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17.08.2022 | Multiples Myelom | Nachrichten

Hohe Ansprechrate

Erfolg mit bispezifischem Antikörper gegen Multiples Myelom

verfasst von: Thomas Müller

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Ein neuer Therapieansatz hat sich in einer Phase-1/2-Studie bei 165 stark vorbehandelten Myelomkranken bewährt: Auf den bispezifischen Antikörper Teclistamab, der T-Zellen mit Krebszellen koppelt, sprachen fast zwei Drittel der Behandelten an.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Sprechen Personen mit Multiplem Myelom auf Standardtherapien mit Immunmodulatoren, Proteasomhemmern und CD-38-Antikörper nicht an oder kommt es nach solchen Behandlungen zu Rezidiven, waren die Therapieoptionen bislang sehr limitiert. Inzwischen stehen für solche Menschen drei gegen das B-Zell-Reifungsantigen (BCMA) gerichtete neuartige Immuntherapien zur Verfügung: zwei CAR-T-Zelltherapien (Ida-cel und Cilta-cel) sowie das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab-Mafodotin. Mit Letzterem wurde in Studien eine Ansprechrate von rund 30% erzielt, mit den beiden CAR-T-Zelltherapien bis über 80%, wie Onkologinnen und Onkologen um Dr. Philippe Moreau von der Klinik Hôtel-Dieu in Nantes in Frankreich berichten.

Eine vierte Therapie mit einem andere Wirkmechanismus könnte bald folgen: Erstmals wurden Resultate einer größeren Phase-1/2-Studie mit einem bispezifischen Antikörper gegen Multiples Myelom veröffentlicht: 63% der Betroffenen sprachen auf die Behandlung mit Teclistamab an, mehr als ein Drittel erreichte eine komplette Response, berichtet das Team um Moreau. Die neue Therapie hat den Vorteil, dass sie im Vergleich zu CAR-T-Zelltherapien weniger aufwändig ist und besser verfügbar sein wird. Teclistamab bindet sowohl an CD3 auf T-Zellen als auch an BCMA. Dadurch werden T-Zellen mit Tumorzellen direkt in Kontakt gebracht.

Zwischen März 2020 und August 2021 wurden insgesamt 69 Patientinnen und 96 Patienten in die Studie mit der Bezeichnung MajesTEC-1 aufgenommen, alle zeigten nach im Median fünf vorangegangenen Therapielinien einen progredienten Erkrankungsverlauf (Rezidiv oder Therapieresistenz), alle waren mit mindestens drei unterschiedlichen Medikamentenklassen behandelt worden, aber nicht solchen gegen BCMA.

39% mit kompletter Response

Die Myelomkranken erhielten wöchentlich eine subkutane Injektion des Antikörpers (1,5 mg/kg). Das Medikament wurde anfangs vorsichtig hochdosiert, um einen schweren Zytokinsturm zu vermeiden.

Nach einer medianen Nachbeobachtungsdauer von 14,1 Monaten hatten 104 Personen (63%) auf die Behandlung angesprochen, 59% zeigten eine mindestens sehr gute partielle, 39% eine komplette Response. Keinerlei Anzeichen der Erkrankung (minimal residual disease, MRD negativ) ergaben sich bei 27%; das progressionsfreie Überleben wird mit 11,3 Monaten beziffert.

Im Median hielt die Response bisher für 18 Monate, der genaue Wert muss noch ermittelt werden, da viele Betroffene zum Zeitpunkt der Analyse noch keinen Progress aufwiesen. Nach einem Jahr Therapie zeigten zwei Drittel der Responder noch kein Rezidiv. Die bislang verstorbenen Patientinnen und Patienten lebten im Median 18,3 Monate.

Die allermeisten Behandelten zeigten Nebenwirkungen von Grad 3 oder 4 (95%), zumeist Neutropenie, Anämie und Thrombozytopenie. Drei Viertel der Teilnehmenden zogen sich im Studienverlauf Infekte zu, ebenso viele entwickelten einen Zytokinsturm, allerdings nur einen schwachen (Grad 1 und 2). Ein neurotoxisches Syndrom trat bei knapp 15% auf.

Von den 68 bisher registrierten Todesfällen wurden 41 auf einen Tumorprogress zurückgeführt, zwölf weitere auf COVID-19 – zu Beginn der Studie gab es noch keine Impfung, insgesamt erkrankten 21 Personen am Pandemievirus. Sieben weitere Todesfälle standen im Zusammenhang mit der Behandlung, die jeweiligen Personen starben an einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML), einer Streptokokken-Pneumonie sowie an Leberversagen.

In einem Editorial zu der Publikation sehen Myelomexperten um Dr. Sham Mailankody vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, die Wirksamkeit von Teclistamab zwischen der von Belantamab-Mafodotin und der von CAR-T-Zelltherapien. Letztlich seien für solche Beurteilungen aber direkte Vergleichsstudien nötig.

Ein Vorteil der Therapie mit bispezifischen Antikörpern: Sie dürften sich einfach mit anderen Arzneien kombinieren lassen und könnten daher auch bald schon früher im Krankheitsverlauf zum Einsatz kommen, so das Team um Mailankody.

Derzeit werden noch einige weitere bispezifische Antikörper mit dem Target BCMA zur Myelomtherapie entwickelt.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Was lässt sich mit einem bispezifischen Antikörper bei stark vorbehandelten Erkrankten mit Multiplem Myelom erreichen?

Antwort: In einer Phase-1/2-Studie mit Teclistamab sprachen etwa zwei Drittel auf die Behandlung an, rund 40% mit einer kompletten Response.

Bedeutung: Bispezifische Antikörper könnten sich als neue Option bei Multiplem Myelom erweisen.

Einschränkung: Keine kontrollierte Studie.
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Literatur

Moreau P et al. Teclistamab in Relapsed or Refractory Multiple Myeloma. N Engl J Med 2022; 387:495-505; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2203478

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