Gute Wirksamkeit von Opicapon unter Alltagsbedingungen

Beim Wearing-Off, einer motorischen Spätkomplikation der Therapie des idiopathischen Parkinson-Syndroms, kommen bereits früh Inhibitoren der Catechol-O-Methyltransferase (COMT) zum Einsatz. Zu ihnen zählt Opicapon, für das kürzlich eine Phase-IV-Studie vorgestellt wurde. Sie untermauert die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit, die bereits in den Zulassungsstudien gezeigt wurde, im klinischen Alltag. Die motorischen Spätkomplikationen der Parkinson-Therapie, die mit zunehmender Erkrankungs- und Behandlungsdauer auftreten, reichen von Fluktuationen wie Wearing-Off, On-Off-Phänomenen und Freezing, über Dyskinesien bis hin zu pharmakoresistenten Symptomen, etwa Akinese, Schluck- und Sprechstörungen oder Dysbalance. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Heinz Reichmann, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, stört die Angehörigen eher die Dyskinesien, wohingegen die Patienten häufig das Wearing-Off als besonders belastend empfinden. Als typische Anzeichen des Wearing-Offs nannte Prof. Dr. Wolfgang Jost, Parkinson-Klinik Ortenau, Wolfach, Bewegungsverlangsamungen, die oft am Morgen, während der Nacht, nach dem Mittagessen, während/nach einer körperlichen Anstrengung, während einer emotionalen Belastung oder bei Vergessen der nächsten Medikamenteneinnahme auftreten [1]. Therapiemanagement Im Management steht laut Jost zunächst im Vordergrund, die L-Dopa-Dosis auf mindestens vier Dosen am Tag zu fraktionieren. Zeigt dies keinen ausreichenden Erfolg, kann durch Addition eines COMT-Hemmers versucht werden, die Wirkung von L-Dopa zu verlängern. Hierfür stehen vor allem die beiden peripher wirkenden COMT-Hemmer Opicapon (Ongentys®) und Entacapon zur Verfügung. Der peripher und zentral wirkende COMT-Hemmer Tolcapon sei nur Mittel der zweiten Wahl, erklärte Jost, weil hierunter lebertoxische Effekte auftreten könnten. Als weitere mögliche Nebenwirkungen von Tolcapon und auch Entacapon nannte er Diarrhoen und eine Verfärbung des Urins. Gute Wirksamkeit in Phase-III-Studien Opicapon hat diese Nebenwirkungen nicht [2]. Es zeichnet sich darüber hinaus durch eine hohe Bindungsaffinität mit einer hohen Dissoziationskonstanten mit der COMT aus, die zu einer verlängerten COMT-Hemmung in vivo führt (>24 Stunden) [3]. Opicapon bindet länger an das Enzym als Entacapon, sodass es die COMT länger hemmt und nur einmal täglich eingenommen werden muss [4]. Die zulassungsrelevanten Phase-III-Studien BIPARK I und BIPARK II, in denen insgesamt mehr als 600 Patienten mit Morbus Parkinson und motorischen „End-of-Dose“-Fluktuationen zusätzlich zu L-Dopa doppelblind und randomisiert Opicapon (studienabhängig 5mg, 25mg oder 50mg) oder Placebo bzw. in der Studie BIPARK I auch Entacapon (200mg) erhalten hatten, belegten die gute Wirksamkeit von Opicapon [5, 6]. In der BIPARK-I-Studie nahm unter Opicapon 50mg die mittlere tägliche Off-Zeit um durchschnittlich –1,95 Stunden ab [5]. Die Reduktion im Vergleich zu Studienbeginn war signifikant besser als unter Placebo (–0,93 Stunden; p=0,0015; Abb. 1). Zugleich war die Reduktion der Off-Zeit gegenüber Studienbeginn unter Opicapon höher als unter Entacapon (–1,61 Stunden; p=0,0051), was einer Nicht-Unterlegenheit entsprach [5]. Die Studie BIPARK II zeigte ebenfalls eine