Immunsuppression ist mit maligner Transformation assoziiert

Potenziell maligne Läsionen der Mundschleimhaut sind relativ weit verbreitet, unter Männern mehr als unter Frauen. Welche Faktoren schließlich die maligne Transformation befördern, haben kanadische Spezialisten untersucht. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. In der deutschen S2K-Leitlinie „Vorläuferläsionen des oralen Plattenepithelkarzinoms“ wird die Prävalenz leukoplakischer Mundschleimhautveränderungen für Männer mit 4% und für Frauen mit 1% angegeben. Das sind beachtliche Zahlen, die das Interesse dafür wecken, wie oft und wodurch aus potenziell malignen oralen Läsionen orale Plattenepithelkarzinome entstehen. Denn die Mehrzahl der Plattenepithelkarzinome im Bereich der Mundhöhle, die Rede ist von bis zu 80%, geht auf solche Vorläuferläsionen zurück. Justin Kierce von der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Toronto hat sich diesem Problem zusammen mit Kollegen im Zuge einer retrospektiven Studie der Daten von 204 Patienten genähert. Bei allen war eine orale epitheliale Dysplasie diagnostiziert worden, bei mehr als der Hälfte der Studienteilnehmer (106) saß die Läsion im ventrolateralen Zungenbereich. Bei knapp 17% der Patienten entwickelte sich aus der Vorläuferläsion ein manifestes Plattenepithelkarzinom. Die Transformation ereignete sich zwischen drei und 149, im Mittel nach 30 Monaten Nachbeobachtungszeit. Absolut gesehen die meisten dieser Fälle (14) entfielen auch hier auf Läsionen an der ventrolateralen Zunge. Relativ betrachtet war der höchste Transformationsanteil bei bukkalen Läsionen (10 von 36) und bei Läsionen des Trigonum retromolare (1 von 2) festzustellen. Klassische Risiken: Rauchen und Trinken Risikofaktoren für die maligne Entartung waren Rauchen (mehr als 20 Packungsjahre); das Risiko starker Raucher war fast dreimal so hoch wie für Nichtraucher (Hazard Ratio [HR] 2,9). Auch heftiger Alkoholkonsum – also mehr als 14 Drinks pro Woche für Frauen und mehr als 21 für Männer (ein Drink entspricht etwa 300 ml Bier, 125 ml Wein oder 40 ml Schnaps) – wirkte sich ungünstig aus (HR 3,4). Die Kombination von Rauchen und Trinken war folgerichtig ebenfalls riskant (HR 3,0). Weitere Risiken waren ein inhomogenes Erscheinungsbild der Vorläuferläsion (HR 3,2), eine histologisch mindestens mäßig ausgeprägte Dysplasie (HR 2,1) sowie eine Ausbreitung der Läsion über mehr als 200 mm2 (HR 5,3). Als signifikantes Risiko für die maligne Transformation von oralen Vorläuferläsionen erwies sich auch das Vorliegen von Immunsuppression. Das galt sowohl für eine systemische immunsuppressive Behandlung, etwa aufgrund einer Lymphomerkrankung, wie auch für die läsionale topische Kortikosteroidtherapie und intraläsionale Steroidinjektionen. Es zeigte sich zudem bei per se immunschwachen Patienten, bedingt etwa durch eine HIV-Infektion oder ein myelodysplastisches Syndrom. „Zusätzlich zu den üblicherweise genannten Risikofaktoren war auch eine Immunsuppression mit einer malignen Transformation von oralen Vorläuferläsionen assoziiert“, fassen Kierce und Kollegen ihre Ergebnisse zusammen. Das schließe auch eine Behandlung mit topischen Kortikosteroiden ein. Eine Analyse dieser Faktoren könne behandelnden Ärzten helfen, das Progressionsrisiko von Patienten mit oralen epithelialen Dysplasien einzugrenzen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig ist die maligne Transformation oraler Vorläuferläsionen, und welches sind die Risikofaktoren? Antwort: In der vorliegenden Studie entarteten rund 17% der oralen Vorläuferläsionen. Ein Risikofaktor neben Klassikern wie Rauchen, Alkoholkonsum und fortgeschrittenerer Dyplasie war auch das Vorliegen einer Immunsuppression, sei es bedingt durch eine per se immunsuppressive Erkrankung oder eine Therapie. Das galt selbst für die topische Therapie der Läsionen mit Kortikoiden. Einschränkung: Es handelt sich um eine retrospektive Studie mit Daten von Patienten einer einzelnen Klinik. Systematische Verzerrungen sind daher möglich, die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist erschwert.

Springer Medizin

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