So will Lauterbach die Krankenhauslandschaft umbauen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die Krankenhauslandschaft in Deutschland grundlegend umstrukturieren. Er spricht gar von einer notwendigen Revolution – und muss am Ende darauf hoffen, dass die Länder mitziehen. Das aber ist alles andere als ausgemacht. Der geplante Umbau der stationären Versorgung, kurz: Krankenhausreform, ist das Kernstück der gesundheitspolitischen Arbeit der aktuellen Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode. Seit vergangenem Freitag sind die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) persönlich zum gemeinsamen Projekt von Bund und Ländern aufgewertet worden. In enger, wechselseitiger Abstimmung soll bis zur Sommerpause des Parlaments ein zustimmungspflichtiges Gesetz entstehen. Der Minister spricht von einer „notwendigen Revolution“. Das theoretische Fundament für die Reform steht. 17 Experten haben es im ersten Jahr der Ampel-Koalition gegossen. Es besteht im Kern aus drei Hauptpunkten. Primat der Ökonomie brechen Zunächst sollen Pädiatrien und Geburtsstationen sowie die Notfallversorgung und weitere sensible Bereiche teilweise aus dem Fallpauschalensystem genommen werden. In der Kinder- und Jugendmedizin sollen bis zu 60 Prozent der Ausgaben durch Vorhaltepauschalen ersetzt werden können. Um Ärzte vom Mengendruck zu befreien, sollen auch in anderen Abteilungen Vorhaltebudgets von mindestens 40 Prozent vorgesehen werden. Ziel ist, diese sensiblen Bereiche in der Fläche erhalten zu können. Dem Marburger Bund geht dieser Ansatz nicht weit genug. Er fordert, die Fallpauschalen komplett aufzugeben. 60% des Fallpauschalenanteils in der Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin sowie in den Geburtsstationen sollen künftig durch Vorhaltepauschalen ersetzt werden können. Qualität steigern Die Krankenhausplanung soll nicht mehr nach Abteilungen, sondern nach Leistungsgruppen erfolgen. Die Kommission hat 128 Leistungsgruppen definiert. Um Herzinfarkte behandeln zu dürfen, soll es nicht mehr reichen, eine „Innere“ zu unterhalten. Es muss dann auch die kardiologische Expertise tatsächlich vorhanden sein. Gleiches gilt für onkologische Behandlungen, die verstärkt in Zentren erfolgen sollen. Je seltener Krankenhäuser bestimmte Krebsoperationen vornehmen, desto höher liegt das Risiko, in der Folge der Operation zu sterben, heißt es bei der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Für Gesundheitsminister Lauterbach ist dies schon aus ökonomischen Gründen unabdingbar. Im Fallpauschalensystem erhalte die Spitzenklinik für eine Operation die gleiche Summe wie das Krankenhaus, die eine solche Operation nur selten durchführe. Der Marburger Bund fordert, in die Planungen nicht die Zahl der rechnerisch vorhandenen Betten, sondern nur die der tatsächlich aufgrund der Personalsituation betreibbaren Betten einzubeziehen. Versorgungsstufen einziehen Krankenhäuser sollen in Grund-, Regel- und Maximalversorgung eingeteilt werden. Die Grundversorgung soll um eine ambulant-stationäre Versorgung mit Übernachtungsmöglichkeit ergänzt werden. Die Spitze der Versorgungspyramide soll die Universitätsmedizin darstellen. Sektoren verbinden Die drei Punkte sollen eng mit einer aufwachsend sektorenübergreifenden Versorgung verknüpft werden. Sichtbar wird dies bei der geplanten ambulant-stationären Versorgungsform, die auch von Pflegekräften geleitet werden können soll. Diese Versorgungsebene soll sektorenübergreifend in regionalen, paritätisch besetzten Gremien unter Beteiligung der Länder geplant werden. Die sektorübergreifende Integration dieser ambulanten Versorgungsform mit Akutpflegebetten mit niedergelassenen wird von der Regierungskommission ausdrücklich als erwünscht bezeichnet. Die Qualitätsorientierung hat Vorbilder in den Ländern. Nordrhein-Westfalen stellt die Krankenhausplanung künftig auf 64 Leistungsgruppen ab. Vergleichbare Konzepte sind in Niedersachsen und in Ansätzen auch in Baden-Württemberg aufs Gleis gesetzt. 5 Jahre mindestens nimmt sich Lauterbach Zeit für die Reform. Kritik kommt aus den Flächenländern. Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) pocht darauf, unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen zu berücksichtigen. Auch in dünn besiedelten Regionen müsse der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse gelten. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bezeichnet die Reformpläne als „zentral gesteuertes, quasi-planwirtschaftliches und hochtheoretisches System“, das bedarfsnotwendige Strukturen gefährde. Die Reform ist auf mindestens fünf Jahre angelegt. Quelle: Ärzte Zeitung

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