signifikant überlegene Wirksamkeit von Opicapon 50mg gegenüber Placebo auf die Off-Zeit (p=0,008; Abb. 1) [6]. Eine kombinierte Auswertung der beiden Studien bestätigte dies: Hier wurde die Off-Zeit unter Opicapon (50mg) um –2,0 Stunden gegenüber –0,93 Stunden unter Placebo verkürzt (p<0,0001; Abb. 1) [7]. Eine Überlegenheit gegenüber Placebo um etwa eine Stunde sei ein sehr schöner Erfolg, betonte Reichmann. Abb. 1 Studien BIPARK I und BIPARK II: Reduktion der Off-Zeit; modifiziert nach [5, 6, 10] Springer Medizin Verlag GmbH × Gute Wirksamkeit in Phase-IV-Studie Die Daten der klinischen Studien wurden durch die aktuelle, prospektive, offene Phase-IV-Studie OPTIPARK bestärkt [8]. An der Studie haben 495 Parkinson-Patienten im Hoehn-und-Yahr-Stadium 1–4 im On teilgenommen, die unter L-Dopa sowie gegebenenfalls auch L-Dopa/Entacapon ein Wearing-Off hatten und auf Opicapon 50mg ein- bzw. umgestellt wurden. Die Patienten erhielten zu Beginn im Durchschnitt 580mg L-Dopa, waren seit 8,5 Jahren erkrankt und hatten seit 2,5 Jahren motorische Fluktuationen [8]. Durch die Therapieanpassung stellte sich bei 71,3% der Patienten innerhalb von drei Monaten eine Verbesserung des primären Endpunkts ein, der globalen Einschätzung durch den Arzt auf der 7-teiligen CGI-C-(Clinician’s Global Impression of Change-)Skala (Abb. 2). Auch beim sekundären Endpunkt zeigte sich eine gute Wirksamkeit: 76,9% der Patienten gaben eine verbesserte globale Selbsteinschätzung auf der 7-teiligen PGI-C-(Patient’s Global Impression of Change-)Skala (Abb. 2) an [8]. Abb. 2 OPTIPAK-Studie – globale Einschätzung: a) durch den Arzt, b) durch den Patienten CGI-C-Skala=Clinician’s Global Impression of Change; PGI-C-Skala=Patient’s Global Impression of Change; modifiziert nach [8] Springer Medizin Verlag GmbH × Bei weiteren sekundären Endpunkten wie den Aktivitäten des täglichen Lebens im Off und den motorischen Symptomen im On, ermittelt anhand der UPDR-(Unified Parkinson’s Disease Rating-)Skalen II und III, ergab sich ebenfalls eine signifikante Verbesserung (je p<0,0001) [8]. Dies galt auch für die gesundheitsbezogene Lebensqualität im PDQ-(Parkinson’s Disease Questionnaire-)8-Fragebogen und nicht motorische Symptome in der NMS-(Non-Motor Symptoms-)Skala (je p<0,0001) [8]. Die wichtigsten Nebenwirkungen von Opicapon waren Dyskinesien (11,5%), Mundtrockenheit (6,5%), Schwindel (4,8%) und Übelkeit (4,4%) [8]. Diese würden jedoch vor allem in der ersten Woche nach Therapiebeginn auftreten und ab der dritten Woche nur noch selten berichtet, betonte Reichmann [9]. Es sei daher wichtig, dass die Patienten ihre Therapie in den ersten Wochen fortsetzten, ergänzte er. Die Nebenwirkungsrate sei sehr günstig, führte Reichmann fort, sodass die Therapie kein zusätzliches Monitoring erfordere. Nur auf das Auftreten von Dyskinesien sollte geachtet werden, weil Opicapon die Wirksamkeit von L-Dopa so effektiv steigere, dass eine Reduktion der L-Dopa-Dosis notwendig sein könne, um Dyskinesien wieder zu reduzieren, so sein Fazit. Weitere Maßnahmen beim Wearing-Off Neben der fraktionierten Gabe von L-Dopa und der Addition eines COMT-Hemmers gehören zu weiteren möglichen Therapieanpassungen beim Wearing-Off nach den Ausführungen von Jost die Gabe eines Monoaminoxidase-B-(MAO-B)-Hemmers und – wenn möglich – der differenziertere Einsatz von