Skip to main content

2018 | Buch | 4. Auflage

Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 2

Psychologische Therapie bei Indikationen im Erwachsenenalter

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

In dieser komplett überarbeiteten Neuauflage werden sämtliche Störungen im Erwachsenenalter praxisrelevant und übersichtlich dargestellt.Der stringente Aufbau der einzelnen Kapitel dient der schnellen Orientierung im Text. Im Mittelpunkt stehen die allgemeine Darstellung der Störung, Modelle zu Ätiologie und Verlauf, Diagnostik, therapeutisches Vorgehen, Fallbeispiele, empirische Belege und weiterführende Literatur.Das Lehrbuch richtet sich vor allem an Studenten, Ausbildungskandidaten, Praktiker und Forscher aus den Bereichen Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie sowie deren Nachbardisziplinen.
Besonderen Wert legen Herausgeber und Autoren auf das konkrete therapeutische Vorgehen sowie die Verankerung der Therapieverfahren in der klinischen Grundlagenforschung. Um dem faszinierenden Gebiet der Verhaltenstherapie und ihrer Grundlagen gerecht zu werden, geht die Neuauflage deutlich über eine bloße Aktualisierung hinaus. Ziel ist ein praxisrelevantes Lehrbuch, das erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten ebenso wie Anfänger mit Genuss und Gewinn lesen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
29. Erratum
Jürgen Margraf, Silvia Schneider

Störungen des Erwachsenenalters

Frontmatter
1. Panikstörung und Agoraphobie
Zusammenfassung
Panikstörung und Agoraphobie sind ebenso häufige wie schwere Störungen. Neben der Entwicklung der Konfrontationstherapien hat seit den 1980er Jahren vor allem die zunehmende Berücksichtigung von Panikanfällen zu wesentlichen Fortschritten in Theorie und Therapie dieser Störungen geführt. Bei Patienten mit sog. spontanen Panikanfällen fungieren körperinterne Reize als Angstauslöser. Inzwischen liegen für diese Patienten kognitive Behandlungsprogramme vor, die gezielt an den störungsspezifischen Fehlinterpretationen ansetzen. Heute sind kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungen die Methode der Wahl für Panikstörung und Agoraphobie, wo sie bei ca. 80 % der behandelten Patienten zu stabilen Erfolgen führen. Das Kapitel schildert zunächst das Erscheinungsbild der Störungen und die ätiologischen Modelle, die den Behandlungen zugrunde liegen. Danach wird das konkrete Vorgehen bei der Behandlung von Panikanfällen und Agoraphobien dargestellt, bevor die Befunde zur empirischen Überprüfung kurz zusammengefasst werden. Diese zeigen übereinstimmend, dass die massierte Reizkonfrontation bei Agoraphobien und kognitiv-behaviorale Programme bei Panikstörung sich als außerordentlich wirksam erwiesen haben.
Jürgen Margraf, Silvia Schneider
2. Spezifische Phobien
Zusammenfassung
Das Kapitel »Spezifische Phobien« stellt zunächst die Phänomenologie der Störung, insbesondere die phobische Furchtreaktion, auf den unterschiedlichen Erlebensebenen ausführlich dar. Anschließend werden die veränderten Diagnosekriterien nach DSM-5 kritisch diskutiert und Empfehlungen für eine differenzierte Phobiediagnostik ausgesprochen. Nach einer Zusammenschau aktueller epidemiologischer Daten werden die unterschiedlichen Erwerbswege der Störung sowie intraindividuelle und externe Risikofaktoren beschrieben, welche die Störungsentwicklung begünstigen. Im zweiten Teil des Kapitels werden Bausteine der Behandlung vorgestellt und, exemplarisch am Fallbeispiel einer Spinnenphobiebehandlung, praktische Behandlungstipps gegeben. Das Kapitel schließt mit einer vergleichenden Wirksamkeitsbewertung unterschiedlicher Behandlungsstrategien und gibt einen Ausblick auf mögliche zukünftige Fragen und Perspektiven in der Phobieforschung und Therapie dieser Störung.
