierten respiratorischen Symptomen (EIS) an einen Pneumologen überwiesen werden, bestätigen sich einer Studie der Universität Bern zufolge häufig nicht. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Atembeschwerden beim Toben und im Sportunterricht treten im Kindesalter häufig auf. Trotz vielfältiger möglicher Ursachen ähneln sich die anstrengungsinduzierten Symptome (EIS), was die korrekte Diagnose erschwert. Neben Asthma oder einer anstrengungsbedingten Bronchokonstriktion kommen zahlreiche weitere Störungen in Betracht, die sich bei Patienten mit dysfunktioneller Atmung nochmals in zwei große Gruppen unterteilen: extrathorakale funktionelle Atemstörungen wie die anstrengungsbedingte Verengung des Kehlkopfes (ILO), strukturelle wie Laryngomalazie oder Subglottisstenose sowie funktionelle thorakale Störungen wie Atemmusterstörungen, Hyperventilation und Seufzerdyspnoe. Die Situation wird noch dadurch kompliziert, dass auch mehrere Gründe gleichzeitig für die Atemprobleme vorliegen können. In einer Beobachtungsstudie haben Eva Pederson von der Universität Bern und Kollegen anhand von Daten der Swiss Paediatric Airway Cohort (SPAC) untersucht, wie häufig die Verdachtsdiagnose des Erstversorgers bzw. Kinderarztes mit den Diagnosen der Fachkollegen in den Lungenambulanzen von fünf Schweizer Kinderkliniken, an die die Kinder überwiesen wurden, übereinstimmten. Die Verdachtsdiagnosen auf dem Überweisungsschein lauteten: Asthma (59%), dysfunktionelle respiratorische Symptome (dysfunctional breathing, DB, 6%) oder EIS unbekannter Ätiologie (35%). In die Studie eingeschlossen wurden 214 Kinder im Alter von 2 bis 17 Jahren mit anstrengungsinduzierten respiratorischen Symptomen. Funktionelle Atemstörungen stark unterschätzt Die Lungenfachärzte stellten letztlich folgende Diagnosen: 54% Asthma, 16% extrathorakale DB, 10% thorakale DB, 11% Asthma plus DB, 5% mangelnde Fitness, 3% chronischer Husten und 1% weitere Diagnosen. 32 der 35 Kinder mit extrathorakaler DB litten unter einer ILO. Unter den 21 Patienten mit thorakaler DB wurde bei 16 eine Atemmusterstörung, bei zweien Hyperventilation und bei vier weiteren ein Seufzer-Tic festgestellt. In der Gruppe der 23 Patienten mit Asthma plus DB fanden sich 19 Kinder mit Asthma plus ILO und vier mit Asthma plus Atemmusterstörung. Bei mehr als jedem zweiten Kind (54%) unterschied sich die Diagnose der Spezialisten von der auf dem Überweisungsschein. Von den 126 Fällen mit Verdacht auf Asthma beispielsweise erhielten 37 Patienten letztlich eine andere Diagnose. Allerdings waren sich auch die Fachärzte häufig nicht ganz sicher, in 97 Befundberichten gaben sie nur eine vorläufige Verdachtsdiagnose an. Uneinheitliche Klinikdiagnostik In Anbetracht fehlender Leitlinien waren die Diagnoseverfahren der verschiedenen Kliniken recht unterschiedlich. Bei fast allen Patienten waren in der Lungenambulanz allerdings Spirometrie, Bodyplethysmografie und eine Messung des NO-Gehalts der ausgeatmeten Luft durchgeführt worden (FeNO) durchgeführt worden, bei jedem Dritten zusätzlich Belastungstests (exercise-challenge test), außerdem zuweilen Bronchospasmolysetests, Allergietests, Provokationstests und Lungen-Röntgen. Eine Laryngoskopie erfolgte bei keinem der Studienteilnehmer. Vor der Untersuchung in der Lungenambulanz waren 65% der Patienten mit einem Asthmaspray versorgt worden (30% kurzwirkende Beta-2-Sympathomimetika (SABA) nach Bedarf, 2% inhalative Kortikosteroide (ICS) und 33% SABA/ICS oder langwirkende Beta-2-Sympathomimetika (LABA) plus ICS). Nach der Konsultation beim Spezialisten erhielten die Kinder nur ICS ± SABA oder ICS + LABA, wenn bei ihnen Asthma oder Asthma plus DB diagnostiziert wurde. 50% der Patienten mit DB wurden an einen Physiotherapeuten für ein Atem- und Sprechtraining überwiesen. Das uneinheitliche Vorgehen der verschiedenen Spezialkliniken, so Pedersen und Kollegen, verdeutliche die Notwendigkeit zur Erfassung evidenzbasierter Daten, für diagnostische Leitlinien und ein einheitliches Management für Kinder mit anstrengungsbedingten respiratorischen Symptomen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig wird durch den Pneumologen die Erstdiagnose des Überweisenden bei Kindern mit anstrengungsinduzierten respiratorischen Symptomen nicht bestätigt und welche Auswirkungen hat das auf die Therapie? Antwort: Bei 54% der Kinder bestätigte sich nach der Untersuchung durch den Lungenfacharzt die Verdachtsdiagnose des Primärversorgers nicht. Bedeutung: Extrathorakale und thorakale DB wurden bei Kindern mit EIS häufig diagnostiziert, von den Primärversorgern aber selten vermutet. Eine stärkere Beachtung dieser Störung könnte zu schnelleren Überweisungen zum Fachkollegen und einer besseren Patientenversorgung beitragen. Einschränkung: In 45% der Facharztberichte war nur eine Verdachtsdiagnose angegeben, die sich durch weitere Untersuchungen verändern könnte.

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