Dopaminagonisten in langwirksamen, retardierten Formulierungen. Zudem sollten seines Erachtens generell begleitend auch aktivierende Therapien wie Ergo-, Physio- und Logotherapie vorgenommen werden. Management der Parkinson-Psychose Psychosen gehören zu möglichen nicht motorischen Symptomen der Parkinson-Erkrankung und stellen laut Prof. Dr. Daniel Weiß, Klinik für Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen, Universitätsklinikum Tübingen, eine starke Belastung für den Patienten sowie seine Angehörigen dar. Weit überwiegend handele es sich um visuelle Halluzinationen, erklärte Weiß. Im Therapiemanagement steht zunächst im Vordergrund, klinisch relevante delirogene Triggerfaktoren zu identifizieren und möglichst zu eliminieren. Zu ihnen gehören beispielsweise bei kognitiven Störungen eine ungewohnte Umgebung, aber auch Infekte, Exsikkose oder bestimmte Medikamente wie Anticholinergika (auch Urologika). Das weitere Vorgehen hängt von der Schwere der Psychose, der Selbsteinsicht und der Belastung des Patienten sowie seiner Angehörigen ab. Eine Strategie kann laut Weiß darin bestehen, auf eine etwas stärker L-Dopa-gewichtete Therapie, bei relevanten dopaminergen Fluktuationen gegebenenfalls in Kombination mit COMT- oder MAO-B-Hemmern, umzustellen. Hingegen erhöhen auf empirischer Basis wohl vor allem Anticholinergika, Amantadin und Dopaminagonisten die neuropsychiatrischen Komplikationsraten, so Weiß. Die neuropsychiatrische Verträglichkeit der L-Dopa/Carbidopa-Pumpen-Therapie und der tiefen Hirnstimulation ist nach seinen Angaben ebenfalls gut. Bei der Anpassung der dopaminergen Therapie kann die Verschlechterung der Motorik allerdings ein limitierender Faktor sein. Daher ist es unter Umständen notwendig, mit Hilfe einer antipsychotischen Therapie eine ausreichende dopaminerge Dosierung beizubehalten, um eine bessere Motorik zu ermöglichen. In der antipsychotischen Therapie können Clozapin, das hierfür zugelassen ist, und Quetiapin, für das keine Zulassung für die Therapie der Parkinson-Psychose besteht, zum Einsatz kommen. Andere Antipsychotika sollten laut Weiß nicht verwendet werden, weil sie die Motorik bei Parkinson-Patienten nachweislich verschlechtern. Literatur Jost W, Therapie des idiopathischen Parkinson-Syndroms, Uni-Med-Verlag, 11. Auflage, 2020 Fachinformation Ongentys®, Stand: Januar 2020 Almeida L et al., Clin Pharmacokinet 2013, 52:139–151 Rocha JF et al., J Neurol Sci 2013, 333:e109–151 & Poster Ferreira JJ et al., Lancet Neurol 2016, 15:154–165 Lees A et al., JAMA Neurol 2017, 74:197–206 Lees A et al., MDS Congress 2016, Berlin, Abstract 1954 Reichmann H et al., Transl Neurodegener 2020, 9:9 Lees A et al., Mov Disord 2020, 35 (Suppl 1):Abstract 1029 Data on File Impressum COMT-Inhibition: Real World Evidence Online-Symposium anlässlich des 93. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), 04.11.2020 Berichterstattung: Petra Eiden, Berlin Artikel gedruckt in Der Nervenarzt, Band 92, Heft 2, Februar 2021 Mit freundlicher Unterstützung der Bial Deutschland GmbH, Mörfelden-Walldorf Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Friederike Holthausen Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: Wearing-Off beim Parkinson-Syndrom - Gute Wirksamkeit von Opicapon unter Alltagsbedingungen

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