André Wannemüller
3. Soziale Phobie
Zusammenfassung
Eine soziale Phobie kann dann diagnostiziert werden, wenn Leistungs- oder interpersonelle Situationen so starke Angst auslösen, dass die Person darunter leidet und in ihrer Lebensführung deutlich eingeschränkt ist. Oft tritt diese psychische Störung zusätzlich zu anderen psychischen Störungen auf. Die Ängste äußern sich durch starke körperliche Anspannung, durch negative, selbst abwertende Gedanken sowie meist durch Vermeidungsverhalten. Im Kapitel werden die Symptomatik sowie ein psychologisches Störungsmodell und daraus abgeleitete Ansätze für die verhaltenstherapeutische Behandlung von Personen mit sozialen Phobien dargestellt.
Thomas Fydrich
4. Zwangsstörung
Zusammenfassung
Zwänge galten bis zur Entwicklung verhaltenstherapeutischer Ansätze in den 1960er Jahren lange Zeit als praktisch unbehandelbar. In diesem Kapitel werden Form und Inhalt aufdringlicher und beängstigender Zwangsgedanken sowie offene und verdeckte Zwangshandlungen zu deren Neutralisieren beschrieben. Aus einer kognitiv-behavioralen Theorie des Zwangssyndroms werden die Therapieprinzipien der Reizkonfrontation mit Reaktionsverhinderung als wichtigstem Behandlungselement abgeleitet. Das diagnostische Vorgehen, die Konfrontationsbehandlung, kognitive Techniken sowie mögliche Schwierigkeiten bei der Behandlung werden mit kurzen Fallbeispielen erläutert.
Paul M. Salkovskis, Andrea Ertle, Joan Kirk
5. Generalisierte Angststörung
Zusammenfassung
Die GAS ist eine häufige und sehr belastende Angststörung. Die Betroffenen leiden unter chronischer, anhaltender Angst, in deren Mittelpunkt ausgeprägte Sorgen stehen. Diese Sorgen sind ein wichtiger aufrechterhaltender Faktor der Störung, die der Emotionsregulation dienen. Neuere Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie eigens auf die GAS und ihre Bedingungsmodelle zugeschnitten werden. So wurden vor allem die Sorgen bzw. das Sorgenverhalten in das Zentrum der Behandlung gerückt. So wird ein eher verhaltenstherapeutisches konfrontatives Vorgehen vorgeschlagen, eine Kombination aus Konfrontation in sensu und in vivo. Aber auch die angewandte Entspannung ist erfolgreich in der Behandlung der GAS, oder achtsamkeitsbasierte Interventionen. Zum anderen gibt es Ansätze, die sich eher an der kognitiven Therapie orientieren, bei denen die Metakognitionen über die Sorgen im Mittelpunkt stehen. Voraussetzung für den Therapieerfolg ist eine gute Therapieplanung, die auch der hohen Komorbidität Rechnung trägt. Mit diesen verhaltenstherapeutischen Maßnahmen kann auch die chronische Störung der GAS erfolgreich und dauerhaft therapiert werden.
Eni Becker
6. Posttraumatische Belastungsstörungen
Zusammenfassung
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist durch das Persistieren traumabezogener Symptome in einer Vielzahl von Erlebensbereichen im Nachgang eines traumatischen Ereignisses gekennzeichnet. Potenziell traumatische Ereignisse sind dabei definiert über das Vorliegen einer unmittelbaren Bedrohung des eigenen Lebens oder der körperlichen Integrität. Der Anteil von Betroffenen, die in Folge eines solchen Ereignisses das Vollbild einer PTBS entwickeln, ist mit ca. 15–24% erheblich, sodass diese im klinischen Alltag von hoher Relevanz ist. Geringe Spontanremissionsraten (ca. 30%) und häufig chronische Verläufe verweisen zudem auf die Notwendigkeit einer umfassenden und effektiven Behandlung. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Symptomatik der PTBS, über kritische Entstehungsfaktoren und etablierte Behandlungsverfahren. Darüber hinaus wird auf aktuelle Erkenntnisse der Forschung bezüglich zugrundeliegender Prozesse und hinsichtlich neuer Therapieansätze hingewiesen.
