Neue Zweifel an PCI bei stabiler KHK ohne Symptome

Wenn ein chronisches Koronarsyndrom (CCS) keine Beschwerden macht, könnte eine PCI nicht nur nutzlos, sondern sogar schädlich sein. Darauf weist zumindest eine große Registerstudie hin, die den entscheidenden Beleg allerdings schuldig bleibt. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Laut Leitlinie soll auch bei asymptomatischen Patienten mit chronischem Koronarsyndrom (CCS) unter bestimmten Umständen eine Revaskularisation in Betracht gezogen werden, etwa bei einer Ischämie, die mehr als 10% des linken Ventrikels betrifft, oder bei hämodynamisch relevanten Läsionen (Lumeneinengung > 90% oder FFR ≤ 0,80 in Hauptgefäßen). Der Anteil dieser Patienten unter den PCI-Patienten nimmt seit Jahren zu. Der Nutzen der Revaskularisation bei fehlender Symptomatik ist jedoch weiterhin unklar. In der ISCHEMIA-Studie etwa waren CCS-Patienten durch eine zusätzliche Revaskularisation nicht besser vor kardiovaskulären Ereignissen geschützt als mit rein medikamentöser Therapie. Die Zweifel an einer Prognoseverbesserung werden auch durch eine neue Registerstudie aus Australien genährt. Danach haben asymptomatische CCS-Patienten in Zusammenhang mit einer PCI mehr Komplikationen als symptomatische Patienten und unabhängig von anderen Risikofaktoren sogar eine erhöhte Langzeitmortalität. Mehr Komplikationen, höhere Langzeitmortalität Von 11.730 Patienten, die zwischen 2005 und 2018 wegen eines CCS eine PCI erhielten, hatten 11,2% zum Zeitpunkt der Intervention weder pektanginöse Beschwerden noch Atemnot. Diese Patienten waren im Vergleich zu den symptomatischen Patienten älter und häufiger männlich und hatten öfter eine Dreigefäßerkrankung und mehr Begleiterkrankungen inklusive Diabetes, Nierenversagen und Herzinsuffizienz. Nach der PCI kam es bei ihnen signifikant öfter zu Herzinsuffizienz, Nierenschäden, kardiogenem Schock, Blutungen und In-Stent-Thrombosen. Auch die 30-Tages-Inzidenz von schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) und Todesfällen war höher als bei Patienten mit einschlägiger Symptomatik (6,8% vs. 3,0% bzw. 3,4% vs. 0,4%). Die Mortalität der asymptomatischen Patienten blieb langfristig erhöht: Innerhalb von median fünf Jahren starben 27,2% von ihnen, aber nur 18,0% der symptomatischen Patienten. Symptomfreiheit erwies sich als eigenständiger Prädiktor für eine erhöhte Langzeitmortalität: Unabhängig von Alter, Geschlecht und weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren lag das Risiko um 39% über der Gruppe mit Ischämiesymptomen. Liegt es wirklich an der PCI? Die schlechtere Prognose der symptomfreien Patienten nach PCI sei eine „Beobachtung von beträchtlicher Wichtigkeit, die unseres Wissens bisher so nicht berichtet wurde“, schreiben die Studienautor*innen um Anoop Koshy von Austin Health in Melbourne. Ein entscheidender Schwachpunkt der Studie ist allerdings, dass als Kontrollgruppe symptomatische PCI-Patienten herangezogen wurden und ein Vergleich mit beschwerdefreien Patienten ohne PCI fehlt. „Es ist schwierig herauszufinden, ob der Verzicht auf eine PCI bei potenziell dafür geeigneten asymptomatischen Patienten nicht sogar zu einer noch höheren Rate von MACE und Todesfällen geführt hätte“, räumt Koshy ein. Zudem lasse sich nicht sicher entscheiden, ob die Patienten wirklich keine Ischämiesymptome hatten oder nur aufgrund der hohen Komorbidität gar nicht in die Situation kamen, entsprechende Beschwerden zu erleben. Letztlich sieht das australische Studienteam die PCI für Patienten mit stummem CCS noch nicht als ausreichend gesichert an: „Das primäre Ziel der Revaskularisation bei CCS-Patienten bleibt die Linderung der Angina, für die Eignung der PCI in Abwesenheit von Symptomen ist eine Rechtfertigung nötig.“ Es seien daher weitere Studien nötig, um dieser wenig untersuchten Patientengruppe eine evidenzbasierte Versorgung zu ermöglichen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Beeinflusst der Symptomstatus von Patienten mit chronischem Koronarsyndrom (CCS) die Sicherheit und Langzeitprognose der PCI? Antwort: Asymptomatische Patienten haben mehr periprozedurale Komplikationen und, unabhängig von bekannten Risikofaktoren, eine höhere Fünf-Jahres-Mortalität. Bedeutung: Der Nutzen der PCI bei stummem CCS muss erst noch belegt werden. Einschränkung: Kein Vergleich mit asymptomatischen CCS-Patienten ohne PCI.

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