Früher Alzheimer-Bluttest mit Tau-Fragment

Erhöhte Werte des Tau-Protein-Fragments pTau217 weisen schon vor den ersten kognitiven Symptomen auf eine beginnende Alzheimerdemenz. Dies könnte eine frühe Alzheimerdiagnose ermöglichen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Inzwischen ist es zwar möglich, eine Alzheimerdemenz per Bluttest recht zuverlässig nachzuweisen, allerdings sind dafür aufwendige Verfahren nötig – solche Methoden eignen sich in der Forschung, aber nicht für die Routinediagnostik. Sie basieren vor allem auf dem Nachweis bestimmter Beta-Amyloid-Fragmente im Serum. Möglicherweise ist ein Bluttest mit dem Nachweis von Tau-Protein-Fragmenten aber einfacher zu bewerkstelligen. So konnten Forscher vor kurzem zeigen, dass an der Aminosäureposition 181 phosphoryliertes Tau (pTau181) gut zwischen Alzheimerkranken, Gesunden und Patienten mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen differenzieren lässt – allerdings erst bei einer manifesten Demenz. Deutlich sensitiver scheint eine andere Tau-Variante, pTau217, eine Alzheimerdemenz anzuzeigen: Sie korreliert gut mit den Liquorwerten für Tau und den per PET gemessenen Ablagerungen im Gehirn. Zusätzlich werden die Serumwerte schon vor Beginn einer Demenz auffällig, berichten Neurologen um Dr. Shorena Janelidze von der Universität in Malmö in Schweden. Ihren Forschungen zufolge korreliert pTau217 sehr gut mit der Amyloidpathologie und beginnt im Serum anzusteigen, lange bevor Tau-Protein im Gehirn verklumpt. Ein weiterer, vielleicht entscheidender Vorteil: pTau lässt sich über kommerzielle Immunoassay-Verfahren nachweisen. Dies öffnet vielleicht den Weg zu einer Alzheimer-Frühdiagnostik. Serum-Tau als Marker für Amyloidpathologie Das Team um Janelidze analysierte Blutproben von 490 Teilnehmern der prospektiven schwedischen BioFINDER-2-Studie und verglich sie mit den Ergebnissen von PET-Analysen zur Amyloid- und Tau-Aggregation. Etwas mehr als ein Drittel der Teilnehmer hatte eine leichte kognitive Einschränkung (MCI), die übrigen waren in Tests kognitiv unauffällig, einige klagten jedoch über Gedächtnisprobleme. Im Schnitt waren die Teilnehmer zu Beginn 66 Jahre alt und zu 55% Frauen. Wie erwartet hatten Teilnehmer mit MCI im PET häufiger erhöhte Amyloid- und Tau-Werte als die kognitiv Gesunden, auch zeigten sie höhere Werte für pTau217 im Plasma und Liquor. Die Plasma-pTau217-Werte korrelierten gut mit denen im Liquor und waren primär bei Teilnehmern mit per PET nachgewiesener Amyloidpathologie erhöht. Auch kognitiv gesunde Teilnehmer mit erhöhter Amyloidlast zeigten deutlich erhöhte pTau217-Serumwerte. Sie reichten bis zu 13 pg/ml bei den Gesunden und bis zu 18 pg/ml bei MCI-Patienten. Empfehlung der Redaktion Demenz – Themenseite Wie therapiert man Alzheimerpatienten leitliniengerecht? Warum sind "keiner" und "nein" bei Dementen tabu? Und was tut sich in der Alzheimertherapie-Forschung? Antworten gibt die Themenseite Demenz. Hier finden Sie Übersichten, News, kommentierte Studienreferate und Kasuistiken. Von den kognitiv Gesunden waren 80% weder im Beta-Amyloid- noch im Tau-PET auffällig. Sie zeigten im Median pTau217-Konzentrationen im Serum von 0,7 pg/ml. Deutlich höher – im Median 2,2 pg/ml – lagen die Serumwerte bei Amyloid-positivem, aber Tau-negativem PET, dies betraf immerhin 47 Teilnehmer (15%). Das Tau-PET bezogen die Neurologen hier auf den entorhinalen Kortex, einer der Stellen mit den frühesten Tau-Ablagerungen. Danach steigen die Plasma-Tau-Werte schon an, bevor im Gehirn messbare Mengen von Tauprotein aggregieren. pTau217 scheint damit vor allem eine Amyloidpathologie anzuzeigen. Am höchsten (6 pg/ml) waren die Serum-pTau-Werte im Mittel bei kognitiv gesunden Teilnehmern mit positivem Amyloid- und Tau-PET. Sensitivität und Spezifität von knapp 80% Interessant ist vor allem die Abgrenzung von Amyloid-positiven, aber Tau-negativen Teilnehmern zu kognitiv Gesunden ohne PET-Befunde. Dies gelingt Serum-pTau217 mit einer AUC von 83% recht gut, was einer Sensitivität von 79% bei gleich hoher Spezifität entspricht. Den Berechnungen der Neurologen zufolge scheint ein Anstieg von pTau im Serum über einen gewissen Wert hinaus eine Tau-Pathologie im PET anzukündigen. Dies bestätigen auch Longitudinaldaten: Ein hoher pTau-Wert bei Tau-PET-negativen Teilenehmern zog in den Folgeuntersuchungen ein deutliches Tau-PET-Signal nach sich: Je höher der pTau217-Wert, umso höher war die jährliche Tau-Ablagerung um Gehirn. Vermutet wird, dass Beta-Amyloid unmittelbar auch den Tau-Stoffwechsel beeinflusst, möglicherweise kann das Gehirn dies noch lange Zeit kompensieren und eine Tau-Aggregation zunächst verhindern. Wann genau im Verlauf der Pathologie die Plasma-pTau-Werte zu steigen beginnen, muss nun genauer untersucht werden. Ob pTau217 den Durchbruch für die Serumdiagnostik im klinischen Alltag bringt, ist aber abzuwarten. Noch wird auch diese Methode nur auf spezialisierten Forschungsplattformen angewandt. Immerhin liefern die Neurologen um Janelidze eine gute Basis für die Entwicklung eines alltagstauglichen Alzheimerbluttests. Das Wichtigste in Kürze Frage: Lässt sich Morbus Alzheimer bereits präklinisch mit einem Bluttest nachweisen? Antwort: Erhöhte Werte für pTau217 im Serum deuten auch bei kognitiv Gesunden auf eine bereits laufende Alzheimerpathologie. Bedeutung: pTau217 ermöglicht eine frühe Alzheimerdiagnostik. Einschränkung: Der Test ist für die Routinediagnostik noch nicht geeignet.

Springer Medizin

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