Tanja Michael, Roxanne Sopp, Andreas Maercker
7. Depression
Zusammenfassung
Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Neben der Pharmakotherapie hat sich heute die kognitive Verhaltenstherapie als erfolgreiche Behandlung etabliert. Zahlreiche empirische Arbeiten belegen, dass kurzfristig die Verhaltenstherapie bei Depressionen der Pharmakotherapie vergleichbar, längerfristig (1–3 Jahre) der Pharmakotherapie überlegen ist. Unter kognitiver Verhaltenstherapie versteht man einen problemzentrierten, strukturierten, psychologischen Behandlungsansatz, der bezogen auf Depressionen folgende Schwerpunkte verfolgt: Überwindung der Inaktivität bzw. einseitigen, belastenden Aktivität; Verbesserung des Sozial-, Kommunikations- und Interaktionsverhaltens sowie der sozialen Kontaktstruktur; Erkennen, Überprüfen und Korrigieren dysfunktionaler Einstellungen und Überzeugungen; Aufbau eines Bewältigungs- und Problemlöserepertoires für zukünftige Krisen.
Martin Hautzinger
8. Bipolare Störungen
Zusammenfassung
Psychotherapie bei bipolaren Störungen war bis vor 20 Jahren ein Thema, das kaum Erwähnung fand. Dieses Kapitel versucht einleitend durch eine genaue Darstellung der Symptomatik und Diagnostik deutlich zu machen, wie bereits die Diagnosestellung in vielen Fällen durch falsche Annahmen behindert wird. Oft stehen Depressionen im Vordergrund und hypomane und manische Episoden werden übersehen. Das vorgestellte integrative ätiologische Modell sieht in einer Störung der Verhaltensaktivierung das Grundproblem bipolarer Störungen und verdeutlicht, welche Rolle persönliche Defizite und Ressourcen sowie Stress spielen. Störungsspezifische diagnostische Instrumente werden insbesondere im Hinblick auf die Therapie vorgestellt. Das konkrete Vorgehen bei einer Rezidivprophylaxe wird skizziert und auf typische Probleme eingegangen. Der Fokus dieses Kapitels liegt dabei auf manischen Zuständen. Die empirische Evidenz für die Wirksamkeit psychotherapeutischer Intervention wird vorgestellt und abschließend auch erwähnt, wo offene Fragen sind und was zu tun ist, um die Situation für die Betroffenen zu verbessern.
Thomas D. Meyer
9. Suizidalität
Zusammenfassung
Suizidalität ist eine häufige Komorbidität psychischer Erkrankungen. Todeswünschen und Suizidideen sollten Therapeuten immer nachgehen – die Abklärung suizidalen Erlebens und Verhaltens hat grundsätzlich Vorrang vor allen anderen therapeutischen Aufgaben. Therapeuten sollten sich hierbei als verlässliche Partner im Umgang mit der Krise anbieten und darauf abzielen, den Patienten zu einer (erneuten) Auseinandersetzung mit seinen Todeswünschen zu motivieren. Darüber hinaus sollten Interventionen und Rahmenbedingungen genutzt werden, die eine Kontrolle suizidaler Impulse ermöglichen bzw. sicherstellen. Die weitergehende Behandlung von Personen nach suizidalen Krisen sollte nicht ausschließlich mit Blick auf komorbide Erkrankungen ausgerichtet werden, sondern immer eine therapeutische Aufarbeitung suizidalen Erlebens und Verhaltens umfassen. Langfristige Kontaktangebote – über die Behandlung hinaus – scheinen suizidpräventiv bedeutsam zu sein.
Tobias Teismann
10. Schlaf-Wach-Störungen
Zusammenfassung
Schlaf-Wach-Störungen werden als zusammengehörige Einheit verstanden: Störungen des Schlafes führen in der Regel zu Funktionseinbußen am Tage und zu leistungsbezogenen Ängsten. Von der Vielzahl der spezifischen Schlafstörungen ist die Insomnie die häufigste und aus psychotherapeutischer Sicht von vorrangiger Bedeutung. Die Insomnie ist – so sie denn auch diagnostiziert worden ist – psychotherapeutisch gut und nachhaltig behandelbar.
