Myeloproliferative Neoplasien: Interferon-alpha- und Hydroxyurea-Therapie gleichauf

In der MPD-RC-112-Studie wurden zwei der wichtigsten Therapieoptionen bei Erkrankten mit Polycythaemia vera und essenzieller Thrombozythämie gegenübergestellt. Zur Normalisierung des Blutbildes von Hochrisikopatienten mit Polycythaemia vera (PV) und essenzieller Thrombozythämie (ET) werden zahlreiche Medikamente verordnet. Obwohl häufig eingesetzt, ist die Überlegenheit von Interferon alfa (IFN-α) oder Hydroxyurea (HU) nicht erwiesen. Die anhaltende Kontroverse über die Wahl des Medikaments für die Erstlinientherapie von Patienten mit ET oder PV, die ein erhöhtes Risiko für thrombotische Ereignisse haben, liegt auch an der begrenzten Anzahl von randomisierten klinischen Studien. Das Myeloproliferative Disorders Research Consortium (MPD-RC) unter der Federführung von John Mascarenhas vom The Tisch Cancer Institute, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York/USA, führte daher eine randomisierte Phase-3-Studie mit therapienaiven Hochrisikopatienten mit ET bzw. PV durch. 168 Erkrankte an 24 Zentren in Europa und Nordamerika wurden zwischen 2011 und 2016 nach dem Zufallsprinzip entweder mit pegyliertem IFN-α-2a (PEG) oder HU behandelt. Der primäre Endpunkt war die Rate der kompletten Remission („complete response“, CR) nach zwölf Monaten. CR wurde definiert als Thrombozytenzahl < 400 × 109/L, Hämatokrit < 45% ohne Phlebotomie nur für Patienten mit PV, Leukozytenzahl < 10 × 109/L, Verschwinden der Splenomegalie und Verschwinden krankheitsbedingter Symptome wie mikrovaskuläre Störungen, Kopfschmerzen und Pruritus. Empfehlung der Redaktion Hämatologische Neoplasien – Themenseite Diese Themenseite widmet sich den bösartigen Erkrankungen des Blutes, der Lymphknoten und des lymphatischen Systems. Sie finden Nachrichten, Kasuistiken, Übersichten und mehr. Behandlungsarme unterscheiden sich so gut wie nicht Nach einem Jahr der Therapie konnte kein signifikanter Unterschied in den CR-Raten zwischen HU und PEG festgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt wurde eine CR unter HU bei 37% der Erkrankten und unter PEG bei 35% erzielt. Nach 24–36 Monaten lag die CR in der HU-Gruppe bei 20–17% und in der PEG-Gruppe bei 29–33%. Wurden nur die Patientinnen und Patienten mit ET betrachtet, ergab sich nach zwölf Monaten eine CR bei 45% der Erkrankten, die HU einnahmen, und bei 44% unter PEG. Bei den PV-Patienten wurde nach zwölf Monaten bei 30% des HU-Arms und bei 28% des PEG-Arms eine CR beobachtet. Bei 109 Patientinnen und Patienten wurde das Ansprechen der Milz mittels Sonografie eruiert. Die mediane Verkleinerung der Milz betrug 25% (HU) im Vergleich zu 26% (PEG). Bei den meisten Erkrankten, die mit HU oder PEG behandelt wurden, kam es außerdem zu einer Verringerung der JAK2V617F-Allelfrequenz. Jedoch führte die PEG-Gabe nach 24 Monaten zu einer stärkeren Reduktion von JAK2V617F als die Einnahme von HU. Dagegen waren die histopathologischen Reaktionen im Knochenmark mit HU-Therapie stärker vorhanden. Thrombotische Ereignisse und ein Fortschreiten der Erkrankung traten in beiden Behandlungsgruppen nur selten auf, während unerwünschte Ereignisse von Grad 3 bzw. 4 unter PEG häufiger registriert wurden (46% gegenüber 28%). Dies waren vor allem Reaktionen an der Injektionsstelle, Grippe-ähnliche Symptome, periphere Neuropathie, Leukopenie, Depression und erhöhte Alanin-Aminotransferasen (ALAT). Dagegen traten in der HU-Gruppe Mukositis und Anorexie häufiger auf. Individuelle Entscheidung für eine der Substanzen „Nach zwölf Monaten war kein Unterschied in der CR zwischen den Behandlungsarmen festzustellen“, so fassen Mascarenhas und seine Kolleginnen und Kollegen ihre Ergebnisse zusammen. Die Inzidenz thrombotischer Ereignisse oder die Progression der Erkrankungen unterschieden sich nicht. Möglicherweise sei PEG bei der Korrektur des Blutbildes bei PV wirksamer als bei ET, da der Prozentsatz der Patienten mit PV, die nach zwölf Monaten einen Hämatokrit im Normbereich erreichten, höher war (65% gegenüber 43%), während normale Thrombozytenwerte bei Patienten mit ET nach zwölf Monaten in beiden Armen ähnlich häufig auftraten (45% gegenüber 46%). Mascarenhas und sein Team kommen zu dem Schluss, dass sowohl HU als auch PEG wirksame Mittel zur Normalisierung des Blutbildes bei ET und PV bei Hochrisikopatienten seien und dass die Entscheidung, ein Mittel dem anderen vorzuziehen, individuell getroffen werden müsse.

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