Erschienen in:
12.07.2022 | Leitthema
Monitoring von Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen in Deutschland
verfasst von:
Prof. Dr. Tilman Steinert, Sophie Hirsch, Erich Flammer
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 11/2022
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Zusammenfassung
Epidemiologische Register zur Krankheitslast und zu unerwünschten Ereignissen (Todesfälle, schwere Nebenwirkungen etc.) spielen eine wichtige Rolle für die Steuerung, Evaluation und Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung. Dies gilt auch für Zwangsmaßnahmen im psychiatrischen Versorgungssystem. Derartige Register wurden erst durch die Verfügbarkeit elektronischer Krankenakten und stetig gestiegene Rechenkapazitäten flächendeckend realisierbar, was allerdings in Deutschland überwiegend noch nicht erfolgt ist. Bei der Erhebung personenbezogener Daten sind Datenschutzprobleme zu beachten, jedoch durch Pseudonymisierungsverfahren unter Beachtung von Vorgaben der Datensparsamkeit lösbar. Umfangreiche Daten liegen inzwischen aus dem seit 2015 existierenden Melderegister von Baden-Württemberg vor, das auch Evaluationen zu den Folgen der Gesetzesänderungen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018 zu Fixierungen und zu den Folgen der Corona-Pandemie erlaubte. Auch in einigen anderen Bundesländern gibt es inzwischen landesweite Datenerhebungen, die, anders als in Baden-Württemberg, aber nicht die betreuungsrechtlichen Maßnahmen umfassen. Ein bundesweites Register für Zwangsmaßnahmen, Zwangsbehandlungen und Unterbringungen wird seit Jahren zu Recht immer wieder gefordert. Ein wesentliches Hindernis ist die historisch entstandene Trennung zwischen der Zuständigkeit der Länder für die öffentlich-rechtliche Unterbringung und des Bundes für den Geltungsbereich des Betreuungsrechts.