Ernst Hermann, Rebecca Hermann, Daniel Gassmann
11. Krankheitsangststörung
Zusammenfassung
Die Krankheitsangststörung wird aus einer kognitiv-behavioralen Perspektive vorgestellt. Es wird beschrieben, wie durch selektive Aufmerksamkeit, Missinterpretationen von Informationen und körperlichen Veränderungen im Sinne von Bedrohung und daraus folgenden dysfunktionalen Bewältigungsversuchen ein sich aufrechterhaltender Kreislauf entsteht. Vor dem Hintergrund der besonderen Herausforderung, überhaupt eine Akzeptanz psychologischer Erklärungsansätze bei dieser Patientengruppe zu bewirken, werden aus dem Modell Interventionsmaßnahmen abgeleitet und beschrieben, wie z. B. die Veränderung der negativen Fehlinterpretationen oder die Reduktion der typischen Suche nach Rückversicherung. Die dargestellten therapeutischen Strategien werden anhand kurzer Fallbeispiele illustriert.
Paul M. Salkovskis, Andrea Ertle
12. Somatisierungsstörung und somatische Belastungsstörungen
Zusammenfassung
Somatisierungssyndrome stellen eine der größten Krankheitsgruppen im Gesundheitswesen dar. Mit dem Erkrankungsbild sind enorme Behandlungskosten verbunden, und die Symptome führen bei den Betroffenen zu deutlichen Einschränkungen der Lebensqualität. Folgeprobleme wie Depression oder Angsterkrankungen sind sehr häufig. Entgegen früheren skeptischen Erwartungen konnte zwischenzeitlich belegt werden, dass Somatisierungspatienten zu einem hohen Prozentsatz für psychotherapeutische Ansätze zu motivieren sind. Ziel der Therapie ist es, Körpermissempfindungen wieder als normales Phänomen des menschlichen Daseins bewerten zu können, um die Aufmerksamkeitsfokussierung auf körperliche Prozesse abzubauen, Schonverhalten zu reduzieren und ein adäquates Verhalten im Umgang mit körperlichen Erkrankungen zu entwickeln. Metaanalysen belegen die Wirksamkeit kognitiv-behavioraler Maßnahmen, auch wenn die Effektstärken im moderaten Bereich liegen.
Winfried Rief
13. Chronischer Schmerz
Zusammenfassung
Chronischer Schmerz zeigt eine hohe Prävalenz. Er verursacht extensive Krankheits- bzw. Sozialkosten. Chronischer Schmerz ist eine Störung, die in ihrer Erscheinungsweise von biomedizinischen, aber auch von kognitiv-emotionalen und behavioralen Faktoren bestimmt wird. Die medizinische Diagnostik ist dementsprechend um psychosoziale Methoden zu ergänzen, wie ihrerseits die schmerzmedizinische Behandlung um kognitiv-behaviorale Verfahren erweitert werden sollte. Multidisziplinär angelegte Behandlungsprogramme haben sich rein medizinischen Therapiestrategien als eher überlegen erwiesen. Da die Behandlung chronifizierter Störungen sehr aufwändig und schwierig ist und bei einer nicht unerheblichen Gruppe von Patienten erfolglos bleibt, sollten geeignete selektive und indikative Interventionsansätze zur Prävention chronifizierter Schmerzen in das Angebot des Gesundheitsversorgungssystems integriert werden.
Birgit Kröner-Herwig
14. Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Zusammenfassung
Bei der Essstörung Anorexia nervosa kommt es durch strenge Kalorienreduktion zu einem gravierenden Gewichtsverlust mit einer Vielzahl somatischer Symptome und Komplikationen. Typisch für das Essverhalten bei Bulimia nervosa sind häufige, unkontrollierbare Essanfälle, denen meist selbstinduziertes Erbrechen folgt. Das Störungsmodell berücksichtigt prädisponierende Faktoren, auslösende Ereignisse und Faktoren der Aufrechterhaltung. Therapeutisch wird bei Essstörungen in 2 Phasen interveniert: Kurzfristig soll bei der Anorexia nervosa durch Gewichtssteigerung, bei der Bulimia durch eine Reduktion von Essanfällen und die Herstellung von normalem Essverhalten eine möglichst rasche Rückbildung der biologischen Dysfunktionen erreicht werden. Langfristig müssen zu Grunde liegende Problembereiche und für das Essverhalten bedeutsame funktionale Beziehungen sowie komorbide Störungen bearbeitet werden. Für die Anorexia nervosa wird ein nach operanten Prinzipien aufgebautes mehrstufiges Programm zur Gewichtssteigerung beschrieben. Für die Bulimia nervosa eignet sich ein Ernährungsmanagement, das weitgehend auf Kontrakten zum täglichen Essverhalten basiert.
