Hohe Rate pathologischer CT-Befunde nach erstem Krampfanfall

Eine CT-Aufnahme bei jedem erstmaligen epileptischen Anfall kann sich lohnen – laut einer Studie in drei US-amerikanischen Notaufnahmezentren konnten bei knapp 12% pathologische, teilweise intensivpflichtige Hirnläsionen gefunden werden. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Erleidet ein Mensch zum ersten Mal einen epileptischen Anfall, so sieht die aktuelle Leitlinie in Deutschland nur dann eine notfallmäßige CT-Bildgebung vor, wenn der Verdacht auf eine akute behandlungsbedürftige neurologische Ursache besteht. Im Gegensatz dazu empfehlen das American College of Emergency Physicians (ACEP) und die American Academy of Neurology (AAN) den Einsatz des Bildgebungsverfahren noch in der Notaufnahme bei allen mit erstmaligem Krampfanfall. Beide Gesellschaften berufen sich dabei auf Studien zu Erwachsenen und Kindern, die eine erhöhte Rate an Hirnpathologien von 18–57% angeben. Die Erhebung der Daten liegt jedoch mehr als zehn Jahre zurück, sodass US-Forschende aus Philadelphia mittels elektronischer Datenauswertung erneut den Anteil an Erwachsenen bestimmen wollten, die nach erstmaligem Krampfanfall pathologische Hirnveränderungen in der CT aufweisen. In der prospektiven Beobachtungsstudie sammelte das Forschungsteam zwischen Mai 2019 und August 2021 die Daten aller Patientinnen und Patienten, die sich mit einem epileptischen Anfall in einem von drei Notaufnahmezentren in Philadelphia vorgestellt hatten. Dabei wurden für die Analyse lediglich Erwachsene mit erstmaligem fokal oder generalisiert motorischem Krampfanfall berücksichtigt – eine Epilepsie oder andere Anfallsleiden in der Vorgeschichte durften nicht vorliegen. Diagnosestellung und Indikationsstellung für eine CT-Untersuchung oblagen den zu diesem Zeitpunkt tätigen Neurologen oder Notärzten. Fast jeder zweite pathologische Befund ein Notfall Von den insgesamt circa 2.500 Patientenfällen hatten 242 zum ersten Mal einen epileptischen Anfall erlitten (39% weiblich, mittleres Alter: 45 Jahre). Abgesehen von acht Personen erhielten alle eine CT-Untersuchung, wobei sich bei 29 (11,9%) pathologische Befunde zeigten. 16 Personen und damit die knappe Mehrheit (55%) wiesen chronische Hirnläsionen auf, die am häufigsten ischämisch bedingt waren und im Verdacht standen, den Krampfanfall ausgelöst zu haben. Der Rest (45%) zeigte akute Veränderungen (intrakranielle Blutungen und Hirnmetastasen), die eine intensivmedizinische Versorgung und den Beginn einer antikonvulsiven Therapie erforderlich machten. Empfehlung der Redaktion Epilepsie – Themenseite Ob fokaler oder generalisierter Anfall – Übersichten, News, Interviews und kommentierte Studienreferate zur Epilepsie, einer der häufigsten chronischen ZNS-Erkrankungen, finden Sie auf dieser Themenseite. Mit 11,9% liegt die Rate an pathologischen CT-Befunden nach erstem epileptischem Anfall niedriger als die ermittelten Werte älterer Publikationen. Dies führen die Forschenden unter anderem auf ihre Einschlusskriterien zurück – so waren Kinder im Gegensatz zu den anderen Studien von ihrer Analyse ausgeschlossen. Weiterhin würden heutzutage immer mehr Menschen einen CT-Scan erhalten, was zu einer Veränderung des Verhältnisses zwischen unauffälligen und auffälligen Befunden führe. Interessanterweise wiesen Patientinnen und Patienten, deren Krampfanfälle eine metabolische Ursache hatten beziehungsweise durch eine Drogenintoxikation oder einen Entzug ausgelöst wurden, keine pathologischen Hirnveränderungen auf. Daher kann den Forschenden zufolge bei klar erkennbarer Ursache eventuell auf eine CT-Bildgebung verzichtet werden. Dies müssten allerdings weitere Studien klären. CT-Aufnahmen ohne Kontrastmittel Bei der Interpretation der Ergebnisse muss bedacht werden, dass die Diagnosestellung dem oder der zum Zeitpunkt präsenten Arzt oder Ärztin oblag; Falschdiagnosen sind daher möglich. Darüber hinaus wurden alle CT-Bilder ohne Kontrastmittel aufgenommen, was die Zahl pathologischer Befunde durch die niedrigere Auflösung verringert haben könnte. Trotz der geringeren Rate pathologischer Hirnveränderungen im CT schließt sich das Forschungsteam der Empfehlung von AAN und ACEP an, noch in der Notaufnahme eine CT-Untersuchung bei Menschen mit erstmaligem epileptischem Anfall durchzuführen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig sind pathologische CT-Hirnveränderungen nach erstmaligem Krampfanfall? Antwort: Von 242 Teilnehmenden zeigten 11,9% abnorme CT-Befunde: 13 mit akuten Hirnpathologien (intrakranielle Blutungen oder Metastasen), 16 mit chronischen Hirnpathologien (v. a. ischämisch bedingt). Bedeutung: Die Ergebnisse decken sich mit der Empfehlung der AAN und ACEP, bei erstmaligem epileptischem Anfall eine notfallmäßige CT durchzuführen. Einschränkung: Falschdiagnosen durch Arzt oder Ärztin möglich; CT-Bildgebung erfolgte ohne Kontrastmittel.

Springer Medizin

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