Reinhold Laessle
15. Binge-Eating-Störung
Zusammenfassung
Die Binge-Eating-Störung (BES) hat sich als eigenständiges Störungsbild im Bereich der Fütter- und Essstörungen etabliert. Das Hauptmerkmal der BES sind wiederholte Essanfälle mit Kontrollverlust über die Nahrungsaufnahme ohne gefolgte kompensatorische Maßnahmen. Im folgenden Kapitel wird die Phänomenologie, Epidemiologie und Ätiologie der BES beschrieben und ein störungsspezifisches kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungskonzept vorgestellt. Ätiologische Modelle der BES beschreiben das unkontrollierte Essen großer Nahrungsmengen u. a. als dysfunktionale Strategie zur Regulation negativer affektiver Zustände. Des Weiteren sind unregelmäßiges und/oder ausgeprägt restriktives Essverhalten außerhalb der Essanfälle sowie Konditionierungsprozesse bedeutsame Faktoren. Komorbid zur BES bestehen oft depressive und Angststörungen sowie Adipositas. Die empirische Überprüfung therapeutischer Interventionen zeigt, dass die störungsspezifische Therapie erfolgversprechend ist. Sowohl die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) als auch die interpersonelle Psychotherapie (IPT) verfügen über sehr gute Wirksamkeitsbelege.
Andrea Wyssen, Simone Munsch
16. Adipositas
Zusammenfassung
Adipositas und Übergewicht sind heute ein weltweites gesellschaftliches Problem. Die Prävalenz ist steigend, und eine Spontanremission ist nicht zu erwarten. Adipositas ist eine übermäßige Zunahme der Körperfettmasse und des Körpergewichts. Die Ursache für die Entwicklung und Aufrechterhaltung wird als multifaktoriell gesehen. Die Konsequenz einer Adipositas sind körperliche und psychische Gesundheitsprobleme. Ziel ist es in der Adipositasbehandlung, eine langfristige Gewichtsreduktion oder Gewichtsstabilisation zu erreichen. Dazu sind eine dauerhafte Veränderung des Ernährungs-, Ess- und Bewegungsverhaltens und damit eine Anpassung der Energiezufuhr und des Energieverbrauches unabdingbar. Verhaltenstherapeutische Methoden haben sich dazu bewährt. Betroffene erreichen einen höheren Gewichtsverlust als in einer reinen Bewegungs-Ernährungs-Intervention.
Nadine Messerli-Bürgy, Simone Munsch
17. Substanzkonsumstörungen (Alkohol und illegale Drogen)
Zusammenfassung
Substanzkonsumstörungen kennzeichnet, dass die Substanzeinnahme trotz körperlicher, emotionaler und sozialer Folgen fortgeführt wird. Im Vordergrund des Störungsbildes steht eine körperliche und psychische Abhängigkeit. Bei der Entstehung und weiteren Entwicklung der Störung spielen physiologische, kognitive und soziale Faktoren sowie Lernprozesse (klassische und operante Konditionierung) eine Rolle. Die Therapiemotivation entwickelt sich oft erst nach Jahren, wenn negative Auswirkungen überwiegen. Ambivalente Motivation bzgl. der Abstinenz ist ein verbreitetes Phänomen bei Abhängigkeit. Für Rückfälle sind neben klassisch konditionierten internen und externen Auslösern auch kognitive Faktoren verantwortlich (z. B. positive Erwartung an Substanzeinnahme). Die Förderung der Therapiemotivation – z. B. mittels Motivational Interviewing – ist im gesamten Behandlungsverlauf unerlässlich. Ein weiterer wichtiger therapeutischer Bereich ist die Rückfallprävention.
Gerhard Bühringer, Silke Behrendt
18. Tabakabhängigkeit und -entwöhnung
Zusammenfassung
Der missbräuchliche oder abhängige Tabakkonsum liegt sowohl hinsichtlich der Prävalenz als auch der gesundheitlichen Bedeutung vor Alkohol und den illegalen Drogen. Bei etwa 50% der regelmäßigen Raucher kann eine Abhängigkeit diagnostiziert werden. Der Entstehung der Tabakabhängigkeit liegen psychologische und neurobiologische Mechanismen zugrunde: für die Aufrechterhaltung des Tabakkonsums sind einerseits die neurobiologischen Wirkungen von Nikotin verantwortlich, andererseits auch die intraindividuelle Funktionalität des Rauchens im Zusammenspiel mit psychosozialen Lebensbedingungen. Daher sind sowohl lerntheoretische Modelle als auch pharmakologische Ansätze für die Therapie bedeutsam. In den aktuellen S3-Behandlungsleitlinien werden neben allgemeinen Strategien zur Diagnostik und Frühintervention insbesondere verhaltenstherapeutische Verfahren im Einzel- oder Gruppensetting, medikamentöse Unterstützungen mit Nikotin, Bupropion oder Vareniclin sowie deren Kombination empfohlen.
Anil Batra, Gerhard Buchkremer
19. Medikamentenabhängigkeit
Zusammenfassung
In Deutschland weisen 3,4 % der Bevölkerung eine Abhängigkeit von Schmerz-, Schlaf- bzw. Beruhigungsmitteln oder Stimulanzien auf. Die Abhängigkeit erscheint häufig iatrogen verursacht. Zu den Symptomen gehören: längerer als beabsichtigter Gebrauch der Substanz, fortgesetzter Gebrauch trotz schädlicher Folgen, verminderte Kontrolle über Gebrauch sowie Toleranz- und Entzugssymptome. Medikamente mit Abhängigkeitspotenzial interagieren mit Neurotransmittern. Ein Rückgang der Produktion endogener Substanzen, Veränderungen der Rezeptormechanismen sowie soziokulturelle Faktoren und Lernerfahrungen erscheinen für die Abhängigkeitsentwicklung relevant. Bei der psychologischen Behandlung des Benzodiazepinentzugs hat sich das Symptommanagementtraining als wirksam erwiesen. Die Patienten lernen Techniken, um Kontrolle über ihre Entzugssymptome zu erlangen. Für Patienten mit Abhängigkeit von anderen Medikamenten liegen bislang keine spezifischen Programme vor.
Karin Elsesser, Gudrun Sartory
20. Schizophrenie
Zusammenfassung
Evidenzbasierte Psychotherapie für Schizophrenie findet sich sowohl in Form kognitiv-behavioraler Therapie (KVT) als auch in Form verhaltenstherapeutischer Familieninterventionen. Die KVT basiert auf der Erkenntnis, dass psychotische Symptome wie Wahn und Halluzinationen auf einem Kontinuum zum gesunden Erleben liegen und durch normalpsychologische Mechanismen erklärbar sind. Ein verständnisbasiertes Vorgehen, die Arbeit mit individuellen Erklärungsmodellen für die auslösenden und aufrechterhaltenden Mechanismen von Symptomen, und kognitive Interventionen zur Veränderung dysfunktionaler Annahmen im Zusammenhang mit Symptomen sind die zentralen therapeutischen Elemente. Verhaltenstherapeutische Familieninterventionen basieren auf der Erkenntnis, dass alltägliche Stressoren, z. B. in Form von Kritik und Streit im Familienkontext die Wahrscheinlichkeit von Rückfällen erhöhen. Sie bestehen neben einem psychoedukativen Teil vor allem in der Verbesserung von familiärer Kommunikation und Problemlösefertigkeiten.
Tania Lincoln
21. Sexuelle Funktionsstörungen und Geschlechtsdysphorie
Zusammenfassung
Der erste Teil des Kapitels widmet sich der Diagnostik und verhaltenstherapeutischen Behandlung sexueller Funktionsstörungen. Verschiedene Störungsbilder werden voneinander abgegrenzt und Unterschiede zwischen ICD-10, DSM-IV und DSM-5 erläutert. Das störungsübergreifende Vorgehen, im Kern bestehend aus körperbezogenen Sensualitätsübungen wird ausführlich dargestellt. Störungsspezifische Interventionen, die bei einzelnen Störungsbildern zum Einsatz kommen, werden anschließend erläutert. Der zweite Teil des Kapitels gibt einen Überblick über die psychologische Behandlung von Personen mit Geschlechtsdysphorie. Dabei werden relevante Konzepte voneinander abgegrenzt und eine multidisziplinäre Behandlungsstrategie dargestellt. Eine psychologische Begleitung von hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zur Geschlechtsangleichung wird nahegelegt und mögliche Themenkomplexe sowie Interventionsstrategien vorgestellt.
Julia Velten, Götz Kockott
22. Paraphile Störungen und Sexualdelinquenz
Zusammenfassung
Als Paraphilien werden von der Norm abweichende, intensive sexuelle Neigungen oder Verhaltensweisen bezeichnet. Um von einer paraphilen Störung zu sprechen, müssen diese Neigungen zu Leid, Beeinträchtigungen oder Schaden bei anderen Personen führen. Sexualstraftaten werden sowohl von Personen mit als auch ohne paraphile Störungen verübt. Paraphile Störungsbilder sollten in einer ausführlichen Sexualanamnese abgeklärt werden. Eine Kombination aus biologischen, lerngeschichtlichen und sozialen Faktoren wird ursächlich für die Entwicklung von paraphilen Störungen, aber auch als Voraussetzung für sexuelle Gewalttaten, angenommen. Evaluierte Behandlungsprogramme bestehen insbesondere für den forensischen Bereich, weniger für paraphile Personen, die sich eigeninitiativ um Behandlung bemühen, ohne straffällig geworden zu sein. Aktuelle Metaanalysen stimmen vorsichtig positiv: Durch integrative Behandlungsprogramme können die Rückfallzahlen von Sexualstraftätern gesenkt werden.
Julia Velten
23. Artifizielle (vorgetäuschte) Störungen
Zusammenfassung
Menschen mit artifiziellen Störungen erzeugen, verstärken oder täuschen körperliche oder psychische Symptome vor, um sich in Praxen und Krankenhäusern aufnehmen und behandeln zu lassen. Die Beschwerden stellen sie so überzeugend dar, dass Behandler vielfältige Untersuchungen und Interventionen einleiten. Der Ausschluss einer körperlichen Erkrankung ist gleichermaßen von zentraler Bedeutung wie die Abgrenzung zur intendiert motivierten Simulation. Dem artifiziellen Störungsbild liegt kein festzustellendes Motiv für das Verhalten zugrunde, außer dem, scheinbar behandelt werden zu wollen. Unterschieden werden artifizielle körperliche und artifizielle psychische Störungen sowie, ob die Patienten die Symptome an sich selbst oder an Anderen hervorrufen oder vortäuschen. Ausgangspunkt für eine psychotherapeutische Intervention ist der Aufbau einer stabilen Therapeut-Patient-Beziehung, damit möglichst behutsam auf eine Konfrontation mit der Vortäuschung hingearbeitet werden kann. Ziel der Therapie ist der Abbau des selbstschädigenden Verhaltens.
Christina Totzeck
24. Persönlichkeitsstörungen
Zusammenfassung
Kernmerkmal aller Persönlichkeitsstörungen ist die Störung der zwischenmenschlichen Interaktion. Die Klärung des Therapieauftrags ist von besonderer Wichtigkeit. Eine umfassende diagnostische Abklärung und eine ressourcenorientierte, transparente Rückmeldung der Diagnose sollten erfolgen. Das motivorientierte Indikationsmodell bietet den Rahmen, um die Verhaltens- und Erlebensweisen zu verstehen. Die kognitive Verhaltenstherapie hat das Ziel, das gestörte interaktionelle Verhalten und Erleben zu verbessern. Daher ist auf Seiten der Therapeuten neben Störungswissen und Interventionswissen das Interaktionswissen von besonderer Bedeutung. Eine wertschätzende Grundhaltung sowie Geduld und Interesse an der jeweiligen Person sind die Grundvoraussetzungen. Für die Therapeuten ist es wichtig, eigene Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Ziel bei der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen ist eine funktionalere Beziehungsgestaltung, nicht eine komplette Änderung der Persönlichkeit.
Babette Renneberg
25. Borderline-Störung
Zusammenfassung
Patienten mit Borderline-Störungen leiden unter komplexen Problemen: Meist sind Emotionsregulation, soziale Interaktion, Selbsthass und häufig auch das Trauma-Gedächtnis betroffen. Die psychotherapeutische Behandlung erfordert dementsprechend differenzierte klare modulare Konzepte, die jedoch individualisierte Behandlungsplanung zulassen. Die Wirksamkeit der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) konnte in einer Vielzahl von Studien nachgewiesen werden, und gilt daher als Therapie der Wahl. Die DBT gliedert sich in 3 Therapiestadien mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Im Zentrum des ersten Stadiums steht die Vermittlung von Fertigkeiten zur Kontrolle über lebensgefährliche und krisenerzeugende Verhaltensmuster; in der zweiten Phase werden schwerwiegende Störungen behandelt, die die emotionale Lernfähigkeit beeinträchtigen; die dritte Phase konzentriert sich auf borderlinetypische emotionale Automatismen wie Einsamkeit, Angst vor Verlassenwerden oder Selbsthass.
Martin Bohus

Spezielle Indikationen

Frontmatter
26. Paartherapie
Zusammenfassung
Beziehungsstörungen sind sehr häufig mit psychischen und somatischen Störungen assoziiert und beeinflussen auch den Verlauf psychischer Störungen. Kognitiv-verhaltenstherapeutische Paartherapie (KVPT) hat sich über 30 Jahre entwickelt und ist mit über 30 kontrollierten Studien die am intensivsten untersuchte Paartherapieform. Neben der Indikation für Paare mit Beziehungsstörungen bietet sich KVPT auch als Intervention bei individuellen psychischen Störungen an. KVPT besteht aus verschiedenen Komponenten: Diagnostik, Maßnahmen zur Steigerung der positiven Reziprozität, Kommunikations- und Problemlösetraining und kognitiven Ansätzen. In jüngster Zeit wurden diese klassischen Interventionen um Ansätze erweitert, die zum einen die Fähigkeit der Partner mit Stress umzugehen – im Sinne des dyadischen Copings – erhöhen und zum anderen versuchen, die gegenseitige Akzeptanz und Toleranz der Partner zu steigern. KVPT ist als kulturell übergreifendes evidenzbasiertes Therapieverfahren anerkannt.
Kurt Hahlweg
27. Altersprobleme
Zusammenfassung
Im höheren Lebensalter erleben Menschen eine Reihe von Veränderungen des Körpers, des Denkens und der Emotion sowie der sozialen Beziehungen. Neben Funktionseinschränkungen aufgrund chronischer Krankheiten sind die häufigsten psychischen Störungen die Demenz, depressive Störungen, Schlafstörungen und Angststörungen. Altersspezifische Modifikationen bestehender Methoden sowie die Entwicklung neuer Interventionen sind notwendig. Dargestellt werden spezifische Verfahren in der Psychotherapie körperlicher Veränderungen (Bewältigung chronischer Krankheiten, Förderung von Selbstständigkeit, Inkontinenztherapie), in der Psychotherapie bei leichten kognitiven Beeinträchtigungen und Frühdemenz sowie in der Psychotherapie bei sozialen und emotionalen Veränderungen (Interventionen beim Übergang ins Seniorenheim, Lebensrückblicksinterventionen, Besonderheiten in der Behandlung von Depression, Angststörungen, Insomnie, anhaltende Trauer).
Simon Forstmeier, Andreas Maercker
28. Stressbewältigung
Zusammenfassung
Dieses Kapitel gibt einen Überblick wie die Stress- und Copingforschung im Rahmen der primären Prävention, der allgemeinen Gesundheitsförderung sowie in der verhaltenstherapeutischen Arbeit mit Patienten, die an Stresssymptomen leiden, einen wichtigen Beitrag leistet. Es werden a) wichtige Erkenntnisse zu Stress und den Folgen für das körperliche und psychische Wohlbefinden referiert, b) eine Vielzahl von diagnostischen Instrumenten zur Erfassung von Stress und Coping vorgestellt und c) evidenzbasierte Trainings für Kinder, Erwachsene und Paare präsentiert. Da Stress bei vielen psychischen Störungen eine zentrale Rolle spielt (z. B. als Auslöser für eine akute Episode) und auf andere Familienmitglieder überschwappt, ist es wichtig, einen angemessenen Umgang mit Alltagsbelastungen zu erlernen. Die Förderung und Stärkung von Copingressourcen des Einzelnen aber auch des Familiensystems sind in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung.
Anne Milek, Guy Bodenmann
Backmatter

In b.Flat Zwangsstörungen enthaltene Bücher

Metadaten
Titel
Lehrbuch der Verhaltenstherapie, Band 2
herausgegeben von
Jürgen Margraf
Silvia Schneider
Copyright-Jahr
2018
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-54909-4
Print ISBN
978-3-662-54908-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-54909-4